Ein Wort wiederholt Karine Jean-Pierre immer wieder: «Substantiell» sei das Gespräch zwischen Joe Biden und Donald Trump gewesen, lässt die Sprecherin des Weissen Hauses die Journalisten am Nachmittag in Washington wissen. Trump, gleichzeitig Vorgänger und auch Nachfolger Bidens, habe eine detaillierte Liste an Fragen nach Washington mitgebracht. Fast zwei Stunden hätten die beiden darüber gesprochen, «sehr herzlich» und «sehr freundlich».
Ähnlich versöhnlich klang auch Trump: «Wir haben uns wieder kennengelernt», sagte Trump der «New York Post». Beide Männer hatten sich zuvor vor Pressevertretern im Oval Office vor einem flackernden Feuer im Kamin die Hand gereicht. Biden gratulierte Trump zu seinem Wahlsieg und versprach einen reibungslosen Übergang.
Trump sprach davon, dass Politik häufig hart sei und «keine schöne Welt». Doch das sei heute anders. Trump würde es sehr schätzen, dass Biden sich um einen Übergang bemühe, «der so reibungslos ist, wie er nur sein kann.» Lediglich Trumps Ehefrau Melanie trübte das harmonische Bild: Sie hatte eine Einladung von First Lady Jill Biden ausgeschlagen, daraufhin überreichte Jill Biden Trump einen Brief für seine Ehefrau.
Doch die harmonische Stimmung trübte sich am Nachmittag merklich ein, als Trump mehrere Personalentscheidungen für sein kommendes Kabinett zu verkündete: Der Senator von Florida, Marco Rubio, soll neuer Aussenminister werden. Die Verkündung war bereits in den vergangenen Tagen erwartet worden.
Danach sorgte Trump dann aber mit zwei weiteren Personalien für deutlich mehr Gesprächsstoff: Die ehemalige Kongressabgeordnete Tulsi Gabbard, einst Demokratin, heute Republikanerin, will Trump zur Geheimdienstkoordinatorin machen. Das Amt des Justizministers, der in den USA gleichzeitig der Generalbundesanwalt ist, soll der Abgeordnete Matt Gaetz aus Florida übernehmen.
Alle Personalien stehen im direkten Gegensatz zu Trumps versöhnlichen Worten und lassen erneut eine Politik erahnen, die mit der bisherigen Arbeit der Biden-Regierung nur wenig gemein haben dürfte.
Mit der Nominierung Rubios war schon vor mehreren Tagen gerechnet worden. «Er wird ein starker Fürsprecher für unsere Nation sein, ein wahrer Freund unserer Verbündeten und ein furchtloser Krieger, der vor unseren Gegnern niemals zurückweichen wird», hiess es am Mittwoch in einer Erklärung Trumps.
Rubio galt einst als innerparteilicher Gegner Trumps: 2016 hatte er sich neben Trump noch um das Amt des Präsidentschaftskandidaten der Republikaner beworben und sich über Wochen Schimpftiraden mit Trump geliefert. Doch davon ist schon länger keine Rede mehr.
Wie so viele Republikaner ist auch Marco Rubio politisch immer stärker auf die Linie des neu gewählten Präsidenten gewechselt, auch in der Aussenpolitik: Noch im April hatte er gegen ein milliardenschweres Unterstützungspaket für die Ukraine gestimmt. Auch sprach er bereits davon, dass die Ukraine mit Russland in Verhandlungen treten soll.
Damit ist Rubio ganz auf der Linie Trumps – und weit entfernt von dem, was die aktuelle US-Regierung zuletzt mantraartig vorgetragen hatte: Joe Biden werde bis zu seinem letzten Tag im Amt noch jeden bewilligten Dollar für die Ukraine ausgeben, hatte am Mittwoch der Nationale Sicherheitsberater Bidens, Jake Sullivan, vor Journalisten in Washington betont. Ähnlich hatte sich am Dienstag auch der scheidende US-Aussenminister Antony Blinken bei einem Besuch im Nato-Hauptquartier in Brüssel geäussert.
Für noch mehr Aufschrei im Biden-Lager und auch bei den vielen amerikanischen Verbündeten dürfte dann die Nominierung von Tulsi Gabbard gesorgt haben: Die 43-Jährige soll künftig Trump als Hauptberaterin in allen Fragen zu Geheimdiensten fungieren. Gabbard soll dem United States Intelligence Community, oder kurz: IC, vorstehen, in dem die Arbeit aller US-Geheimdienste zusammenläuft.
