International
Russland

Das sagt Wladimir Putin über die Demokratie in Russland in 7 Zitaten

Russian President Vladimir Putin smiles as he attends the Business Russia Congress in Moscow, Russia, Tuesday, Oct. 18, 2016. Putin said that Russia would offer more freedom to private business to hel ...
Schmunzelt wie kein Zweiter: Wladimir Wladimirowitsch Putin.Bild: AP/AP POOL

7 Zitate über die russische Demokratie, die selbst Putin nicht glaubt

Russland wählt. Mit ziemlicher Sicherheit den amtierenden Präsidenten Wladimir Putin. Die folgenden Zitate zeigen die Entwicklung der russischen Demokratie. Eine (willkürliche) Auswahl.
15.03.2024, 20:0015.03.2024, 20:00
Mehr «International»

2005

Putin trifft den US-amerikanischen Präsidenten George W. Bush Jr. zu Gesprächen. Bei einer Pressekonferenz betont Bush, dass es im Interesse der USA läge, in Russland einen starken Partner zu haben. Russland habe in den vergangenen 15 Jahren Punkto Demokratie enorme Fortschritte gemacht und eine erstaunliche Transformation erlebt. Ein Journalist will von Putin wissen, was er den Kritikern sagt, die eine Kursabkehr von der Demokratie sehen. Der russische Präsident sagt:

«Russland hat sich für die Demokratie entschieden. [...] Vor vierzehn Jahren hat es unabhängig, ohne Druck von aussen, diese Entscheidung im eigenen Interesse und im Interesse seines Volkes getroffen. Dies ist unsere endgültige Entscheidung, und es gibt keinen Weg zurück. Es kann kein Zurück zu dem geben, was wir vorher hatten. [...] Jede Art von Hinwendung zum Totalitarismus wäre für Russland aufgrund des Zustands der russischen Gesellschaft unmöglich.»

2007

Russland steht in der Kritik. Der Westen wirft insbesondere Putin vor, er zentralisiere entgegen dem Föderalismus die Macht im Kreml, marginalisiere die Opposition und erhöhe die staatliche Kontrolle über die Medien. In einem Interview wurde der russische Präsident gefragt, ob er mit dem damaligen deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder einverstanden sei, als dieser Putin als «tadellosen Demokraten» bezeichnete. Seine Antwort:

«Natürlich bin ich ein absoluter, purer Demokrat. Aber wissen Sie, was das Problem ist? Eigentlich ist es kein Problem, sondern eine regelrechte Tragödie. Die Sache ist die, dass ich der einzige [Demokrat] bin, es gibt keine anderen auf der Welt.»

2011

Im Dezember 2010 zündet sich ein Gemüsehändler in Tunesien aus Protest gegen Polizeiwillkür selbst an. Innert kürzester Zeit entstehen Massenunruhen – ein Flächenbrand, der auf fast den ganzen Maghreb und Nahen Osten übergreift. In Libyen kommt es zum Bürgerkrieg. Die Opposition wird dabei durch Nato-Truppen unterstützt. Im Oktober kommt Langzeitdiktator Muammar al-Gaddafi unter ungeklärten Umständen ums Leben. Russland positionierte sich gegen ein internationales Eingreifen gegen die Diktaturen im Nahen Osten.

epa01538492 Russian Prime Minister Vladimir Putin (L), Libyan leader Muammar Gaddafi (C) and French singer Mireille Mathieu (R) on their way to Gaddafi's bedouin tent in Taininsky park in the Kre ...
Putin und Gaddafi auf dem Weg zum Zelt des libyschen Machthabers im Taininsky-Park, Moskau, November 2008.Bild: EPA

Als dann US-Senator John McCain an die Adresse von Putin twitterte: «Lieber Vlad, der Arabische Frühling kommt auch in ein Viertel in Ihrer Nähe», antwortete der russische Präsident entsprechend:

«Die ganze Welt hat seine blutüberströmte Leiche [Gadaffi] gesehen. Ist das Demokratie? Und wer hat das getan? Drohnen, auch amerikanische, haben seine Autokolonne angegriffen. Dann brachten Kommando-Einheiten, die nicht dabei sein durften, sogenannte Oppositionelle und Militante ins Spiel. Und töteten ihn [Gadaffi] ohne Gerichtsverfahren.»

2014

Auftritt der «grünen Männchen»: Im Frühjahr 2014 interveniert Russland auf der Krim und besetzt die ukrainische Halbinsel. Im März lässt Russland die Bevölkerung der Halbinsel über einen Anschluss zur Russischen Föderation abstimmen. Die Umstände der Abstimmung widersprechen gängigen demokratischen Standards, ausserdem gibt es keine internationalen Wahlbeobachter. Putin wendet sich in einer Rede an die Staatsduma und sagt:

«Am 16. März wurde auf der Krim ein Referendum abgehalten, das in vollem Einklang mit demokratischen Verfahren und internationalen Normen stand. Mehr als 82 Prozent der Wählerinnen und Wähler nahmen an der Abstimmung teil. Über 96 Prozent von ihnen sprachen sich für die Wiedervereinigung mit Russland aus. Diese Zahlen sprechen für sich selbst.»

