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Ukraine-Krieg: Soldaten verzweifeln – und hoffen auf Trump

Ukrainian servicemen of 24th Mechanized brigade rest after training at the polygon not far from frontline in Donetsk region, Ukraine, Tuesday, Jan. 21, 2025. (AP Photo/Evgeniy Maloletka)
Viele ukrainische Soldaten sind angesichts der schwierigen Lage desillusioniert. (Symbolbild)Bild: keystone

Ukrainische Soldaten setzen Hoffnung auf Trump – Enttäuschung über Europa wächst

13.02.2025, 14:1713.02.2025, 16:53
Anna Von Stefenelli / watson.de
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Plötzlich Krieg, hiess es vor fast drei Jahren. Der russische Machthaber Wladimir Putin liess am 23. Februar 2022 seine Soldaten in die Ukraine einmarschieren. Damals noch in dem Glauben, dass er das kleine Nachbarland in Windeseile einnehmen würde.

Das gelang ihm nicht, auch dank der massiven Gegenwehr und dank der internationalen Unterstützung für die Ukraine. Der Krieg hält noch immer an – und die Kriegsmüdigkeit ist allgegenwärtig.

Nun will US-Präsident Donald Trump bei einem Treffen mit Putin über eine Lösung für ein Ende des russischen Kriegs gegen die Ukraine sprechen. Das Treffen werde «in nicht allzu ferner Zukunft» vermutlich in Saudi-Arabien stattfinden, sagte Trump im Weissen Haus.

Und die ukrainischen Soldaten? Die hoffen, dass ausgerechnet der neue US-Präsident den Krieg beenden kann. Von Europa sind viele enttäuscht, wie ein aktueller Bericht aufzeigt.

Ukrainischer Soldat enttäuscht: Wir sind «Trottel mit den Gewehren»

An der Frontlinie im Osten der Ukraine nimmt die Erschöpfung zu. Mychajlo, ein 31-jähriger Soldat der 93. Brigade, erzählte von den Strapazen an der Front. «Die Intensität der Kämpfe hier kann sich im Westen niemand vorstellen», sagte er zu ARD Kiew, wie die deutsche Tagesschau berichtet.

Die Artillerie sei verschlissen, und er habe wenig Respekt vor Veteranen westlicher Armeen, die in Afghanistan oder Irak gekämpft haben: «Ihr hattet alle Waffen der Welt und habt gegen Trottel mit Maschinengewehren gekämpft. Aber hier sind die Trottel mit den Gewehren leider wir.»

Wie viele andere, die einst für Demokratie und Unabhängigkeit auf dem Maidan demonstrierten, ist Mychajlo heute desillusioniert. «Von was für einer Demokratie reden wir, wenn das Recht des Stärkeren gilt? Wenn internationales Recht nicht mehr funktioniert?» Er glaube nicht mehr daran, dass Europa oder der Westen der Ukraine entscheidend helfen werde.

Ukraine-Krieg: Donald Trump als Hoffnungsträger

Seine Hoffnungen setzt er nun ausgerechnet auf Donald Trump. Nicht weil der frühere und wieder amtierende US-Präsident eine kluge Strategie präsentiert hätte, sondern weil er unberechenbar ist. «Wenn du siehst, was im 21. Jahrhundert passiert – Putin sitzt einfach da und applaudiert», sagte er dem Bericht zufolge mit bitterem Lachen.

Pawlo, Kommandeur einer Drohneneinheit, teilt Mychajlos Skepsis gegenüber diplomatischen Lösungen. Der 29-Jährige hat körperliche und seelische Narben vom Krieg davongetragen. Er ist auf einem Ohr taub, seine Beine sind von Artilleriegranaten gezeichnet. «Wir müssen bewahren, was uns noch bleibt», sagte er laut «Tagesschau».

Die Armee sei nach drei Jahren ununterbrochener Kämpfe erschöpft. Neue Soldaten würden oft unter Zwang rekrutiert und schlecht ausgebildet an die Front geschickt. Viele Ukrainer:innen fürchten, dass ihr Land geschwächt in Verhandlungen mit Russland gehen muss. Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert daher Sicherheitsgarantien aus dem Westen.

