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Russische Killerdrohne fliegt nur dank Schweizer Technik

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Geheimdienst-Enthüllung: Russische Killerdrohne fliegt nur dank Schweizer Technik

Eine Untersuchung des ukrainischen Geheimdienstes hat ergeben: Die gefährlichste russische Drohne «Geran-3» fliegt nur dank Schweizer Komponenten. Jetzt haben sich die Hersteller jener Teile geäussert.
01.10.2025, 11:3201.10.2025, 13:49

Die «Geran-3» steht aktuell an der Spitze des russischen Drohnen-Arsenals. Das knapp drei Meter lange und 200 Kilogramm schwere Fluggerät basiert auf der iranischen Shahed-238-Drohne und soll laut Russland eine Reichweite von bis zu 1000 Kilometer haben. Die Kamikaze-Maschine fliegt mit einem Turbostrahltriebwerk und erreicht so eine Reisegeschwindigkeit von bis zu 300–370 km/h sowie eine End- respektive Sturzfluggeschwindigkeit von bis zu 500–600 km/h. Damit ist sie zu schnell für viele Drohnenabwehrsysteme, was sie zur grossen Bedrohung macht.

russische Geran-3 Drohne
Eine russische «Geran-3»-Drohne.Bild: Screenshot X/@Wartranslated

Der ukrainische Geheimdienst GUR hat eine der Drohnen genau untersucht und dabei mindestens 50 im Ausland hergestellte Teile entdeckt – und dies trotz internationaler Sanktionen. In der Drohne werde in grossem Umfang chinesische, amerikanische, europäische und kommerzielle Mikroelektronik verbaut. Auch sieben Teile von Schweizer Herstellern wurden identifiziert.

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Das sagen die betroffenen Unternehmen

Hergestellt werden diese sieben Teilen in zwei Unternehmen: ST Microelectronics mit Sitz im Kanton Genf und U-Blox in Thalwil. Auch in anderen und älteren russischen Drohnenmodellen wurden bereits Bauteile dieser Firmen nachgewiesen.

Hauptsitz von STMicroelectronics in Plan-les-Ouates, Genf.
Der Hauptsitz von ST Microelectronics in Plan-les-Ouates. Bild: Wikimedia Commons

Laut den Geheimdienst-Enthüllungen wurden in der «Geran-3» ein Memory-Chip, vier Mikrokontroller (Mini-Computer) und ein Spannungsregler von ST Microelectronics gefunden. Von U-Blox stammte ausserdem ein Modul zum Empfang von GPS-Signalen.

Eine abgestürzte Geran-3-Drohne.
Eine abgestürzte «Geran-3».Bild: Ukrainischer Geheimdienst

Auf Anfrage von «Blick» sagte ST Microelectronics, das Unternehmen beliefere mehr als 200'000 Kunden weltweit – immer unter Einhaltung aller geltenden Handelsregeln. Seit 2022 seien zusätzliche Massnahmen in Kraft, um die gegen Russland verhängten Sanktionen zu befolgen.

«Wir haben keine Niederlassung mehr in Russland»
ST-Microelectronics-Sprecher Ronan Mulvaneyblick.ch
Die russische Drohne «Geran-3».
So wird die Drohne im russischen Staatsfernsehen präsentiert.Bild: TV Zvezda

Auch das einst an der ETH gegründete Unternehmen U-Blox will alle Verkäufe nach Russland, Weissrussland und in die von der russischen Armee besetzten Gebiete der Ukraine – unabhängig vom Verwendungszweck – unmittelbar nach dem Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 gestoppt haben, zitiert Blick den U-Blox-Sprecher Sven Etzold. Kürzlich habe das Unternehmen ausserdem beschlossen, keine Produkte mehr an Mitglieder der Eurasischen Wirtschaftsunion zu verkaufen. Es handelt sich dabei um eine Freihandelszone mit Russland, dem unter anderem Armenien, Kasachstan und Kirgisistan angehören.

Zwei der Teile, die in der Geran-3-Drohne gefunden worden sein sollen.
Zwei der Schweizer Teile, die in der Geran-3-Drohne gefunden worden sein sollen.Bild: war-sanctions.gur.gov.ua/

Laut U-Blox kommen mehrere Wege in Frage, wie die Schweizer Teile in die Drohnen gelangen könnten: Entweder wurden sie vor dem Inkraftreten der Sanktionen erworben oder sie stammen aus Lagerbeständen von Kunden, die sie nach Russland verkauften. Ebenfalls könnten sie ins Land geschmuggelt worden sein oder aus zivilen Endprodukten wie E-Scootern oder Autos aus- und in die Waffensysteme eingebaut worden sein.

