Nach dem Sturz des Assad-Regimes in Syrien warnen die USA davor, dass die Terrormiliz «Islamischer Staat» («IS») das Machtvakuum im Land ausnutzen könnte. Dies könne nicht nur Syrien destabilisieren, sondern auch den internationalen Terrorismus befeuern. Darum haben die USA, die bereits zu Assads Zeiten einen Militärstützpunkt mit etwa 900 Soldaten im kurdisch gehaltenen Norden des Landes betrieben, ihren Kampf gegen den «IS» intensiviert. Im Rahmen zweier Angriffswellen wurden zuletzt etwa 75 Ziele der Dschihadisten bombardiert, berichtet die «Financial Times».
Während des syrischen Bürgerkriegs eroberte der «IS» weite Teile des Landes als Teil seines selbst ernannten «Kalifats». Dann konnte eine internationale Koalition vor allem aus kurdischen Kämpfern der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) und US-Truppen die Islamisten entscheidend schwächen und zurückdrängen. Heute kontrolliert der «IS» nur noch einige abgelegene Gegenden in der syrischen Wüste. Etwa 40'000 «IS»-Angehörige und ihre Familien sitzen derweil in Internierungslagern, die von kurdischen Einheiten bewacht werden.
Besonders ein von der SDF kontrolliertes Gefängnis in Hasaka im Nordosten des Landes ist von grosser Bedeutung, wie ein US-General der «Financial Times» berichtete. Die Sicherung dieser Einrichtung, in der etwa 9000 «IS»-Kämpfer inhaftiert sind, sei eines der zentralen Ziele für die Zukunft, so der Dschihadismus-Experte Aaron Zelin vom Washington Institute. Denn Kurden und Amerikaner fürchten schon länger, dass der «IS» einen Grossangriff auf die kurdisch kontrollierten Gefängnisse starten könnte.
Ausserhalb der kurdischen Lager sind Schätzungen der US-Armee zufolge etwa 2500 «IS»-Kämpfer in Syrien und im Irak aktiv, hauptsächlich in den Wüstenregionen beider Länder. Doch die Aktivitäten der Terrormiliz nehmen wieder zu: Im ersten Halbjahr 2024 verzeichnete die US-Armee in der Region 153 «IS»-Angriffe – etwa doppelt so viele wie im gesamten Vorjahr. Experten warnen zudem, dass die tatsächliche Bedrohung durch den «IS» unterschätzt wird, da sich die Terrorgruppe nur zu wenigen ihrer Angriffe offiziell bekennt.
Die jüngsten Aktivitäten zeigen, dass der «IS» zunehmend komplexere Operationen durchführt, darunter koordinierte Hinterhalte, gezielte Attentate und Angriffe auf Öl- und Gasanlagen sowie Kontrollpunkte. Die Gefahr, dass die Gruppe das entstandene Machtvakuum nutzt, sei daher hoch, sagte ein Sprecher der US-Armee der «Financial Times». Der US-Sicherheitsberater Jake Sullivan folgert, dass es somit «an den Vereinigten Staaten und allen anderen in der Region liegt, energisch dagegen vorzugehen».
Die amerikanischen Truppen erfüllen vor Ort eine wichtige Aufgabe, indem sie zwischen den rivalisierenden Bewegungen der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), einem von den USA unterstützten Zusammenschluss kurdisch geführter Verbände, und der Syrischen Nationalarmee (SNA), einer von der türkischen Regierung unterstützten Miliz, vermitteln. Gleichzeitig wächst die Sorge, dass ein möglicher Regierungswechsel in den USA und eine erneute Präsidentschaft von Donald Trump dazu führen könnten, dass der US-Stützpunkt in der Region geschlossen und die Truppen abgezogen werden.
Ein gänzlicher Rückzug würde die Lage der Kurden klar zu Gunsten der IS und anderer Radikaler schwächen. Das ist nicht im Interesse der USA.
Hoffentlich reichen die kognitiven Kräfte der Orange um diese Zusammenhänge zu erfassen.