Bachmut, Awdijiwka, Robotyne, Vuhledar – seit gut einem Jahr schon sind es die immer gleichen Orte, deren Name fällt, wenn es um die Kämpfe an der Front zwischen der Ukraine und den russisch besetzten Gebieten geht. Immer wieder ist die Rede von schweren Gefechten und genauso schweren Verlusten. Aus Wladimir Putins Blitzkrieg-Traum ist ein Abnutzungskampf für Mensch und Material geworden.
Erfolgsmeldungen oder gar grössere Gebietsgewinne gab es seit dem sogenannten «Einfrieren» der Kriegsfront im Herbst 2022 kaum – auf keiner der beiden Seiten. Zwar hat Russland im letzten Mai Bachmut und in diesem Februar auch Awdijiwka einnehmen können, die Eroberung der beiden Städte hat aber vor allem symbolische, weniger militärstrategische Bedeutung.
Das zeigt die aktuelle Lage rund um Bachmut, wo sich die Front lediglich um ein paar Kilometer nach Westen verschoben hat. Ein Kartenvergleich zeigt eindrücklich, dass sich der Frontverlauf auch in anderen Gebieten, wo zuletzt schwere Kämpfe tobten, innerhalb des letzten Jahres nur marginal verändert hat.
Für Putin und seine Truppen war Bachmut zu Kriegsbeginn ein wichtiges Zwischenziel auf dem Weg zur Besetzung des gesamten Donbas. Nachdem Lyman und Isjum bei der ukrainischen Gegenoffensive in der Ostukraine im September 2022 wieder unter die Kontrolle der Ukraine geraten waren, verlor Bachmut jedoch militärstrategisch an Wert. Denn den russischen Truppen war es nicht mehr möglich, von Lyman, Isjum und Bachmut aus die Ballungsräume Kramatorsk und Slowjansk anzugreifen.
Dennoch blieb die Stadt hart umkämpft. Putin wollte mit dem Fall Bachmuts einen symbolischen Erfolg verkünden, die Ukraine die Bastion unbedingt halten. Am 23. Mai verkündeten die russischen Truppen schliesslich die komplette Einnahme der Stadt. Die Ukraine konnte im Verlauf ihrer Gegenoffensive südlich und nördlich der Stadt lediglich einige Gebiete zurückerobern.
Legende:
Gelb = Ukrainische Kontrolle
Grün = Ukrainische Rückeroberung
Rot = Russische Kontrolle seit Kriegsbeginn
Violett = Russische Kontrolle vor Kriegsbeginn
Awdijiwka ist ein Vorort der Stadt Donezk und hat laut Militärexperten nur eine geringe militärstrategische Bedeutung. Bei der russischen Offensive handle es sich vor allem um einen Entlastungsangriff, der geführt werde, um ukrainische Gegenoffensivbemühungen in der Gegend zu schwächen und zu kontern.
Ab Oktober 2023 verstärkte Russland seine Bemühungen, die Stadt einzunehmen und nahm sie unter Dauerbeschuss. Lange wehrten sich die ukrainischen Streitkräfte mit Erfolg gegen die russischen Vorstösse. Ab Mitte Januar 2024 mangelte es den Verteidigern jedoch immer mehr an Munition, sodass sie sich bis zum 18. Februar komplett aus der Stadt zurückziehen mussten.
Im Sommer 2023 startete die Ukraine ihre gross angekündigte Gegenoffensive. Ziel war es, im Süden bis zum Asowschen Meer vorzustossen, die russisch besetzten Gebiete aufzuteilen und so vom Nachschub abzuschneiden. Die ukrainischen Truppen stiessen aber auf erheblichen Widerstand und konnten lediglich beim Dorf Robotyne die erste russische Verteidigungslinie durchbrechen. Bis zur strategischen Stadt Tokmak konnte man allerdings nicht vordringen.
Trotzdem gilt Robotyne weiterhin als einer der wenigen Erfolge der ukrainischen Gegenoffensive. Doch nach der Einnahme von Awdijiwka fokussieren sich die russischen Truppen gemäss britischen Quellen wieder vermehrt auf die Südukraine. Ein Militäranalyst des Institute for International Strategic Studies (IISS) in London erwartet bei Robotyne gar die nächste grossangelegte russische Offensive.
Da die Stadt Vuhledar für Russland aufgrund ihrer Lage an der Bahnlinie zwischen der besetzten Krim und den besetzten Gebieten im Donezbecken eine grosse Bedeutung hat, konzentrierten sich dort die Kämpfe schon früh. Mehrfach versuchten die Angreifer die Stadt zu stürmen, scheiterten aber jeweils unter grossen Verlusten. Während ihrer Gegenoffensive konnten die ukrainischen Truppen die Stadt wieder komplett unter ihre Kontrolle bringen.
Wie Vuhledar ist auch Lyman ein wichtiger Strassen- und Eisenbahnknotenpunkt. Nach längerem Artilleriebeschuss durch die russischen Streitkräfte wurde die Stadt am 26. Mai 2022 vollständig eingenommen, bereits im Oktober eroberten die ukrainischen Truppen Lyman aber zurück.
Seither ist es mehr oder weniger ruhig um die strategisch wichtige Stadt. Das könnte sich aber bald ändern: Die Hauptanstrengungen der russischen Truppen in der Nordostukraine sollen sich in den kommenden Wochen auch auf die Region um Lyman konzentrieren. Einige kleine Gebietsgewinne konnten die Russen dort schon verzeichnen. Ziel ist es aber, auf einer Breite von bis zu 80 Kilometern vorzustossen, um in einem zweiten Schritt einen ganzen Frontabschnitt zu schliessen.
Ähnlich wie in Lyman ist die Situation in Kupjansk: Auch hier hat es an der Front in den letzten zwölf Monaten wenig Bewegung gegeben. Russland will aber auch hier ausnutzen, dass die Ukraine aktuell militärisch angeschlagen ist. Wie das Institute for the Study of War (ISW) diese Woche in einer Analyse schrieb, haben Moskaus Truppen die «mehrachsige Offensive» bereits gestartet.
Wie sieht es denn um die materiellen und personellen Verluste auf beiden Seiten aus? Wieviel mehr wäre möglich, wenn man die Ukraine für einige Zeit massiv unterstützen würde statt tröpfchenweise grad genug Unterstützung zu liefern, dass die Front nicht einbricht?
Und wie armselig muss dieser Stillstand denn für das ungleich "grössere" Russland aussehen?
Ja, das ist ein Abnützungskrieg, aber denn kann die Ukraine so nicht gewinnen. Und wie soll eigentlich die Öffentlichkeit hierzulande den Ernst der Lage richtig einschätzen können, wenn auf jeden einigermassen realitätsnahen Artikel zur prekären Lage drei Artikel folgen, die das dann wieder schönfärben oder von irgendwelchen die Kriegswende bringenden Wunderwaffen fabulieren?
Auch wenn die Front sich scheinbar (noch) nicht so gross bewegt: Die ukrain. Armee verblutet langsam, aber sicher schneller als diejenige Russlands!