International
Russland

Prigoschin: Wie der Wagner-Boss klammheimlich beerdigt worden ist

epa10828090 A visitor pays his respects at the grave of PMC Wagner group founder and chief Yevgeny Prigozhin at the Porokhov cemetery in St. Petersburg, Russia, 30 August 2023. Yevgeny Prigozhin was b ...
Das Grab des Söldnerbosses.Bild: EPA

It's Prigover – der Wagner-Boss ist klammheimlich beerdigt worden

Wer den Titel «Held Russlands» innehat, wird normalerweise mit Pomp und Ehre begraben. Wagner-Boss Jewgeni Prigoschin ist jedoch still und heimlich abseits der Öffentlichkeit unter die Erde gebracht worden – der Kreml hat sogar die Presse ausgetrickst.
30.08.2023, 16:36
Mehr «International»

Die Wagner-Söldner unter Jewgeni Prigoschin hatten Russland die Einnahme der ukrainischen Stadt Bachmut ermöglicht. Der militärische Wert der Wagner-Gruppe im Krieg gegen die Ukraine ist unbestritten – nicht zuletzt deswegen hatte Prigoschin vor gut einem Jahr auch den begehrten Titel «Held Russlands» von Putin verliehen bekommen.

Stirbt ein «Held Russlands», erhält er normalerweise auch ein dementsprechendes Begräbnis. Dem Söldnerführer blieben jedoch Salutschüsse und Militärkapelle vorenthalten. Es sei «eine normale VIP-Beerdigung» gewesen, schreibt das unabhängige Medium Agentstwo.

Journalisten ausgetrickst

Neben dem Grabstein eines gewissen Viktor Prigoschin auf dem abgelegenen Porochowskoje-Friedhof in St. Petersburg erinnert nun ein simples Holzkreuz mit einem Namenstäfelchen an den Mann, der von Putins Koch zu Putins innerem Feind wurde.

Die Beerdigung selbst war weder gross angekündigt noch thematisiert worden, wie der Spiegel schreibt. Am Dienstag hatte Kreml-Sprecher Peskow angekündigt, dass Putin nicht an der Beisetzung teilnehmen werde; er selber kenne keine weiteren Einzelheiten über die Veranstaltung.

Bei der Zeremonie war dann tatsächlich weder Putin noch die Presse anwesend. Denn diese hatte bis zuletzt zwar heiss diskutiert und spekuliert, wo Prigoschin beigesetzt werde, blieb aber auch bis zuletzt im Dunkeln.

Der Kreml hatte bei der Verschleierung des Ortes ganze Arbeit geleistet: Gleich vor mehreren Friedhöfen in der Heimatstadt Prigoschins sollen zu Wochenbeginn Metalldetektoren oder Absperrungen gesichtet worden sein, so der «Spiegel». Das gut vernetzte unabhängige Medium «Fontanka» hatte den Tipp bekommen, die Beisetzung fände auf dem Serafimskoje-Friedhof statt, wo viele militärische Würdenträger begraben liegen.

Spezialoperation Beseitigung

Laut der Russland-Expertin und Politanalystin Tatjana Stanowaja kann man das wohl minutiös geplante Verwirrspiel um Prigoschins Beisetzung als «die letzte Etappe einer Spezialoperation zu seiner Beseitigung» betrachten.

Dem sei vorausgegangen, dass Putin den Söldnerchef in seinem Statement als «Geschäftsmann» bezeichnet hatte. Damit habe der Präsident nachdrücklich zeigen wollen, dass Prigoschin, im Gegensatz zu ihm selber, ein Mann gewesen sei, der bloss private Interessen verfolgt habe.

Weiter schreibt die Analystin auf Telegram:

«Es bestätigt auch, dass es keine Verstaatlichung von Wagner (dem Militärunternehmen) geben wird: Es wird eine schrittweise Defragmentierung und Neutralisierung geben.»

Tatsächlich ist die Zukunft der Söldnergruppe ungewiss. Die Strukturen von Wagner gleichen denjenigen eines Mafiaclans, schreibt der «Spiegel»: eine Organisation mit einem mächtigen Anführer an der Spitze – in diesem Fall Jewgeni Prigoschin. Wagner-Söldner bezeichnen ihn gelegentlich respektvoll als «unseren Vater».

Ob nun jemand das Machtvakuum zu füllen vermag, ist fraglich – ein Anwalt, der mit der Söldnergruppe in Kontakt steht, meint: «Jeder hat jetzt Angst, Verantwortung zu übernehmen, etwas zu verkünden und die Tätigkeit der Truppe fortzusetzen.» Es könnte also durchaus sein, dass Wagner mit Prigoschin zusammen abgestürzt und gestorben ist.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das Who is Who der Ukraine – diese Namen solltest du kennen
1 / 10
Das Who is Who der Ukraine – diese Namen solltest du kennen
Walerij Saluschnij – Oberbefehlshaber der Streitkräfte der Ukraine
quelle: www.imago-images.de / imago images
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Prigoschin schimpft mit russischer Militärführung und zeigt tote Wagner-Söldner
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
44 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
FrancoL
30.08.2023 15:01registriert November 2015
So werden eben Halunken von Halunken begraben.
Freue mich auf das nicht mehr erkennbare Grab des Oberhalunken Putin.
817
Melden
Zum Kommentar
avatar
Amadeus
30.08.2023 15:00registriert September 2015
Prigosch-Out. Ich hoffe einfach ganz fest, dass die Ukraine von seinem Tod und den organisatorischen Verwirrungen um die Wagner Söldner profitieren kann.
625
Melden
Zum Kommentar
avatar
bitzliz'alt
30.08.2023 15:24registriert Dezember 2020
...war Herr Prigoschin bei seiner Beerdigung überhaupt dabei? (ich frag für einen Freund...)
529
Melden
Zum Kommentar
44
Supreme Court lässt Musk bei Social-Media-Aufsicht abblitzen

Tesla-Chef Elon Musk ist mit dem Versuch gescheitert, die 2018 vorgeschriebenen Kontrollen für seine Social-Media-Beiträge über den Elektroauto-Hersteller vor dem Obersten Gericht der USA loszuwerden. Der Supreme Court wies seinen Antrag am Montag ohne eine Anhörung ab.

Zur Story