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Arkadi Wolosch: Der nächste Oligarch wendet sich von Putin ab

«Ein schrecklicher Krieg»: Der nächste Oligarch wendet sich von Putin ab

Arkadi Wolosch gehört zu den erfolgreichsten Unternehmern Russlands. Jetzt verurteilt der 59-Jährige den «barbarischen Einmarsch Russlands in der Ukraine».
10.08.2023, 22:00
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Ein Artikel von
t-online

Kremlchef Wladimir Putin verliert im Krieg gegen die Ukraine weiter an Rückhalt in den eigenen Reihen. Mit Arkadi Wolosch stellte sich am Donnerstag einer der erfolgreichsten und bekanntesten Unternehmer Russlands offen gegen die politische Führung in Moskau.

March 11, 2020, Moscow, Russia: Co-Founder and CEO of Yandex Group Arkady Volozh during an investors meeting chaired by President Vladimir Putin at the Kremlin March 11, 2020 in Moscow, Russia. Moscow ...
Arkadi Wolosch lebt nach eigenen Angaben seit 2014 in Israel.Bild: www.imago-images.de

«Ich bin entschieden gegen den barbarischen Einmarsch Russlands in der Ukraine, wo ich, wie viele andere, Freunde und Verwandte habe», schrieb der 59-Jährige dem unabhängigen russischen Nachrichtenportal «The Bell». «Ich bin entsetzt über die Tatsache, dass jeden Tag Bomben auf die Häuser von Ukrainern fliegen. Obwohl ich seit 2014 nicht mehr in Russland lebe, ist mir klar, dass auch ich eine Mitverantwortung für die Handlungen des Landes trage», heisst es weiter in der Mitteilung.

Der IT-Experte Wolosch hat seit den 1990er-Jahren mehrere Firmen gegründet, darunter die Internetsuchmaschine Yandex, die als das russische Google gilt. In Russland dient Yandex auch als Handelsplattform, Fahrdienstvermittler und Plattform für Essenslieferdienste. Arkadi Wolosch trat im Juni 2022 als Vorstandschef von Yandex zurück, nachdem die EU ihn wegen des Ukraine-Kriegs auf eine Sanktionsliste gesetzt hatte. Das Unternehmen Yandex unterliegt dagegen keinen westlichen Sanktionen.

Russian President Vladimir Putin listens to VTB Bank Chairman Andrei Kostin during their meeting at the Kremlin in Moscow, Russia, Thursday, Aug. 10, 2023. (Mikhail Klimentyev, Sputnik, Kremlin Pool P ...
Wladimir Putin: Der russische Staatschef verliert die Unterstützung eines prominenten Unternehmers.Bild: keystone

Das US-Wirtschaftsmagazin «Forbes» schätzte Woloschs Vermögen vor dem Überfall auf die Ukraine auf umgerechnet gut zwei Milliarden Euro; zuletzt lag es laut «Forbes» noch bei knapp einer Milliarde Euro. Wolosch lebt nach eigenen Angaben seit 2014 in Israel. Auf seiner persönlichen Webseite beschreibt er sich als «in Kasachstan geborenen, israelischen IT-Unternehmer»; in seinem Statement ging Wolosch auch auf Kritik ein, er habe zu lange zum Krieg in der Ukraine geschwiegen.

«Im Februar 2022 änderte sich die Welt»

«Im Jahr 2014 bin ich nach Israel gezogen und habe seitdem die internationalen Projekte von Yandex entwickelt. Aber im Februar 2022 änderte sich die Welt, und mir wurde klar, dass meine Geschichte mit Yandex vorbei war», so Wolosch. Seit dem Ausbruch des Krieges habe er vielen russischen Ingenieuren geholfen, das Land zu verlassen und woanders ein neues Leben anzufangen. «Es gab viele Gründe, warum ich schweigen musste. Man kann sich über die Aktualität meiner Aussage streiten, aber nicht über den Inhalt der Aussage. Ich bin gegen den Krieg.»

Wolosch ist nicht der erste hochrangige russische Wirtschaftsführer, der sich gegen den Krieg ausspricht. Im Mai veröffentlichte der Moskauer Unternehmer Andrej Kowalew ein Video, in dem er mit der russischen Militärführung hart ins Gericht geht. Es sei «keine militärische Spezialoperation», sondern ein «schrecklicher Krieg», sagte Kowalew darin – allein diese Aussage könnte ihm 15 Jahre Gefängnis einbringen. Allerdings stellte sich Kowalew nicht gegen Wladimir Putin, sondern rief andere Firmenchefs zur Zusammenarbeit mit dem Kremlchef auf.

Der in Moskau und London ansässige Investor Michail Fridman sprach sich im Februar in einer E-Mail an seine Londoner Mitarbeiter gegen den Krieg aus und rief Kremlchef Putin zum Rückzug aus der Ukraine auf. Kurz darauf forderte auch der unter westlichen Sanktionen stehende Oligarch Oleg Deripaska Putin zu Verhandlungen mit der Regierung in Kiew auf. Der russische Banker Oleg Tinkow hatte sich schon kurz nach dem Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 vom Kreml distanziert und war daraufhin nach eigenen Angaben gezwungen worden, sein Unternehmen zu einem Schleuderpreis an den russischen Staat zu verkaufen. (t-online, mk)

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28 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Rivka
10.08.2023 22:37registriert April 2021
Kurz nachdem Einmarsch kamen Nachrichten, dass Yandex Gründer den Krieg Russlands gegen die Ukraine nicht unterstützte. Da ich weder von Yandex noch von Arkadi Wolosh was gehört hatte, habe ich es auch nicht weiterverfolgt ehrlich gesagt. So wie das Interview aber zeigt, war diese Nachricht doch richtig. Apropos geboren in Kasachstan. Die Kazakhen sind gegen den Krieg egal ob sie in Russland leben oder nicht. Selbst Putins langjähriger Sicherheitsmann kasachischer Abstammung floh mit seiner Familie aus Russland.
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So oder so
10.08.2023 22:34registriert Januar 2020
"gezwungen worden, sein Unternehmen zu einem Schleuderpreis an den russischen Staat zu verkaufen"

Weil er gegen denn Krieg ist - Terror Regime Putin schlägt zu.
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Wusu
10.08.2023 22:37registriert Juli 2022
Sturz aus dem Fenster…unerwarteter Herzinfarkt…der Steuerhinterziehung beschuldigt und verhaftet…vergiftet… mal sehen was ihm als nächstes blüht.
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