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Putin fürchtet russischen Rap. Genauer: Diese 5 Crews

Putin fürchtet russischen Rap. Genauer: Diese 5 Crews

17.12.2018, 14:4218.12.2018, 06:45
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Für Wladimir Putin verbergen sich in der Rap-Kultur drei Teufel: «Sex, Drogen und Protest.» Das hat der russische Präsident am Samstag betont. Man müsse die Musik, ihre Künstler und Fans deshalb lenken, führte Putin weiter aus. «Wenn man etwas nicht stoppen kann, muss man sich an die Spitze setzen», sagte er der russischen Nachrichtenagentur Interfax.

Dabei beliess es Putin erst einmal. Warum aber nimmt er das Wort «Rap» überhaupt in den Mund?
Die Antwort ist einfach: Weil Putins Staatsapparat offenbar seit Wochen gegen russische Rapper und Pop-Künstler im Land vorgeht. Der Kreml scheint den wachsenden Einfluss aus der Szene zu fürchten, die ihre Texte immer öfter auch gegen den Kreml richtet.

Aufstand einer neuen Generation

In Russland war Rap lange Zeit eine ungefährliche Angelegenheit für die Oligarchen in Moskau. So schreibt etwa das Musikmagazin «Noisey», russische Rapper seien lange Zeit wandelnden Klischees gleichgekommen: muskulöse Männer, sexistische und homophobe Texte ältester Schule, Macho-Gehabe, Putin-Fans.

In den vergangenen fünf Jahren tauchte aber eine neue Generation von Künstlern auf. Texte, Songs und Musikvideos teilten sie beim russischen Netzwerk Vkontakte und bei YouTube. Den Machos von damals setzen sie eine ordentliche Portion Chaos entgegen. Das klingt in vielen Fällen nach «Die Antwoord», kommt aber musikalisch oft noch eine ganze Nummer härter daher.

Gegen die Macho-Mentalität setzen die Künstler bewusst Androgynität. Während der Staat Homophobie befeuert, zelebrieren Russlands neue Rapper öffentlich die Queer-Kultur, alles in düsterer Goth-Atmosphäre. Einige von ihnen, wie der 25-jährige Rapper Husky, prangern in ihren Texten auch Armut, Polizeigewalt und Korruption an.

Der Staat reagiert mit Unterdrückung

Trotz der Aussagen Putins, er wolle nur lenken, sehen sich bekannte Künstler in Russland offenbar heftigen Repressionen ausgesetzt.

Hier fünf Beispiele für russische Rapper, die gerade Probleme mit dem Staat haben.

IC3PEAK

Der aktuell bekannteste Fall betrifft das Duo Nastya Kreslina and Nikolay Kostylev alias IC3PEAK. Die beiden sammeln auf YouTube Millionen von Views. Im echten Leben müssen sie ihre Auftritte offenbar im Geheimen abhalten.

Kurz zusammengefasst: Seit November seien zehn Auftritte durch die Polizei verhindert oder fast verhindert worden. Clubs, in denen IC3PEAK auftreten wollte, hätten Drohungen bekommen. Immer wieder seien Fans unter vorgeschobenen Gründen am Konzertbesuch gehindert worden. Anfang Dezember wurden Kreslina und Kostylev sogar vorrübergehend verhaftet.

Dieser offensichtlich regierungskritische Song könnte einer der Gründe dafür sein:

Wir übersetzen mal kurz: 

«Ich fülle meine Augen mit Kerosin,
Lass alles brennen, lass alles brennen; 
Ganz Russland schaut mich an,
Lass alles brennen, lass alles brennen.»
IC3PEAK – «Смерти Больше Нет»

IC3Peak bezeichnen sich selbst übrigens als «audiovisuelle Terroristen»:

Husky

Auch der oben bereits erwähnte Dmitriy Kuznetsov alias Husky wurde von den Behörden zu zwölf Tagen Haft verurteilt. Zuvor hatte sich der Rapper einem Konzertverbot widersetzt und war spontan auf ein Auto gesprungen, um ein Konzert zu improvisieren. Nach vier Tagen liess man ihn wieder frei.

Und so klingt er:

Laut «The Calvert Journal» wurde Husky ausserdem im Mai angegriffen, als er ein Musikvideo in Moskau drehen wollte.

Gone.Fludd

Die «New York Times» berichtet auch von Konzertverboten von Gone.Fludd im November. Druck sei von «jeder staatlichen Behörde gekommen, die man sich vorstellen kann», zitiert die NYT den Rapper.

Er schaut ja ein wenig aus wie 6ix9ine:

Alij

Sogar ein Rapper wie Alij, dessen Video hier unglaubliche 80 Millionen Views hat, musste eine Show in Jakutsk wegen anonymer Todesdrohungen absagen.

Egor Kreed

Ein ganz ähnlicher Fall ist Egor Kreed, der im Oktober ein Konzert wegen Todesdrohungen absagen musste. Auch ein Konzert im November fiel aus, nachdem die Behörden es als «nicht genügend vorbereitet» einstuften.

(mbi)

Ausgelassenes Feiern ist auf Russlands Strassen verboten

Video: srf

Gebt Putin Mädels und er strahlt wie ein Maienkäfer

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Gebt Putin Mädels und er strahlt wie ein Maienkäfer
Wladimir Putin beim Besuch einer berittenen Polizeieinheit in Moskau am 7. März 2019.
quelle: ap/ap / alexei nikolsky
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9 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Lowend
17.12.2018 16:40registriert Februar 2014
Dieses Russland liebe ich! Hoffentlich fegen solche kreativen Köpfe die Unterdrücker endlich weg, denn die Russen hätten es schon lange verdient, nach so vielen Jahrhunderten des staatlichen Terrors endlich mal in Friede und Freiheit leben zu dürfen!
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Juliet Bravo
17.12.2018 15:51registriert November 2016
Seit er in Dresden den Niedergang der DDR hautnah erlebte, ist er paranoid.
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Sir Konterbier
17.12.2018 17:22registriert April 2017
„Homophobe Texte ältester Schule“. Meiner Meinung nach sind die Texte der Leute aus dem Artikel „älteste Schule“ und somit viel eher der Ursprung des Raps.

Aber vielleicht ist das auch auf Russland bezogen oder ich verstehe hier etwas falsch...

Das „homophobe Macho-Gehabe“ kommt übrigens - grösstenteils - aus dem Battle-Rap, wo alles erlaubt ist.
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