Russlands Präsident Wladimir Putin hat die Mittelstreckenrakete Oreschnik als neue Entwicklung bezeichnet, die von westlichen Flugabwehrsystemen nicht abgefangen werden könne.
«Es gibt keine Chance, diese Raketen abzuschiessen», sagte der Kremlchef bei seiner kombinierten Jahrespressekonferenz und Bürgersprechstunde. Wenn der Westen an der Leistungsfähigkeit der Rakete zweifle, könne er gern ein von allen verfügbaren Flugabwehrwaffen geschütztes Ziel in Kiew benennen, das von Oreschnik beschossen werden solle.
Putin sprach von einem «Experiment, einem hochtechnologischen Duell des 21. Jahrhunderts». Der Westen könne dort alle Flugabwehrwaffen und Raketenschirme stationieren, die er habe. Dann werde sich herausstellen, ob sie die Mittelstreckenrakete aufhalten könnten. Russland sei zu so einem Experiment bereit. Putin reagierte damit auf die Frage des russischen Armeesenders Swesda, der eine angebliche Einschätzung westlicher Experten dazu zitiert hatte, dass Oreschnik im Anfangsstadium leicht zu bekämpfen sei.
Russland hatte im November erstmals eine solche prinzipiell atomar bestückbare Rakete auf die Ukraine abgefeuert. Damals war die Industriestadt Dnipro getroffen worden. Der Schaden war allerdings gering. Das Geschoss trug keine nuklearen Sprengköpfe.
Putin hat seine Bereitschaft zu Verhandlungen über ein Ende des Ukrainekriegs bekräftigt. Dabei sei er auch zu Eingeständnissen bereit, sagte Putin auf seiner Jahrespressekonferenz auf eine Frage des US-Senders NBC. «Politik ist die Kunst der Kompromisse.»
Details zu möglichen Kompromissen nannte er nicht. Zugleich warf der Kremlchef der Ukraine einmal mehr vor, Verhandlungen zu blockieren.
Er erinnerte dabei an das Scheitern eines Abkommens, das Moskau und Kiew kurz nach Beginn des von Putin befohlenen Angriffskriegs in Istanbul schliessen wollten. Die Einigung sei am Ende von der Ukraine auf Druck des Westens abgelehnt worden, sagte er.
Auch ein Treffen mit dem designierten US-Präsidenten Donald Trump schloss Putin nicht aus. Wann ein solches Treffen stattfinden könne, wisse er aber nicht. «Ich habe seit vier Jahren nicht mehr mit ihm gesprochen.» Bisher habe es keine Vorschläge vom Team Trumps für ein Gespräch gegeben.
Seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj hat Putin abgesprochen, ein legitimer Partner für den Abschluss von Friedensverhandlungen zu sein.
Dessen Amtszeit sei abgelaufen, und die ukrainische Verfassung erlaube auch im Kriegsrecht keine Verlängerung seiner Vollmachten.
Einzig das ukrainische Parlament, die Werchowna Rada, und deren Vorsitzender seien jetzt noch berechtigt, einen Friedensschluss zu unterzeichnen, so Putin. Die ukrainische Führung betont hingegen, dass Selenskyjs Vollmachten weiter gültig seien.
Putin sagte, dass er prinzipiell auch bereit sei, mit Selenskyj Frieden zu schliessen - allerdings nur, wenn er vorab in Neuwahlen bestätigt werde.
Die Amtszeit Selenskyjs ist 2024 abgelaufen. Wegen der laufenden Invasion und der Besetzung eines beträchtlichen Teils des ukrainischen Territoriums hat Selenskyj die Präsidentenwahl unter Berufung auf das Kriegsrecht abgesagt.
Mehr als vier Monate nach Beginn der ukrainischen Offensive im russischen Gebiet Kursk sieht sich der Kreml unter massivem Handlungsdruck.
Eine Bewohnerin fragte den Präsidenten bei seiner jährlichen im Staatsfernsehen übertragenen grossen Fragerunde, wann die Bewohner endlich nach Hause zurückkehren könnten und alles wieder aufgebaut werde. «Alles wird erledigt», sagte Putin verlegen um eine konkrete Antwort. Er könne kein Datum nennen, meinte er. «Aber ganz sicher werden sie vertrieben.»