Glättli und Molina lassen Erklärungen nicht gelten

Für den Zürcher Grünen-Nationalrat Balthasar Glättli sind diese Erklärungen unzureichend – er sieht die Verantwortung klar bei den betroffenen Firmen.

«Diese Firmen haben ihre Verpflichtung verletzt, dafür zu sorgen, dass ihre Güter nicht für den russischen Angriffskrieg missbraucht werden!»
Balthasar Glättliblick.ch
Balthasar Glättli, Fraktionschef der Grünen, sieht die Grundrechte in Krisenzeiten nicht genügend geschützt. (Archivbild)
Balthasar Glättli.Bild: KEYSTONE

Glättli setzt sich seit Jahren gegen Waffenverkäufe ins Ausland und für strengere Export-Regelungen ein. Britische Forscher hätten schon vor drei Jahren öffentlich gemacht, dass Schweizer Komponenten in russischen Waffen verwendet würden, so Glättli zu Blick. «2022 konnte man ja vielleicht noch sagen: alte Bestände. Niemand konnte wissen, dass Putin diesen Krieg vom Zaun reisst. Aber heute?»

Unterstützung erhält Glättli von Fabian Molina, SP-Nationalrat des Kantons Zürich. Dieser sieht die Verantwortung ausserdem beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). So sei es zentral, dass die bestehenden Sanktionen konsequent umgesetzt würden und dass Schweizer Firmen ihre Sorgfaltspflicht ernst nehmen würden, um den russischen Angriffskrieg nicht zu unterstützen. «Das Seco muss mehr tun, um die Schweizer Wirtschaft dahin zu bringen», sagt Molina zum Blick.

Nationalrat Fabian Molina, SP-ZH, spricht waehrend einem Point de Presse der SP Schweiz zum "Milliarden-Finanzdebakel" bei der Armee, am Freitag, 2. Februar 2024 im Bundeshaus in Bern. (KEYS ...
Fabian Molina.Bild: keystone

Russland könnte dank Schweizer Technik auch den Westen treffen

Russische Drohnen sind eine grosse Gefahr – nicht nur für die Ukraine. Und immer wieder werden Schweizer Bauteile darin gefunden. In den kürzlich in Polen abgeschossenen «Gebera»-Aufklärungsdrohnen wurden ebenfalls Schweizer Chips gefunden.

Vor der Uno warnte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski erst vergangene Woche vor der wachsenden Gefahr durch russischer Drohnenangriffe. Die Welt werde gerade Zeuge eines gefährlichen Drohnen-Wettrüstens, welches immer tödlichere Produkte hervorbringe. Diese könnten auch Ziele im Westen treffen, so Selenski. (lzo)

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Die beliebtesten Kommentare
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Kommissar Rizzo
01.10.2025 12:07registriert Mai 2021
Wer zu 100% verhindern möchte, dass jedwede Teile auf jedweden Umwegen nach RUS gelangen, müsste 100% Export einstellen. Und selbst dann...

Völlige Unkenntnis dieser beiden Herren.
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ELMatador
01.10.2025 12:35registriert Februar 2020
Jedes elektronische Bauteil besitzt in der Regel eine Seriennummer oder zumindest eine chargenbezogene Kennzeichnung.
Anhand dieser Merkmale lässt sich – theoretisch – zurückverfolgen, über welche Zwischenhändler oder Distributoren das Bauteil verkauft wurde und an welche Endkunden es ging.

Auf dieser Grundlage kann eine Rückverfolgung möglich sein, um Unternehmen, die solche Bauteile in kritischen Anwendungen (z. B.in deisem Fall in Russland) einsetzen oder weiterverkaufen, zu identifizieren, anzuprangern oder zu sanktionieren.
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_andreas
01.10.2025 12:21registriert April 2020
Chips von u-blox und STMicroelectronics können prinzipiell rückverfolgt werden, über ihre internen Serien-/Lotnummern. Das funktioniert gut bis zum ersten offiziellen Distributor. Für eine wirksamere Sanktionierung müssten Hersteller, Distributoren und Behörden eng zusammenarbeiten. Und das tun sie wohl nicht...
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