Auf einem Video, das derzeit in den sozialen Medien kursiert, ist zu sehen, wie ein russischer Soldat von einer Drohne verletzt wird – aber noch lebt. Der Mann windet sich am Boden, als sein Kamerad zu ihm aufschliesst. Der zweite Soldat schiesst dem Verletzen aus nächster Nähe mit einem Gewehr in den Kopf und rennt weiter.
Der Russe untersucht weder die Verletzung des Kameraden, noch behandelt er ihn oder nimmt die Erkennungsmarken an sich. Ein Vorgehen, das bei Verletzungen von Truppenmitgliedern üblich wäre. Die gezielte Tötung eines Kameraden sei unprofessionell und belege eine gefühllose Missachtung des Lebens eigener Soldaten, urteilt das Institute for the Study of War (ISW).
Auf Grundlage der Genfer Konvention, die auch Russland unterschrieben hat, ist das Töten von Verletzten verboten. Darunter fallen auch Hinrichtungen ohne vorhergehendes Urteil eines Gerichtes. Zudem müssen Verwundete und Kranke geborgen und gepflegt werden.
Rechtlich könnte der Soldat wegen Mordes angeklagt werden – das ist zumindest bei ähnlichen Fällen in anderen Ländern geschehen. Inwiefern der Fall überhaupt Konsequenzen nach sich ziehen wird, ist fraglich. Das ISW beobachtet bei den russischen Streitkräften häufiger Fälle von Soldaten, die ihre Kameraden auf dem Schlachtfeld töten oder zurücklassen.
Das ISW hat diese Vorfälle, bekannt als «Fragging» – die absichtliche Tötung von Vorgesetzten – ausgewertet. Sie zeigen demnach, dass während des bisherigen Krieges sowohl innerhalb Russlands als auch unter den russischen Truppen auf dem Schlachtfeld ein «niedriger Stellenwert menschlichen Lebens» herrscht.
Fragging deutet laut den Experten auf «extrem schlechte Disziplin» unter den Truppen hin, sowie auf eine fehlende Verbindung zwischen den Befehlshabern und ihren Untergebenen. Zudem offenbare es eine eklatante Missachtung von Menschenleben.
Ein russischer Militärblogger berichtete am 22. Juni, dass Kommandeure verschiedener Einheiten der Donezker Volksrepublik (DNR) ihre verwundeten Untergebenen schwer misshandeln. Er sagte, dass die 1. slawische Brigade der DNR (1. DNR-Armeekorps) ihre eigenen Verwundeten unter gefängnisähnlichen Bedingungen in Donezk-Stadt festhält, anstatt ihnen die erforderliche Behandlung zukommen zu lassen. (yam / t-online)