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Wie Musks Entlassungen indirekt zu einer neuen Pandemie führen könnten

Ein Huhn wird aus einem Stall entnommen bei einer Uebung der Seuchenwehr des Zivilschutzes zur Vogelgrippe, am Donnerstag, 4. Mai 2023, in Glarus. Die im Rahmen der Uebung gekeulten Tiere stammen aus  ...
In den USA wurden wegen der Vogelgrippe Millionen von Hühnern gekeult (Symbolbild).Bild: keystone

Wie Elon Musks Entlassungen indirekt zu einer neuen Pandemie führen könnten

Die Gefahr, dass das Vogelgrippevirus mit der neusten Variante bald von Mensch zu Mensch springen könnte, steigt. Genau jetzt behindert die US-Regierung die Beobachtung des hochpathogenen Virus und die Forschung daran.
07.03.2025, 10:1007.03.2025, 16:54
Bruno Knellwolf / ch media
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Virologen und Epidemiologen in den USA schlagen Alarm. Das Vogelgrippe-Virus H5N1 der Variante D1.1 greift immer mehr um sich. Das Virus springt von Hühnern auf Kühe, von Kühen auf Katzen und Menschen. In den US-Staaten Nevada und Arizona mehren sich die Fälle infizierter Milchkühe und in Louisiana ist ein infizierter Mann gestorben. Die Analyse der Genomsequenzen zeigt, dass in dieser Variante eine Mutation vorkommt, welche die Ansteckung von Menschen in der Vergangenheit erleichtert hat.

Und genau jetzt kürzt die Trump-Regierung Personal und Mittel, um gegen das hochpathogene Virus vorzugehen. Expertinnen und Experten der Bundesbehörden, die in den US-Zentren für Krankheitskontrolle und -prävention (CDC) und im US-Landwirtschaftsministerium am aktuellen Ausbruch von H5N1 gearbeitet haben, sind entlassen worden. Und schon im Januar haben Bundesbehörden Berichte über die Vogelgrippe zuerst zurückgehalten. Trumps und Elon Musks Politik könnte somit einer neuen Pandemie auf die Sprünge helfen.

Denn der Moment könnte nicht ungünstiger sein. In einem US-Podcast sagt Stephanie Psaki, die sich unter Präsident Biden im Gesundheitsministerium auf die Bekämpfung von Pandemien spezialisiert hatte, die Befürchtung sei, «dass wir ein oder zwei Mutationen davon entfernt sind, dass sie sich zu einer Pandemie entwickelt, bei der es zu einer Übertragung von Mensch zu Mensch kommt».

Je mehr sich H5N1 zwischen Kühen ausbreite, desto mehr Fälle würden auch Menschen betreffen. Somit werde es immer wahrscheinlicher, dass es zu dieser Mutation kommen könnte. «Und das könnte aus einer Reihe von Gründen viel schlimmer sein als die Covid-Pandemie», sagt Psaki.

Kuh Kühe Weide
Je mehr sich H5N1 zwischen Kühen ausbreite, desto mehr Fälle würden auch Menschen betreffen.Bild: Shutterstock

Den Weg zu verhängnisvollen Mutationen und einer Pandemie ebnen könnte zudem auch die aktuelle Grippesituation in den USA. Die schlimmste Grippesaison seit 15 Jahren fordert das Gesundheitssystem stark. Zudem steigt das Risiko, dass es dem Virus gelingt, genetische Segmente zwischen Vogelgrippe und saisonaler Grippe auszutauschen. Virologen sprechen dann von einem Reassortment, das in einem doppelt infizierten Menschen oder Tier eine neue gefährliche Variante erzeugen kann.

Das wären allerdings weitere signifikante Veränderungen, die notwendig wären, wie Simon Ming vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) sagt. Grundsätzlich hänge die Ausbreitungsgeschwindigkeit eines neuen Krankheitserregers, der sich von Mensch-zu-Mensch übertrage, von dessen epidemiologischen Eigenschaften ab.