In der Region Kursk halten Tausende ukrainische Soldaten seit Anfang August Dutzende Ortschaften besetzt. Die Führung in Kiew will so nach eigenen Angaben ihre Position stärken für mögliche Verhandlungen zur Lösung des Konflikts.
Nach der Befreiung der Region werde der komplette Schaden erfasst, sagte Putin. «Alles wird wieder aufgebaut.» Strassen und die Infrastruktur würden instand gesetzt. Er bat die Menschen in der Region, die ihre Wohnungen verloren haben und in Notunterkünften untergebracht sind, um Geduld.
Putin hat Russlands Interesse an einer Erhaltung der Militärbasen im Bürgerkriegsland Syrien auch nach der Entmachtung von Präsident Baschar al-Assad bekräftigt.
Gesprochen werden müsse darüber mit jenen Kräften, die im Land jetzt die Kontrolle hätten. «Unsere Interessen müssen übereinstimmen», sagte Putin. So habe Russland etwa vorgeschlagen, die Luftwaffen- und die Marinebasis für humanitäre Hilfe in dem Land einzusetzen.
Geholfen habe Russland zuletzt auch bei der Verlegung von 4000 Mann der iranischen Truppen nach Teheran. Russland halte Kontakt zu allen Gruppierungen in Syrien und zu den Staaten in der Region. Eine Mehrheit von ihnen habe ein Interesse daran, dass die russischen Basen blieben. Putin äusserte sich in diesem Zusammenhang nicht zu Berichten über eine angebliche Verlegung russischer Truppen von den syrischen Basen etwa nach Libyen.
Uungeachtet beispielloser westlicher Sanktionen hat Putin eine insgesamt zufriedenstellende Wirtschaftsbilanz des abgelaufenen Jahres gezogen - vor allem im Vergleich zu westlichen Industrienationen.
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde 2024 um 3,9 Prozent, «vielleicht sogar vier Prozent» wachsen, prognostizierte der Kremlchef bei seiner kombinierten Jahrespressekonferenz und Bürgersprechstunde. In den vergangenen beiden Jahren habe das BIP sogar um acht Prozent zugelegt. Im gleichen Zeitraum habe Deutschland null Prozent Wachstum gezeigt, sagte er.
Putin räumte ein, dass es Probleme bei der Bekämpfung der Inflation gebe. Seinen Angaben nach sind die Preise im Jahresverlauf um 9,2 bis 9,3 Prozent gestiegen. Dies hänge aber etwa bei den Lebensmitteln damit zusammen, dass der Verbrauch gestiegen sei.
Ökonomen warnen vor einem deutlichen Einbruch der Wachstumsraten im kommenden Jahr. Neben der hohen Inflation macht der russischen Wirtschaft auch der sehr hohe Leitzins Probleme, der bei 21 Prozent liegt.
Putin will den entmachteten syrischen Präsidenten Baschar al-Assad in seinem Asyl in Russland treffen. Nach der Gewährung des Asyls habe es bisher noch kein Treffen mit ihm gegeben, sagte Putin bei seiner grossen, im Fernsehen übertragenen Fragerunde.
Er versprach auf die Frage eines Journalisten des US-Senders NBC, dann auch eine Frage zu einem seit zwölf Jahren vermissten Amerikaner anzusprechen.
Demnach hatte die Mutter des vermissten US-Reporters Putin in einem Brief aufgerufen, die Frage bei Assad zu thematisieren. Putin meinte, dass zwölf Jahre eine lange Zeit seien und in Syrien damals viel passiert sei.
Putin hatte dem aus Syrien geflüchteten Assad und dessen Familie in diesem Monat Asyl gewährt. Unklar ist aber, wo sich die Assads im flächenmässig grössten Land der Erde aufhalten. (sda/cma)
Das fände ich ein fairer Wettbewerb.
Warum nicht ein Ziel in Russland? Der Kreml kommt mir da in den Sinn.