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Russland

Sträflinge bezeichnen Prigoschin als «feigen Verräter»

FILE - Membes of the Wagner Group military company sit atop of a tank on a street in Rostov-on-Don, Russia, Saturday, June 24, 2023, prior to leaving an area at the headquarters of the Southern Milita ...
Wagner-Söldner während der Besetzung von Rostow am Don.Bild: keystone

Weil er Putsch nicht durchzog: Sträflinge bezeichnen Prigoschin als «feigen Verräter»

Mehrere Sträflinge, die für die russische Armee kämpfen, werfen Jewgeni Prigoschin vor, sie hintergangen zu haben – weil er die Nerven verloren und den Putsch nicht durchgezogen habe. Von Prigoschin selbst fehlt derweil jede Spur.
26.06.2023, 07:1126.06.2023, 12:31
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Jewgeni Prigoschin hat an diesem Wochenende offen gegen die russische Regierung im Kreml rebelliert. Selbst Wladimir Putin hat er direkt angegriffen, nachdem ihn dieser des Hochverrats bezichtigt hatte. «Der Präsident irrt gewaltig», sagte Prigoschin als Reaktion auf eine Rede seines einst vertrauten Vorgesetzten – und hielt im sogenannten «Marsch der Gerechtigkeit» mit einem Konvoi seiner Wagner-Söldner weiter gen Moskau.

Was dann geschah, ist nicht wirklich klar. Prigoschin brach die ganze Übung 200 Kilometer vor der Hauptstadt ab, die Wagner-Truppen machten kehrt und verliessen kurz darauf auch die besetzte südrussische Stadt Rostow am Don.

Die offizielle Version lautet, dass Prigoschin sich unter der Vermittlung von Belarus' Machthaber Alexander Lukaschenko entschieden hat, den Putsch abzublasen. Im Gegenzug ging er straffrei aus und konnte nach Belarus ausreisen. Seither fehlt von Prigoschin jegliches Lebenszeichen.

Was auch immer hinter den Kulissen des komplexen Moskauer Machtapparates tatsächlich vorging: Einige Soldaten der russischen Armee, die Prigoschins Aufstand unterstützen wollten, werfen ihm nun vor, feige zu sein. Dies, weil er den Aufstand nicht durchzog und sich von seinem Vorhaben abbringen liess.

In einem Video, das derzeit online kursiert, droht eine Gruppe von Soldaten Prigoschin und bezeichnet diesen als «feige» und als «Verräter», wie «The Telegraph» schreibt. Bei den Soldaten soll es sich um ehemalige Sträflinge handeln, die mit Aussicht auf Amnestie für die sogenannten «Storm-Z-Brigaden» angeworben wurden.

Diese Truppen sind der regulären russischen Armee unterstellt, sie sollen allerdings Prigoschin als inoffiziellen Anführer betrachtet haben, da dieser selbst Sträflinge einsetzt und einst selbst wegen eines Raubüberfalls hinter Gittern sass.

Ex-Sträflinge beschweren sich über Prigoschin:

Einer der Soldaten wirft Prigoschin indirekt vor, die Nerven verloren zu haben. Er habe sie, die Soldaten, hintergangen.

«Du hast unseren Jungs alles versprochen, wir waren bereit, entschlossen für dich zu kämpfen. Doch dann hast du das Lenkrad in die andere Richtung gedreht.»

Sie hätten nun Repressalien seitens der russischen Armee zu fürchten. Dann führen sie weiter aus und drohen ihrem einstigen Anführer:

«Wir dachten, du würdest bis zum Ende bei uns bleiben, aber jetzt stellt sich heraus, dass du unmenschlich bist. Du hast uns hinters Licht geführt. Glaub mir, Leute wie wir werden diese Angelegenheit nicht einfach so stehen lassen.»

Wie es mit der Wagner-Söldnereinheit, und anderen Soldaten, die Prigoschin freundlich gesinnt waren, nach dessen Verschwinden weitergeht, ist unklar. Ursprünglich sollten die Wagner-Einheiten per Vertrag dem russischen Verteidigungsministerium unterstellt werden – wohl mit ein Grund, weshalb sich Prigoschin für den Putschversuch entschieden hat.

Ob dies weiterhin der Plan des Kremls ist, wurde bisher nicht publik. Laut russischen Militärbloggern sollen aber diverse Entscheidungsträger in der russischen Elite die rund 25'000 Söldner von Wagner nunmehr als Bedrohung für die Stabilität im Land wahrnehmen.

Wie es mit der Einheit weitergehen könnte, liest du hier:

(con)

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Prigoschin schimpft mit russischer Militärführung und zeigt tote Wagner-Söldner
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13 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Hamudi Dudi
26.06.2023 08:22registriert September 2019
Ich bin auch wütend auf Prigoschin. Als der Putsch anfing, war ich direkt angefixt und hab mich ausgiebig informiert und die Entwicklungen mitverfolgt. Er schuldet mir einen Samstag!
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Donnerherz
26.06.2023 08:16registriert November 2020
Alles was diese Streitkräfte zerrüttet und entzweit, ist vorerst mal gut.
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Ganymed IV
26.06.2023 08:38registriert Juni 2023
Ich bin etwas enttäuscht. Da marschiert er gegen Moskau, hat bis 200 Kilometer vor Moskau so gut wie keine Gegenwehr gehabt und zieht in dem Moment, wo Gegenwehr sich abzeichnet den Schwanz ein.
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