Gabbard steht anders als Rubio nicht nur der bisherigen Ukraine-Politik der Biden-Regierung kritisch gegenüber. Vielmehr äusserte die Politikerin in den vergangenen Jahren Positionen, die sich in Deutschland vermutlich in Parteien wie der AfD oder dem BSW wiederfinden würden.
«Dieser Krieg und dieses Leid hätten vermieden werden können, wenn die Biden-Regierung und die Nato einfach die legitimen Bedenken Russlands hinsichtlich eines möglichen Beitritts der Ukraine zur Nato berücksichtigt hätten», schrieb Gabbard etwa im Februar 2022 nach Beginn der russischen Vollinvasion in der Ukraine. Ebenfalls verbreitete Gabbard die russische Desinformation, dass die USA in der Ukraine 25 bis 30 Labore betreiben würden, in denen biologische Waffen entwickelt würden.
Trotz ihrer prorussischen Aussagen war die Politikerin nach ihrem Wechsel von den Demokraten zu den Republikanern von vielen Parteimitgliedern freundlich aufgenommen worden. Gabbard hatte im Herbst 2022 darüber geklagt, die Demokraten seien unter anderem zu weit nach links gerückt.
Für noch mehr Aufsehen sorgte dann Trumps Mitteilung, den Kongressabgeordneten Matt Gaetz zum neuen Justizminister zu machen. Gaetz werde «unsere Grenzen schützen, kriminelle Organisationen zerschlagen und den schwer erschütterten Glauben und das Vertrauen der Amerikaner in das Justizministerium wiederherstellen», schrieb Trump darin.
Die Personalie ist für Trump auch persönlich von grosser Bedeutung: Zwei Strafverfahren laufen aktuell noch auf Bundesebene gegen ihn. Es wird erwartet, dass Gaetz in seiner neuen Funktion die Prozesse einstellen wird. Und mehr noch: Trump hatte im Wahlkampf häufiger damit gedroht, als Präsident gegen seine politischen Widersacher vorgehen zu wollen. Sollte Trump dafür tatsächlich juristische Mittel einsetzen wollen, würde Gaetz in seiner Funktion als Generalstaatsanwalt eine Schlüsselrolle zukommen.
Der 42-Jährige gilt selbst in seiner eigenen Partei als Hardliner und als loyaler Vertreter des Trump-Lagers: Er ist Abtreibungsgegner, lehnt die gleichgeschlechtliche Ehe ab und stellt sich gegen die Unterstützung der Ukraine. Nach dem Sturm von Trump-Anhängern auf das Kapitol am 6. Januar 2021 hatte Gaetz ohne Belege die «Antifa» (antifaschistische Gruppen) für die Gewalt verantwortlich gemacht. Gegen Gaetz ermittelt zudem das Ethikkomitee des Repräsentantenhauses: Dem Politiker wird unter anderem illegaler Drogenkonsum, Sexualdelikte und die Veruntreuung von Wahlkampfmitteln vorgeworfen. Abgeschlossen sind die Untersuchungen bisher nicht.
Doch ob Matt Gaetz und Tulsi Gabbard tatsächlich ihre von Trump versprochenen Ämter antreten können, ist noch offen. Denn Ministerposten und auch der Koordinationsposten der Geheimdienste müssen üblicherweise vom Senat mit einfacher Mehrheit bestätigt werden. Die Republikaner hatten dort am 5. November zwar wieder die Mehrheit errungen. In der eigenen Partei ist vor allem Gaetz allerdings vielfach umstritten. Mehrere republikanische Senatoren reagierten umgehend auf Trumps Ankündigung mit Verwunderung, teilweise auch mit Ablehnung.
Verwendete Quellen:
Zu wenig. Zu spät. Es wird auch hier noch vielen Trump-Fans das Lachen im Hals stecken bleiben. Die bisherige Auswahl Trumps zeigt deutlich auf, wohin die Reise gehen soll. Wer das alles immer noch verharmlosen will habdelt fahrlässig. Und auch seine Wähler werden sich noch an viele Entäuschungen gewöhnen müssen. Geliefert wie gewählt.
Aber ja, hauptsache die Welt wird nicht untergehen.
Auch die Checks and Balances werden wohl dem grössten Stresstest seit 1787 ausgesetzt sein.
Anschnallen.
Da würde nur noch Lügenbaron George Santos fehlen...