Auch der Virenanalyst Richard Neher vom Biozentrum beobachtet die Situation genau. «Bislang gibt es keine Hinweise, dass sich das Virus von Mensch zu Mensch ausgebreitet hätte. In den D1.1 Sequenzen aus Rindern ist aber eine Mutation, die eine typische Säugetier-Adaptation ist», sagt Neher. Wie hoch die Schwelle zur effizienten Mensch-zu-Mensch-Übertragung ist, sei schwer abzuschätzen.

«Ein grosser Ausbruch in Milchvieh ist aber sicher besorgniserregend - vor allem wenn die Überwachung sehr lückenhaft ist. Kommt dazu, dass D1.1 Genotyp anscheinend zu schweren Verläufen führt», sagt der Experte der Universität Basel. Solange das Virus aber nur in Milchvieh und Vögeln zirkuliere, sei das unmittelbare Risiko einer Einschleppung nach Europa gering.

Mutiertes Virus wäre nach Zoonose schnell in der Schweiz

Und wenn uns auch der Atlantik von Amerika trennt: Viren, die sich von Mensch zu Mensch übertragen, sind schnell in der Schweiz. Das hat man bei der Coronapandemie gesehen. «Bisher sind in der Schweiz noch keine Fälle von infizierten Säugetieren oder Menschen aufgetreten», sagt Sarah Camenisch vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV), welches die Vogelgrippe überwacht.

Eine Situation wie in den USA sei in der Schweiz aufgrund des geringeren Infektionsdrucks derzeit nicht zu erwarten. «Die Wahrscheinlichkeit einer Infektion mit H5N1 ist für die Allgemeinbevölkerung in der Schweiz derzeit sehr gering», sagt Ming vom BAG. Das BLV und das Institut für Virologie und Immunologie (IVI) stünden im stetigen Austausch mit ihren internationalen Partnern. «In der Schweiz laufen seit mehreren Jahren Programme, um allfällige Infektionen in Säugetieren frühzeitig zu erkennen», sagt Camenisch.

In der Schweiz hat es seit letztem November in acht Gemeinden Fälle von infizierten Wildvögeln gegeben. In Seedorf, Ermatingen, Schaffhausen, Münsterlingen, Brügg, Luzern, Murten und Bavois. Tierhaltungen sind, auch dank der geltenden Schutzmassnahmen, gemäss dem BLV bisher keine betroffen. Die obligatorischen Schutzmassnahmen in Ufergebieten sollen den Kontakt von Wildvögeln mit Hausgeflügel verhindern, zum Beispiel, indem Ausläufe überdacht und engmaschig umzäunt werden.

Schweizer H5N1-Impfstoff hat noch keine Zulassung

Das das Institut für Virologie und Immunologie hat erfolgreich in den Zoos einen Impfstoff gegen Vogelgrippe getestet, der aber noch keine Zulassung hat. Wird aufgrund der aktuellen Lage nun versucht, schneller eine Zulassung zu erhalten? «Bei dem in Zoovögel getesteten Impfstoff handelte es sich um einen experimentellen Impfstoff und daher ist das Produkt noch weit von einer Zulassung entfernt», sagt Barbara Wieland, Institutsleiterin am IVI.

Dazu brauche es zuerst die nötigen Investitionen für die Herstellung. Das IVI habe weder das Mandat noch die finanziellen Möglichkeiten, das zu realisieren. «Der am IVI entwickelte Impfstoff zeichnet sich durch einen langanhaltenden Schutz aus und bietet daher sicher eine äusserst interessante Alternative zu anderen Vogelgrippe-Impfstoffen die inzwischen erhältlich sind», sagt Wieland.

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145 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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PhilippS
07.03.2025 10:19registriert September 2016
Elon Musk und das, was er vertritt, ist eine Pandemie! An den Folgen wird die Menschheit noch lange nagen…
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Fairness
07.03.2025 10:23registriert Dezember 2018
Gar nicht gut. Wann gehen die Amis endlich auf die Strasse? Hoffentlich bevor es zu spät ist!
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tychi
07.03.2025 11:43registriert Juli 2016
Mit Trump im Weissen Haus würde ich jetzt in Pferdeentwurmungsmittel investieren, um im Falle einer Pandemie den grossen Reibach zu machen.
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