Doch selbst wenn es zu einem Friedensschluss kommt, bleibt die Unsicherheit. Rostyslaw, ebenfalls Soldat, ist überzeugt: «Solange es Russland gibt, wird dieser Konflikt nicht enden.» Er macht sich Sorgen um die Zeit nach dem Krieg.

Viele Soldaten sind traumatisiert. Ihre Familien haben sich an ein Leben ohne sie gewöhnt. Rostyslaw bezweifelt, dass der Staat genug für die Reintegration der Heimkehrer tut. «Und wer wird kämpfen, wenn es in ein paar Jahren wieder losgeht?»

Trump-Verhandlungen mit Putin: Wie gut kann ein Frieden sein?

Nun steht also das persönliche Treffen zwischen Trump und Putin bevor. Die USA drängen Europa, mehr Verantwortung für die Ukraine zu übernehmen. Doch Sicherheitsexpertin Claudia Major meint, dass Europa ohne die Vereinigten Staaten kaum mehr in der Lage sei, Frieden in der Region zu sichern.

An der Front erwartet kaum noch jemand etwas von Europa. Zu schwach, zu langsam, zu zögerlich – so lautet das Urteil vieler ukrainischer Soldaten. Doch bei den Soldaten bleibt die Hoffnung, dass Trump zumindest eine Kampfpause erreicht.

Zur Wahrheit gehört aber auch: Eventuelle Friedensverhandlungen könnten aktuell zum Nachteil der Ukraine ausgehen. Trump selbst sagte, es sei unwahrscheinlich, dass das Land all sein Territorium zurückerhalten werde. Zu einer möglichen NATO-Mitgliedschaft der Ukraine sagte Trump, diese sei «nicht praktikabel».

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61 Kommentare
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JBV
13.02.2025 14:57registriert September 2021
"Wie viele andere, die einst für Demokratie und Unabhängigkeit auf dem Maidan demonstrierten, ist Mychajlo heute desillusioniert. «Von was für einer Demokratie reden wir, wenn das Recht des Stärkeren gilt? Wenn internationales Recht nicht mehr funktioniert?»"

Da hat er wohl leider recht. Ewiggestrige, wie Putin, sind wieder auf dem Vormarsch. Sie werfen internationales Recht in die Tonne und ersetzen es durch das jahrtausende alte Recht des Stärkeren. In dieser Welt wird es wieder vermehrt zwischenstaatliche Kriege geben. Leider.
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rodolofo
13.02.2025 16:30registriert Februar 2016
Putin's teuflischer Plan geht auf.
Er hat gewartet und nicht mit der Wimper gezuckt, obwohl sein Riesenreich kurz vor dem Kollaps steht.
Und der Ober-Bluffer und Kriegsverbrecher bekommt im entscheidenden Moment Hilfe von Trump, der sich weigert, die Ernte des Sieges über Russland einzufahren!
Dass die Ukrainer ihre letzten Hoffnungen auf Trump setzen, unterstreicht ihre Verzweiflung und Orientierungslosigkeit, gerade so, als würde der orange Belzebub seinen Chef, den weissen Teufel, austreiben.
Nichts dergleichen wird er tun...
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Multipolar
13.02.2025 16:27registriert September 2023
Für die Ukrainer die jetzt 3 Jahre hart gekämpft, alles eingesetzt und viel verloren haben ist es definitiv sehr enttäuschend festzustellen, dass man als Werkzeug der USA als zu teuer im Unterhalt und zu wenig effektiv eingestuft und deshalb fallengelassen wird…
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    Hunderttausende strömen in Belgrad zu Protest gegen Vucic

    Riesige Menschenmassen sind ins Zentrum der serbischen Hauptstadt Belgrad zur wahrscheinlich grössten Demonstration in der Geschichte des Balkanlandes geströmt. Hunderttausende folgten dem Demonstrationsaufruf der studentischen Protestbewegung unter dem Motto «Am 15. für die 15», berichtete der Nachrichtensender N1. Drohnenaufnahmen, die mehrere serbische Medien anfertigten, zeigten langgezogene Strassenzüge der Belgrader Innenstadt voller Menschen.

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