Diese von Putin erwähnten Zahlen sind nicht unüblich – zumindest für Autokratien und Diktaturen. Ukrainische Meinungsumfragen von Februar bis April 2014 ergaben eine Zustimmung von 12 Prozent der Bevölkerung landesweit und 41 Prozent der Bevölkerung auf der Krim, heisst es in der Fachliteratur.

2018

Es ist das zweite Jahr von Trumps Präsidentschaft. Der Westen hat sich noch nicht vom Schock erholt. Ennet dem Teich kommt der Brexit nur schleppend voran. Irgendwie möchte niemand so richtig den Volksentscheid umsetzen. Beides Tendenzen, die den lupenreinen Demokraten Putin beunruhigen. Bei seiner alljährlichen TV-Rede im Dezember sagt er deshalb:

«Wissen Sie, was mich beunruhigt? In der gesamten angelsächsischen Welt finden tiefgreifende Veränderungen statt. Trump gewann. Es ist ein Fakt, der nicht angefochten werden kann, aber sie möchten diesen Sieg nicht anerkennen. Es ist respektlos gegenüber den Wählern. Sie wollen diesen Sieg nicht anerkennen. [...] Was akzeptieren sie nicht? Das Resultat von Abstimmungen und Wahlen. Dem demokratischen Prozess wird nicht gefolgt, er zerfällt. Demokratische Werte zerfallen.»

2021

US-Präsident Joe Biden lädt zu einem virtuellen Demokratie-Gipfel. Russland ist nicht eingeladen. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow findet's nicht lustig. Er sagt gegenüber dem russischen TV-Sender Rossiya-1:

«Russland ist ein absolut demokratisches Land und in Russland leben sehr starke, sehr stolze und sehr freie Menschen. Wer etwas anderes behauptet, kennt und versteht unser Land nicht. »

Als er gefragt wird, ob Russland eine Demokratie oder ein Ein-Personen-Staat sei, antwortet Peskow:

«Wir, die Russische Föderation, sind ein souveräner Staat. Präsident [Wladimir] Putin hat die Macht, die er nach der russischen Verfassung haben kann, nicht mehr und nicht weniger.»

2024

Es ist 2024. Russland wählt. Dass jemand anderes als Putin gewinnen könnte, scheint fast schon lachhaft. Gibt's überhaupt noch Gegenkandidaten? Oder sind die alle schon gestorben (worden)? Kreml-Sprecher Dmitri Peskow will von der Kritik nichts hören. Anfangs März während des World Youth Festivals in Krasnodar sagt er:

«Wir werden die Kritik an unserer Demokratie und die Behauptung, dass sie nicht so ist, wie sie sein sollte, nicht länger hinnehmen. Unsere Demokratie ist die beste und wir werden sie weiter ausbauen.»

Jetzt wählt also Russland erneut. Die Amtszeit beträgt sechs Jahre (vor 2012 waren's noch vier Jahre) und ist auf zwei aufeinanderfolgende Präsidentschaften begrenzt. In der Verfassungsreform von 2020 wurde beschlossen, die Zählung der bisherigen Amtszeiten von Putin zu annullieren. Nur deswegen darf er heuer wieder antreten – und theoretisch auch im Jahr 2030. 2036 wird es also wieder jemand anderes geben – vorausgesetzt, es gibt nicht wieder eine Verfassungsänderung.

Russian Prime Minister Vladimir Putin, right, and European Commission President Jose-Manuel Barroso, left, are seen at a joint news conference after their talks in Moscow, Russia, Friday, Feb. 6, 2009 ...
Der damalige EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso besucht Putin in Moskau, Februar 2009.Bild: AP POOL RIA Novosti
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
71 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Majoras Maske
15.03.2024 20:39registriert Dezember 2016
Es ist eine Schande. Russland könnte genau so demokratisch wie die Ukraine sein - aber leider wurden dort "früh genug" alle Kritiker ermordet. Wäre nach Jelzin ein Demokrat statt ein Mafiosi an die Macht gekommen, die Welt wäre heute eine bessere.
829
Melden
Zum Kommentar
avatar
Schlaf
15.03.2024 20:43registriert Oktober 2019
Putin kann sich defintitiv zu den grössten Scheusalen die die Menschheit hervorgebracht hat zählen.

Es ist nicht zu fassen, warum in gottes Wille, solche Menschen so viel Macht erlangen können.
607
Melden
Zum Kommentar
avatar
chrimark
15.03.2024 20:56registriert November 2016
Frei nach dem Motto:
Zwei mal zwei macht null,
widewidewitt und sechs macht eins.
Ich mach mir die Demokratie,
widewide wie sie mir gefällt.
Hey Fladi Fladiwitsch,
der regiert, solang es ihm Gefällt.
575
Melden
Zum Kommentar
71
Deutsche Richterkandidatin Brosius-Gersdorf zieht sich zurück
Die von der sozialdemokratischen SPD nominierte Kandidatin für Deutschlands Bundesverfassungsgericht, Frauke Brosius-Gersdorf, steht für das Amt nicht mehr zur Verfügung.
Zur Story