Nach dem Rückzug der russischen Armee liegen in Butscha, einem Vorort von Kiew, etliche Leichen auf der Strasse. Während die Ukraine von einem «Massaker» der russischen Truppen spricht, bestreitet Moskau diese Vorwürfe. Man habe keine Zivilisten getötet, heisst es von Seiten der russischen Botschaft in Deutschland.
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Am Sonntag hat sich nun der deutsche Journalist Enno Lenze zu den Bildern in der Ukraine geäussert. Lenze weilt derzeit in der Ukraine, wo er aus Kiew und Umgebung über den Krieg berichtet. Und er hat keine Zweifel daran, dass tatsächlich Kriegsverbrechen begangen wurden. Speziell in Butscha, aber auch im weiteren Umkreis.
«Ich habe Tote auf dem Highway liegen sehen», beginnt Lenze seine detaillierte Schilderung der Vorfälle rund um Kiew. Und er führt aus: «Zerschossene Autos mit Körper von Leuten, die offensichtlich dahinter Schutz gesucht haben. Die Wagen wurden aber dennoch durchschlagen und die Leute erwischt. Es gibt aufgeplatzte Körper, zerteilte und verbrannte. Zudem fehlende Gliedmassen.»
Weiter berichtet Lenze, dass er von Kollegen aus der Umgebung ähnliche Beschreibungen gehört habe. «Es gibt Leute, die zu Tode geprügelt und in Abwasserrohre gesteckt wurden, gefesselt oder in den Rücken geschossen», sagt er. «Zudem gibt es Räume, die offensichtlich als Folterkammern genutzt wurden.» Man sehe in der Gegend also Dinge, die ganz klar Kriegsverbrechen seien, führt Lenze aus. «Und zwar an Leuten, die ganz klar Zivilisten waren.»
Gleichzeitig richtet Lenze auch klare Worte an die Leute, welche an der Echtheit der Bilder oder der Vorfälle rund um Kiew zweifeln. «Was meint ihr? Dass alle Journalisten sich abends zusammensetzen und sagen: ‹Lasst uns mal Kriegsverbrechen ausdenken? Und dann schminken wir hier Leute und schleppen sie 50 Kilometer weit, nur um den Knut und den Willi auf Twitter zu verschaukeln?›», echauffiert er sich. «Wie blöd seid ihr denn?»
Er fordert deshalb die Leute auf, die Dinge so zu betrachten, wie sie tatsächlich seien. «Sowas passiert in Kriegen jeden Tag», sagt er. Und zwar so oft, dass es für die Journalisten vor Ort bereits normal geworden sei. (dab)