General Igor Kirillow, einer der ranghöchsten Offiziere der russischen Armee, ist in Moskau getötet worden. Er war für die biologische Verteidigung Russlands zuständig.
Am Morgen des 17. Dezember starb Kirillow, offiziell «Leiter der Strahlen-, chemischen und biologischen Schutztruppen des russischen Militärs», bei einer Explosion in Moskau. Die Ermittler stellten fest, dass ein Sprengsatz mit Klebeband am Griff eines Elektrorollers in der Nähe des Hauses des Generals befestigt war.
Die Bombe sei durch ein Funksignal oder einen Anruf von einem Handy gezündet worden. Bei der Explosion wurde neben General Kirillow auch sein Assistent getötet. Kirillow ist der ranghöchste russische Militäroffizier, der während des Krieges in der Ukraine im russischen Hinterland gefallen ist.
Zuvor war der ranghöchste russische Offizier, der im rückwärtigen Bereich getötet wurde, Hauptmann Walerij Trankowskij gewesen, Kommandeur der 41. Brigade von Raketenbooten der Schwarzmeerflotte. Im November war eine Bombe unter dem Boden seines Autos platziert worden.
Als Leiter der biologischen Verteidigungskräfte Russlands war Igor Kirillow ein Verfechter der Verschwörungstheorie, dass Amerika angeblich die Ukraine mit Kampfmücken versorgt, die die Bevölkerung infizieren würden. Im Juni 2022 sprach er von Biolabors in der Ukraine, in denen angeblich Mücken zur Verbreitung von Gelbfieber gezüchtet würden.
«Die USA planten, infizierte Mücken per Drohne aus der Ukraine in das entsprechende Gebiet zu bringen und sie dort aus dem Container freizulassen, um russisches Militärpersonal zu infizieren», sagte Kirillow. Später führte er den Anstieg der Vogelgrippefälle in Russland auf die Einwanderung infizierter Vögel aus der Ukraine zurück.
Ausserdem beschuldigte Kirillow die Ukraine, eine «schmutzige Bombe» bauen zu wollen, und versicherte, dass abgebrannte Kernbrennstoffe, die angeblich aus Europa zur Entsorgung in das Land eingeführt werden, zu diesem Zweck verwendet werden könnten.
Einen Tag vor Kirillows Tod machte der Sicherheitsdienst der Ukraine den General für den Einsatz von Chemiewaffen durch russische Truppen an der Ost- und Südfront gegen ukrainische Verteidiger verantwortlich. Seit Beginn des Krieges habe die Ukraine mehr als 4800 Fälle des russischen Einsatzes verbotener chemischer Munition, insbesondere K-1-Granaten mit CS- und CN-Giftstoffen, registriert.
«Ukrayinska Pravda», «BBC Russia» und Reuters zitieren eine Quelle in den Sicherheitsdiensten mit der Aussage, dass es sich bei der Ermordung Kirillows um eine spezielle Operation des Sicherheitsdienstes der Ukraine gehandelt habe. Michail Podoljak, ein Berater des Chefs des ukrainischen Präsidialamtes, bestreitet dies jedoch; er sagt, die Ukraine wende keine «Methoden terroristischen Formats» an. «Die Entscheidungen über diesen oder jenen General werden bei uns auf dem Schlachtfeld getroffen. Interne, aufgestaute Konflikte in Russland führten zum Mord an Kirillow», kommentierte Podoljak.
NEW: Video footage shared with @FT shows the assassination of Lt. Gen. Igor Kirillov and his assistant in Moscow this morning. Story here with @maxseddon https://t.co/UJ69DcJ3lr pic.twitter.com/OdQyO9JEN4
— Christopher Miller (@ChristopherJM) December 17, 2024
Der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew bezeichnete den Mord an Kirillow als «Agonie des Bandera-Regimes» und verknüpfte ihn mit den Versuchen der Ukraine, die Offensive der russischen Armee zu stoppen und Angst in der Bevölkerung zu schüren.
Russische Kriegsbefürworter forderten eine harte Antwort auf die Ermordung Kirillows. «Die Antwort auf den Terror kann nur noch mehr blutiger Terror sein», schrieb der Telegram-Kanal «Rache des guten Willens» (117'000 Abonnenten).
Der Blogger Juri Kotenok schlug vor, unter den Russen nach Verrätern zu suchen: «Feindliche Spezialdienste fühlen sich auf russischem Territorium und vor allem in der Hauptstadt und den Millionenstädten nahezu ungestraft. In Russland gibt es eine riesige Schicht von Zehn-, wenn nicht Hunderttausenden, die verdeckt für den Feind arbeiten. Es handelt sich um Sabotage, Sammlung und Weitergabe von Informationen. Diese Personen werden sowohl von westlichen als auch von ukrainischen Spezialdiensten erfolgreich rekrutiert. Unsere Spezialdienste sollten dieses Kontingent überwachen», schlug Kotenok vor.
Seit dem Beginn des Krieges in Russland gab es eine Reihe von Bombenanschlägen auf militärische oder öffentliche Persönlichkeiten, die den Krieg unterstützten. Im April 2023 wurde der «Kriegsberichterstatter» Maxim Fomin, bekannt als Wladlen Tatarski, bei einer Explosion in einem St. Petersburger Café getötet. Seine Ermordung wurde einer St. Petersburgerin, Darja Trepowa, angelastet, die den Ermittlungen zufolge im Auftrag der ukrainischen Sonderdienste gehandelt hatte.
Im Juli 2024 explodierte ein Auto in Moskau und verwundete Andrej Torgaschow, einen Offizier des Generalstabs der russischen Streitkräfte. Im November wurde Sergej Ewsjukow, der ehemalige Leiter der Kolonie Jelenowo, bei der Explosion eines Geländewagens in Donezk getötet.
Einer der bekanntesten Fälle dieser Art war der Tod der Tochter Darja des Philosophen Alexander Dugin im August 2022 bei einem Autobombenanschlag. Kiew bestritt seine Beteiligung an der Ermordung von Dugina und anderen ähnlichen Bombenanschlägen. (bzbasel.ch)