Als Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine hat die Schweiz im vergangenen Jahr Sanktionen gegen Russland verhängt. So wurde Schweizer Unternehmen unter anderem der «direkte oder indirekte Import, Kauf oder die Weitergabe von russischem Gold, inklusive der Sendung in Drittländer» verboten.
Doch die Sanktionen halten Schweizer Unternehmen scheinbar nicht davon ab, in den Handel mit russischem Gold involviert zu sein, wie die Open Mineral AG mit Sitz in Zug kürzlich unter Beweis gestellt hat. Und dabei ging sogar alles mit rechten Dingen zu und her.
Denn eine Bestimmung im Schweizer Gesetz erlaubt es, dass die Tochtergesellschaften von Schweizer Unternehmen mit russischem Gold handeln dürfen – solange sie «rechtlich unabhängig» sind. Und die Open Mineral AG hat eine ebensolche Tochterfirma: die Open Mineral Ltd. mit Sitz in Abu Dhabi.
Wie aus Dokumenten hervorgeht, importierte die Open Mineral Ltd. zwischen Januar und August russisches Gold im Wert von 44 Millionen Dollar in die Vereinigten Arabischen Emirate. Diese Dokumente liegen der «Financial Times» vor und wurden vom Schweizer Rohstoffhändler als echt deklariert.
Die Open Mineral AG versicherte gegenüber der britischen Zeitung, dass sie die Vorschriften sehr ernst nehme und alle geeigneten Schritte unternommen habe, um sicherzustellen, dass die Open Mineral Ltd. nicht gegen geltendes Recht verstosse.
Zurück zu der ominösen Formulierung «rechtlich unabhängig», die sich auf Tochterunternehmen bezieht.
Das SECO erklärte, dass «rechtlich unabhängige Tochtergesellschaften von Schweizer Unternehmen im Ausland generell nicht an die schweizerischen Sanktionsbestimmungen gebunden sind». Grund dafür sei das «Territorialitätsprinzip». Das bedeutet, dass das Schweizer Recht nur für Staatsangehörige mit Wohnsitz in der Schweiz und für Unternehmen mit Sitz in der Schweiz gilt.
Das SECO will keine Auskunft zu den Bedingungen geben, unter denen Unternehmen als «rechtlich unabhängig» gelten. Gegenüber der «Financial Times» lässt es verlautbaren:
Auch auf Anfrage von watson bleibt das SECO bei dieser Antwort.
Dass es auch anders geht, zeigt die EU: Dort ist es auch Tochtergesellschaften im Ausland nicht erlaubt, mit verbotenen russischen Waren zu handeln. Alle Sanktionen der EU haben nämlich eine «Nichtumgehungsklausel» erhalten.
Die Open Mineral AG erklärt, dass die Open Mineral Ltd. ein eigenes Büro mit eigenem Direktor habe, über eigene Angestellte und eigene Bankkonten und Kreditlinien verfüge. Ausserdem seien keine Dividenden an die Schweizer Muttergesellschaft ausgeschüttet worden. Ergo arbeite die Open Mineral Ltd. «als separate Gesellschaft in der üblichen Weise».
Laut Agathe Duparc von der Rechercheplattform Public Eye wäre das SECO gut beraten, «die Verbindung zwischen den beiden Unternehmen zu prüfen, um zu verstehen, ob die rechtliche Trennung nur auf dem Papier besteht und die Entscheidungen in Wirklichkeit in der Schweiz getroffen werden».
Übrigens: Die Open Mineral AG wird vom Abu-Dhabi-Staatsfonds Mubadala unterstützt. Mubadala investierte im Jahr 2021 33 Millionen Dollar in das Schweizer Unternehmen. Mubadala lehnt laut der «Financial Times» eine Stellungnahme ab.
(oee)