Zahlreiche Leichen auf den Strassen, gefesselte Hände, Massengräber: Die Bilder aus Butscha haben am Wochenende international für Entsetzen gesorgt.
Die Ukraine macht für die Toten russische Truppen verantwortlich, die die Stadt bis vor Kurzem besetzt hatten. Moskau bestreitet das.
Was wir über das mutmassliche Massaker wissen:
Am 24. Februar 2022 war Putins Armee in die Ukraine einmarschiert. Seit dem 27. Februar war Butscha Teil des russischen Angriffs auf die ukrainische Hauptstadt – und nach heftigen Kämpfen vorübergehend von den russischen Truppen eingenommen. Ab dem 31. März zog sich die russische Armee aus Butscha zurück.
Es sind erschreckende Vorwürfe, die am Sonntag von internationalen Nachrichtenagenturen verbreitet wurden: Die russische Armee habe Zivilisten in Butscha massakriert. Leichen pflasterten die Strassen, einige von ihnen an den Händen gefesselt.
Russian retreat leaves trail of slain civilians in town near Kyiv https://t.co/2ulhIAtnqD pic.twitter.com/RWEQMc8jsL
— Reuters (@Reuters) April 2, 2022
Bis Sonntagabend seien bereits 330 bis 340 leblose Körper eingesammelt worden, schrieb die Zeitung «Ukrajinska Prawda» am Montag unter Berufung auf einen Bestattungsdienst.
Am Sonntag hatte die ukrainische Seite bereits vom Fund eines Massengrabes mit etwa 280 Toten berichtet, die während der russischen Angriffe nicht würdig hätten bestattet werden können.
Um die Anwesenheit von unabhängigen Berichterstatter vor Ort gab es kurzfristig Verwirrung: In den Nachrichten des deutschen Senders ARD wurde behauptet, dass keine Reporter nach Butscha reisen konnten. Diese Aussage wurde postwendend auf den sozialen Medien von Journalisten in Butscha dementiert.
Der Ukraine-Korrespondent der ARD, Georg Restle, stellte daraufhin in einem Tweet klar, dass Butscha zwar für Journalisten gesperrt sei, sich aber trotzdem internationale Berichterstatter dort befänden:
Zur Klarstellung: Die Orte um Kiew sind zu Sperrzonen bis zum 05.04. erklärt worden. Journalisten dürfen diese Orte bis dahin nicht betreten. Richtig ist, dass einige es offensichtlich dennoch getan haben. Hätte ich heute in der @tagesschau klarer formulieren sollen.
— Georg Restle (@georgrestle) April 3, 2022
Unter andere befinden sich Fotojournalisten und Berichterstatter der internationalen Agenturen The Associated Press (AP) oder der European Pressphoto Agency (EPA) sowie Reporter von CNN, BBC, Belsat TV, dem «Spiegel», der «Bild»-Zeitung oder dem westschweizer Fernsehen RTS aktuell in Butscha und dokumentieren die Situation.
Auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat nach eigenen Angaben vor Ort Beweise für ein Kriegsverbrechen in Butscha gesammelt, wie das «Wall Street Journal» berichtet.
Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko sagte der «Bild»-Zeitung: «Das, was in Butscha und anderen Vororten von Kiew passiert ist, kann man nur als Völkermord bezeichnen.» Zugleich machte er Russlands Präsident Wladimir Putin persönlich dafür verantwortlich. «Es sind grausame Kriegsverbrechen, die Putin dort zu verantworten hat.»
Und auch international wird Aufklärung dieses vermuteten Kriegsverbrechens gefordert. So schrieb zum Beispiel die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, auf Twitter:
Appalled by reports of unspeakable horrors in areas from which Russia is withdrawing.
— Ursula von der Leyen (@vonderleyen) April 3, 2022
An independent investigation is urgently needed.
Perpetrators of war crimes will be held accountable.
UN-Menschenrechtschefin Michelle Bachelet hat unabhängige Untersuchungen zu möglichen Kriegsverbrechen an Zivilisten in Butscha gefordert: «Es sollte alles getan werden, um Beweise zu sichern», sagte die UN-Hochkommissarin am Montag in Genf. Alle Leichen sollten exhumiert, identifiziert und untersucht werden. Berichte aus Butscha und anderen Gegenden würden «schwerwiegende und beunruhigende Fragen über mögliche Kriegsverbrechen» und andere Rechtsverletzungen aufwerfen, so Bachelet.
