Die spanische Justiz hat Möglichkeiten zur Festnahme des abgesetzten katalanischen Regierungschefs Carles Puigdemont in der Schweiz sondiert. Die Schweizer Behörden wollen sich aber nicht in den Streit um Katalonien – eine interne Angelegenheit Spaniens – einmischen.
Man habe Interpol und die Schweizer Regierung um eine Einschätzung gebeten, ob Puigdemont während eines für das Wochenende angekündigten Besuchs festgenommen und ausgeliefert werden könne, erklärte die spanische Staatsanwaltschaft am Donnerstag. Ausserdem habe sie beim Obersten Gericht beantragt, Puigdemonts Pass für ungültig zu erklären.
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) erklärte, Puigdemont sei von einem Filmfestival und einem Forum für Menschenrechte für Sonntag nach Genf eingeladen. Er könne nach den Regeln der Schengen-Zone visafrei einreisen. Der Streit um Katalonien sei eine interne Angelegenheit Spaniens.
Puigdemont nimmt im Rahmen des Menschenrechts-Filmfestivals an einer Debatte mit Alt-Bundesrätin Micheline Calmy-Rey teil. Die Diskussion wird sich laut Angaben der Organisatoren um die Selbstbestimmung drehen.
Nach einem illegalen Unabhängigkeitsreferendum und einem Beschluss zur Abspaltung von Spanien war Puigdemont Ende Oktober 2017 von der Madrider Zentralregierung als katalanischer Regionalpräsident abgesetzt worden. Der Politiker und frühere Journalist setzte sich daraufhin nach Brüssel ab, um der spanischen Justiz zu entkommen. Gegen ihn wird unter anderem wegen Rebellion ermittelt.
In Brüssel ist Puigdemont vorerst sicher, denn Spanien zog voriges Jahr einen europäischen Haftbefehl gegen ihn vermutlich aufgrund geringer Erfolgschancen schon nach wenigen Tagen zurück. Im Interview mit dem Westschweizer TV-Sender RTS erklärte er, er sei immer noch der legitime Regierungschef Kataloniens.
Nach der Absetzung von Puigdemont fanden im vorigen Dezember in Katalonien regionale Neuwahlen statt, bei denen die drei für die Unabhängigkeit eintretenden Parteien wieder die absolute Mehrheit der Sitze im Parlament von Barcelona errangen. Seitdem wird zäh um die Bildung einer neuen Regierung verhandelt. (viw/sda/dpa)