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Ukraine-Russland-Konflikt: Brand im AKW – was wir wissen

Nach dem Feuer im grössten AKW Europas – was wir wissen und was die Beteiligten sagen

04.03.2022, 07:0505.03.2022, 07:34
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Was wir wissen

⚠️ Auf dem Gelände des grössten Kraftwerk Europas ist in der Nacht ein Feuer ausgebrochen. Es liegt in der Nähe der Grossstadt Saporischschja, im Süden der Ukraine. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien wurde eingeschaltet.

⚠️ Nach Erkenntnissen der internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) gibt es bisher keine Berichte über eine erhöhte Strahlung. Die Atomaufsicht der Ukraine habe mitgeteilt, dass «keine Änderung der Strahlungswerte» gemeldet worden sei.

⚠️ Am frühen Morgen hätten Feuerwehrleute den Brand gelöscht, teilte der staatliche ukrainische Zivilschutz mit. Im Einsatz waren demnach 44 Rettungskräfte.

⚠️ Es habe beim Brand keine Toten oder Verletzten gegeben, teilte das ukrainische Innenministerium mit.

⚠️ Rund um das Gelände waren Gefechte im Gange, wie das Video einer Überwachungskamera zeigt.

Video: twitter/Zaporizka AES

⚠️ Nach Angaben der ukrainischen Behörden sei das Feuer in einem Ausbildungszentrum in der Atomanlage ausgebrochen. In dem AKW sei aktuell nur der vierte Block in Betrieb. «Wesentliche» Ausrüstungen des AKW seien nicht von dem Feuer betroffen.

⚠️ Russlands militärische Einnahme von ukrainischen Atomanlagen ist vom Lenkungsgremium der IAEA verurteilt worden. Eine entsprechende Resolution des IAEA-Gouverneursrates wurde laut Diplomaten nur von Russland und China abgelehnt.

>> Alle aktuellen Entwicklungen im Liveticker

Was die Ukraine sagt

🇺🇦 Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einem gezielten Beschuss durch russische Panzer. «Europa muss jetzt aufwachen», sagte Selenskyj in einer am Freitag auf Telegram veröffentlichten Videobotschaft. «Gerade jetzt beschiessen russische Panzer die Reaktorblöcke», sagte Selenskyj. «Da sind mit Wärmebildkameras ausgestattete Panzer. Das heisst, sie wissen, wohin sie schiessen, sie haben sich darauf vorbereitet», sagte der Staatschef. Unabhängig überprüfen liessen sich diese Aussagen zunächst nicht.

«Europa muss jetzt aufwachen», sagte Selenskyj auf Telegram

Video: watson

🇺🇦 Der ukrainische Energieminister Herman Haluschtschenko forderte ein Eingreifen der Nato. Das Atomkraftwerk werde mit Panzern und aus der Luft beschossen, schrieb er auf Facebook.

🇺🇦 Dmytro Orlow, Bürgermeister des in der Nähe liegenden Ortes Enerhodar, bezeichnet die Lage als «extrem angespannt». Auf den Strassen sei es aber ruhig, es seien keine «Ortsfremden» da. Damit meinte er offenbar russische Truppen.

Was Russland sagt

🇷🇺 Moskau hatte die IAEA informiert, dass russische Einheiten das Gebiet um das grösste ukrainische AKW unter ihre Kontrolle gebracht hätten. Aus Sicht der IAEA steht somit auch die Anlage unter russischer Kontrolle, obwohl der Betrieb durch ukrainische Mitarbeiter und unter der Aufsicht von Behörden in Kiew fortgeführt wird.

🇷🇺 Von russischer Seite aus gibt es keine Bestätigung für einen angeblichen Beschuss.

🇷🇺 Die IAEA-Resolution beruhe auf Lügen, sagte der russische Botschafter Michail Uljanow, der Russland bei den internationalen Organisationen in Wien vertritt, zu Journalisten. Russische Kräfte hätten bei Atomanlagen nie Gewalt angewendet, sondern würden diese nur schützen. «Sie greifen nicht in den Betrieb der Nuklearanlagen ein», sagte er.

🇷🇺 Der kremlnahe und vom Westen mit Sanktionen belegte russische Oligarch Oleg Deripaska mahnte Friedensverhandlungen an, um die atomare Gefahr aus der Ukraine einzudämmen. Das Land habe auf seinem Gebiet noch 15 atomare Blöcke und 3 Lager für Brennstäbe, sagte er. Er warnte vor grossen Risiken für Russland, die Ukraine und Europa, sollte es zu einem atomaren Zwischenfall kommen.

Das sind die internationalen Reaktionen

🇺🇸 US-Präsident Joe Biden forderte Russland nach einem Telefonat mit Selenskyj auf, seine militärischen Aktivitäten in dem Gebiet um das AKW einzustellen. Die russische Armee müsse Feuerwehrleuten und Rettungskräften den Zugang zu dem Gelände ermöglichen, so Biden.

🇬🇧 Durch die Kämpfe nahe des Atomkraftwerks gefährdet der russische Präsident Wladimir Putin nach Meinung des britischen Premierministers Boris Johnson ganz Europa. Die «rücksichtslosen Aktionen» von Putin «könnten nun die Sicherheit ganz Europas direkt gefährden». Johnson erklärte laut einer Mitteilung seines Amtssitzes, dass er «in den kommenden Stunden» eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates zur Lage in dem Atomkraftwerk erreichen wolle.

Der katastrophale Unfall
In der Ukraine gibt es mehrere atomare Anlagen. Im Atomkraftwerk Tschernobyl war es am 26. April 1986 zu einer der schlimmsten Katastrophen bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie gekommen. Nach der Explosion eines Reaktorblocks des Atomkraftwerks verteilte sich radioaktive Strahlung über mehrere Tage über weite Teile Europas.

(mlu/sda/dpa)

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148 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Haarspalter
04.03.2022 07:37registriert Oktober 2020
Wieso würde eine Panzerbrigade gezielt oder bewusst einen Atomreaktor beschiessen wollen und damit die ganze eigene Einheit dem Strahlentod opfern?

Wenn schon würde man hierfür Raketen oder Flugzeuge einsetzen.

Und weshalb würde man anschliessend für das Löschen des Brandes die Rettungskräfte gewähren lassen?

Klingt für mich eher nach einem ungeplanten Zwischenfall, verursacht durch junge, unerfahrene und desorientierte russische Soldaten in Putins Chaosfeldzug.
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Capsaicine
04.03.2022 08:02registriert August 2018
Früher hielt ich Putin für einen zwar eiskalten, aber überlegten und zielorientierten Strategen. Heute zweifle ich wirklich an seiner geistigen Gesundheit.
Und dann höre ich die, die der Meinung sind, das Meiste seien gefakte Berichterstattungen mit dem Ziel, Putin zu diskreditieren und Russland als aufstrebende Weltmacht zu erledigen.
Und so zweifle ich mittlerweile an meiner geistigen Gesundheit... (nach bereits 2 Jahren Covid inkl entsprechender extrem widersprüchlichen Meinungen)
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thelastpanda
04.03.2022 07:39registriert Januar 2018
Das ist doch wirklich bescheuert! Ist denen nicht klar, dass sie als direkte Nachbarn der Ukraine von einem GAU auch betroffen wären? Oder ist ihnen das einfach scheissegal, würde ja sowieso nur die Bevölkerung treffen, Putin und co sitzen derweil in ihren Atombunkern?
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