Der ukrainische Aussenminister Pawel Klimkin hat den Westen aufgefordert, Sanktionen gegen den früheren deutschen Kanzler Gerhard Schröder wegen seines Russland-Engagements zu prüfen.
«Es ist wichtig, dass es Sanktionen nicht nur gegen russische Regierungsmitglieder und russische Staatsunternehmen gibt, sondern auch gegen diejenigen, die im Ausland Putins Projekte vorantreiben», sagte Klimkin der «Bild»-Zeitung vom Montag. «Gerhard Schröder ist für Putin weltweit der wichtigste Lobbyist. Es sollte deshalb geprüft werden, wie die EU hier handeln kann.»
Die deutsche Regierung wies den Vorstoss umgehend zurück. «Die Bundesregierung, auch die Bundeskanzlerin sieht keine Veranlassung, Überlegungen dieser Art anzustellen», sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin.
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) schloss Strafmassnahmen gegen den SPD-Altkanzler dagegen nicht kategorisch aus. Dies sei «nach einschlägiger Prüfung mit grosser Vorsicht zu erwägen», sagte sie bei «bild.de» auf eine entsprechende Frage.
Schröder ist seit seiner Kanzlerschaft (1998 bis 2005) eng mit Putin befreundet, der am Sonntag zum vierten Mal zum russischen Präsidenten gewählt wurde. Unvergessen ist, dass er den russischen Präsidenten damals als «lupenreinen Demokraten» einstufte.
Nach seinem Ausscheiden aus der Bundesregierung wechselte Schröder zu dem Pipeline-Unternehmen Nord Stream, das für den Bau einer Gasfernleitung von Russland durch die Ostsee direkt nach Deutschland gegründet wurde. Nord Stream gehört mehrheitlich dem russischen Energiekonzern Gazprom. Das Projekt wird von Kiew heftig kritisiert, weil es Russland ermöglichen soll, Gas direkt nach Westeuropa zu exportieren, ohne dass die Ukraine als Transitland darauf Zugriff hat.
2017 wurde Schröder zum Chef des Aufsichtsrates des russischen Energiekonzerns Rosneft gewählt, den die Europäische Union wegen der Ukraine-Krise mit Strafmassnahmen belegt hat.
Schröders Nähe zu Putin wird in seiner eigenen Partei kritisch gesehen. Allerdings äussert kaum ein prominenter Sozialdemokrat diesen Unmut offen.
Die EU hat 2014 in mehreren Wellen Sanktionen gegen Personen, Firmen und Organisationen aus Russland verhängt, wegen der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim und wegen der militärischen Unterstützung der Separatisten in der Ostukraine durch Moskau.
Insgesamt wurden mehr als 150 Personen mit Einreiseverboten für die EU belegt. Konten, die sie eventuell in der EU unterhielten, wurden gesperrt. Die Liste sparte zwar Präsident Wladimir Putin, Regierungschef Dmitri Medwedew, die Minister Sergej Lawrow (Aussen) und Sergej Schoigu (Verteidigung) aus.
Schliesslich bestrafte Brüssel auch die grossen russischen Staatsbanken wie Sberbank, Rüstungsfirmen und Energiekonzerne wie Rosneft. Der staatskontrollierte Ölkonzern wird doppelt getroffen. Er bekommt keine EU-Technik mehr für Bohrstellen. Schmerzlicher ist, dass Rosneft von langfristigen westlichen Krediten ausgeschlossen ist. Rosneft-Chef Igor Setschin selber steht nicht auf der Liste. (sda/dpa)