Die offizielle Schweiz hat eine Stellungnahme zu Butscha veröffentlicht:
Stellungnahme der Schweiz zu Entwicklungen in #Butscha pic.twitter.com/OfNNnGi4Ew
— EDA - DFAE (@EDA_DFAE) April 3, 2022
An dieser Stellungnahme des Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) gab es Kritik. Besonders die Formulierung «Die Schweiz ruft alle Seiten auf, das humanitäre Völkerrecht strikt einzuhalten (...)», ist auf Unverständnis gestossen – gerade auch, da andere europäische Staaten klarer Stellung gegen Russland bezogen haben. Das EDA wollte auf Anfrage von watson die Stellungnahmen nicht präzisieren.
So forderte zum Beispiel der kanadische Premierminister Justin Trudeau klar, das «russische Regime zur Rechenschaft zu ziehen»:
We strongly condemn the murder of civilians in Ukraine, remain committed to holding the Russian regime accountable, and will continue to do everything we can to support the people of Ukraine. Those responsible for these egregious and appalling attacks will be brought to justice. https://t.co/YDwJ0n693m
— Justin Trudeau (@JustinTrudeau) April 3, 2022
Die österreichische Regierung forderte als Reaktion auf die Bilder aus Butscha, die Aufklärung von Kriegsverbrechen sowie den Rückzug der russischen Armee aus der Ukraine:
(2/2) Diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit, gegen alles wofür wir stehen, werden geahndet werden. Ich fordere die russische Regierung auf, diesen Krieg endlich zu beenden. Das Töten muss aufhören. (vdb)
— A. Van der Bellen (@vanderbellen) April 3, 2022
Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat gefordert, Russland vor der internationalen Justiz wegen Kriegsverbrechen zur Verantwortung zu ziehen. Er bemerkte: «Es ist klar, dass es heute ganz klare Hinweise auf Kriegsverbrechen gibt. Es war die russische Armee, die in Butscha war», sagte Macron am Montag dem Radiosender France Inter.
Der UN-Generalsekretär António Guterres zeigt sich ob der Bilder aus Butscha «tief schockiert»:
I am deeply shocked by the images of civilians killed in Bucha, Ukraine.
— António Guterres (@antonioguterres) April 3, 2022
It is essential that an independent investigation leads to effective accountability.
Auch EU-Ratspräsident Charles Michel macht Russland für Gräueltaten in der Umgebung der ukrainischen Hauptstadt Kiew verantwortlich. Der belgische Politiker warf den russischen Truppen am Sonntag im Internetdienst Twitter vor, in der Vorortgemeinde Butscha ein Massaker angerichtet zu haben. Die EU werde beim Sammeln von Beweisen helfen, um die Verantwortlichen vor internationale Gerichte stellen zu können. Zugleich kündigte er weitere EU-Sanktionen gegen Russland und Unterstützung für die Ukraine an.
Shocked by haunting images of atrocities committed by Russian army in Kyiv liberated region #BuchaMassacre
— Charles Michel (@eucopresident) April 3, 2022
EU is assisting #Ukraine & NGO’s in gathering of necessary evidence for pursuit in international courts.
Further EU sanctions & support are on their way.
Слава Україні!
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte in einem Video auf Russisch:
Russland dementiert, Zivilisten getötet zu haben. Bei den Bildern handle sich um eine «Inszenierung des Kiewer Regimes für die westlichen Medien», sagte das russische Verteidigungsministerium gegenüber der russischen Nachrichtenagentur Tass.
⚡🇷🇺Verteidigungsministerium dementiert Anschuldigungen des Kiewer Regimes wegen angeblicher Tötungen von Zivilisten in #Butscha
— Botschaft der Russischen Föderation (@RusBotschaft) April 3, 2022
🔗https://t.co/0GRHPo5xpo@Bundeskanzler @ABaerbock @c_lindner @MAStrackZi@MarcoBuschmann@n_roettgen @JoWadephul@DietmarBartsch@cem_oezdemir
(yam, mit Material der sda)
Zudem werden die Sanktionen die russische Wirtschaft und Bevölkerung treffen, also soll Putin gezwungen werden, dass er sich um das Wohl seines eigenen Landes kümmert.
Putin soll sich nicht um das „Wohl” der Ukraine kümmern. Wir wissen, was er darunter versteht. Das sind übelste Kriegsverbrechen. Putin soll abziehen, verschwinden.
Selbstverständlich!
Bin mir von den Schwurblern ja einiges gewohnt, aber das, das haut dem Fass den Boden raus!