Einem Schweizer Politiker geht das Erdbeben in der Türkei sehr nahe. Die Familie des kurdischstämmigen Basler SP-Nationalrats Mustafa Atici kommt aus der Erdbebenregion.
«Es ist ein grosser Schock für alle, die dort leben. Auch für meine Familie und mich», sagt er zu watson. Mehrere Verwandte seien durch das Erdbeben gestorben. Viele andere würden nun obdachlos sein und in Zelten schlafen müssen.
Deshalb fordert er die Schweiz auf, schnell zu handeln. Atici möchte, dass Schweizer ihre türkischen Verwandten vorübergehend bei sich aufnehmen können. Doch: «Ich merke, dass unsere Behörden, speziell die EDA-Mitarbeiter nicht optimal vorbereitet sind auf dieses Ereignis», sagt er.
Der Nationalrat habe von unzähligen Betroffenen erfahren, dass die Schweizer Behörden unterschiedliche Aussagen machen und den Leuten «keine Hoffnung geben» möchte. Er habe seit dem Erdbeben beinahe 1000 SMS-Nachrichten und E-Mails von verzweifelten Schweizern erhalten, die ihre Familie aus der Türkei zum Schutz vorübergehend ins Land holen wollen.
Denn der Wiederaufbau werde in der Türkei frühestens im Frühling umgesetzt, schätzt der SP-Politiker. «Diese Menschen benötigen jetzt im Winter Unterstützung. Nicht nur, dass Schweizer ihre Verwandten vorübergehend aufnehmen können, sondern auch, dass wir die Kurden und Türken, die im Land bleiben, mit humanitärer Hilfe unterstützen», sagt Atici. Aktuell ist eine Einreise für Türken jedoch nur mit einem Touristen-Visum erlaubt.
Atici erwartet deshalb eine schnelle Zusammenarbeit zwischen dem EJPD und EDA, damit diese «unbürokratische, einfache» Lösungen finden. Das Problem: Viele Betroffene haben ihre Pässe in den Trümmern verloren und die türkische Regierung sehe es nicht als Priorität, den Landsleuten die Ausreise zu vereinfachen.
Genau dieses Problem hat der Schweizer O. Ceren aus dem Kanton Baselland, der Angehörige in der Erdbebenregion hat. Er möchte die Grosseltern seiner Frau sowie seine Cousinen und Cousins für zeitweise in die Schweiz holen, bis ihre Situation geklärt sei. Doch alle Familienangehörigen hätten keine Pässe mehr. «Die sind vergraben unter den Trümmern ihrer Häuser», erklärt Ceren.
Seine Verwandtschaft habe Glück im Unglück gehabt: «Sie überlebten alle, aber schlafen nun die nächsten Wochen und Monaten in Zelten. Bei bis zu minus zehn Grad in der Nacht», sagt er. Der Schweizer möchte der Familie in der Türkei vorübergehend Schutz bieten, ihnen Wärme und ein Dach über dem Kopf ermöglichen. «Das ist das Mindeste, das sie verdient haben», sagt Ceren. Seine Verwandten hätten auch Angst vor weiteren Erdbeben.
Vom EDA ist Ceren enttäuscht: «Ich habe die Helpline angerufen und sie teilten mir mit, dass nur die Möglichkeit mit einem regulären Touristenvisum besteht. Aber in der Türkei ist alles so chaotisch momentan, dass es ewig dauert, bis man neue Papiere erhält.»
Seine ganze Familie hierzulande wolle den Verwandten aus der Türkei helfen, doch es werde «bürokratisch verunmöglicht.» Ceren zeigt sich sehr dankbar für die humanitäre Hilfe der Schweiz vor Ort. Doch auf diesem Level solle sich auch das EDA verhalten, denn es gehe womöglich um Tausende, die auf ein Visum warten.
Ebenfalls ratlos ist der 71-jährige Zürcher Ali Akyol. Er versucht gerade alles, um seine 91-jährige Mutter in die Schweiz zu holen. Von ihrer Wohnung in der verwüsteten Stadt Antakya ist seit dem Erdbeben nicht mehr viel übrig – sie selbst sei zum Glück unversehrt.
«Aktuell ist sie vorübergehend bei einem Bekannten, 15 Kilometer südlich ihres Zuhauses, untergekommen.» Doch auch seine Mutter habe Angst vor einem Nachbeben, weshalb er sie in die Schweiz holen wolle – auf unbestimmte Zeit. Denn ob ein Wiederaufbau ihrer Wohnung möglich sei, könne er noch nicht einschätzen.
Die Schweiz sei aber ohnehin das zweite Zuhause seiner Mutter. «Bis vor acht Jahren lebte sie im Kanton Zürich und hatte eine Aufenthaltsbewilligung», sagt Akyol. Diese sei aber mittlerweile abgelaufen. Ihren türkischen Pass habe sie auch nicht mehr – vergraben unter den Trümmern. «Wir können nicht warten, bis sie neue Papiere erhält. Nur schon unter normalen Umständen wartet man rund sechs Wochen auf einen neuen Pass, momentan dauert alles noch länger», erklärt Akyol.
Der 71-Jährige hat sich deshalb an das EDA gewendet, um die Situation seiner Mutter abzuklären. Die Antwort sei schnell gekommen, doch sie sei ernüchternd gewesen.
So schrieb ihm das EDA: «Das schweizerische Generalkonsulat in Istanbul ist im Moment noch in Abklärung mit den zuständigen Behörden in der Schweiz, was die Behandlung von Visagesuchen im Zusammenhang mit dem Erdbeben betrifft.» Wie lange das jedoch dauert, stehe noch offen.
Auf Anfrage von watson bestätigt das Staatssekretariat für Migration (SEM), dass Personen, die sich «in den betroffenen Gebieten» aufhalten, nach wie vor ein gültiges Visum benötigen. «Gesuche von Erdbebenopfern, deren Haus oder Wohnung durch die Erdbeben zerstört worden sind und die vorübergehend bei engen Verwandten in der Schweiz unterkommen können, werden prioritär behandelt», schreibt das SEM.
Die betroffenen Personen könnten sich via «Fast-Track-Formular» bei der Schweizer Vertretung in Istanbul melden. Um den Ansturm zu bewältigen, werde man zusätzliche Mitarbeitende in die Türkei entsenden. Damit solle sichergestellt werden, dass die Gesuche von Erdbebenopfern mit engen Verwandten in der Schweiz rasch behandelt werden können.
Zudem habe man das Ziel, denjenigen, deren Pass unter den Trümmern liegen, schnell mit Ersatz zu helfen. Die Behörde schreibt dazu: «SEM und EDA stehen in engem Kontakt mit den türkischen Behörden, um organisatorische Fragen, wie etwa die rasche Ausstellung eines Notpasses, möglichst pragmatisch zu lösen.»
Viele Gebäude stürzen ein, weil die Gebäude nicht nach Vorschriften Erdbebensicher gebaut wurden und die Behörden weg schauten…
Die ausgewanderten Walliser in Österreich verlangen nun, dass alle Walliser einwandern dürfen…
Dabei gäbe es in Argau, Thurgau, Bern etc. durchaus Platz und letztlich sind ja Behörden und Wähler irgendwie selber Schuld, dass es soweit kahm…
Türkei hingegen sollte sich eigentlich selbst helfen können…
Man muss schon sehen: Die Bevölkerung hat die Regierung gewählt, die dann weg schaute, als beim Bau der Gebäude, die Vorschriften Erdbebensicher zu bauen, nicht eingehalten wurden…
Wo is dieses Geld jetzt?
Ein Schelm wer böses denkt