Nach Joe Bidens Rückzug laufen bei den Demokraten die Verhandlungen darüber, wer nun für die Partei bei den Präsidentschaftswahlen im November gegen Donald Trump antreten soll.
In der Pole-Position befindet sich Vize-Präsidentin Kamala Harris, die auch von Biden Rückendeckung erhielt. Doch das ganze Prozedere ist ein wenig komplizierter, als es auf den ersten Blick vielleicht den Eindruck erweckt.
Hier sind die wichtigsten Fragen und Antworten zum nun anstehenden Verfahren bei den Demokraten:
Ja. Biden hat sich einzig als Kandidat für die Wahl im November zurückgezogen. An seinem Status als US-Präsident ändert sich damit nichts. Er verbleibt Staatsoberhaupt, bis sein gewählter Nachfolger oder seine Nachfolgerin am 20. Januar 2025 vereidigt wird.
Das ist im Grunde einfach beantwortet: Da Biden sich offen für Kamala Harris als Kandidatin aussprach, wird seine Kampagne zu jener von Harris. Aus «Biden for President» wird «Harris for President». Online wurden Spendenaufrufe und Social-Media-Konten bereits auf Harris' Namen abgeändert. Biden selbst hat bereits einen Link gepostet, dort steht in fetten Buchstaben:
Harris übernimmt damit auch das ganze Wahlkampfvehikel, zu dem 1300 Mitarbeitende und Filialen im ganzen Land gehören. Laut der New York Times ist diese Übergabe bereits angelaufen.
So hat Harris bereits mit Bidens Wahlkampfleiterinnen Jen O'Malley Dillon und Julie Chávez Rodríguez gesprochen. Diese seien entschlossen, den Wahlkampf, den sie für Biden führten, im gleichen Stil für Harris fortzusetzen.
Die aktuellen Entwicklungen im Liveticker:
Kamala Harris ist demzufolge nun Favoritin darauf, für die Demokraten bei der Wahl anzutreten. Zahlreiche namhafte Parteigrössen sicherten ihr bereits ihre Unterstützung zu. Dennoch ist die 59-Jährige nicht automatisch Kandidatin für die Partei. Denn: Im Grund war nicht einmal Biden schon offizieller demokratischer Kandidat. Zwar siegte er bei den innerparteilichen Vorwahlen in den Bundesstaaten haushoch und konnte die überwältigende Mehrheit der Delegiertenstimmen gewinnen.
Doch die aufgrund des Vorwahlergebnisses zugeteilten Stimmen der Delegierten, insgesamt sind es knapp 4700, versprechen im Grunde nur, dass sie den in den Vorwahlen siegreichen Kandidaten am offiziellen Parteitag wählen und damit ernennen werden.
Der Parteitag der Demokraten findet erst vom 19. bis 22. August in Chicago statt, die Stimmen könnten aber womöglich bereits früher digital abgegeben werden. Wie die Demokraten das genau regeln wollen, wissen sie selbst noch nicht – über ein geeignetes System wird derzeit ebenfalls diskutiert.
Am Montagmorgen haben die Demokraten bekannt gegeben, dass das parteiliche Organisationskomitee am Mittwoch um 14 Uhr (US-Zeit, 20 Uhr Schweizer Zeit) über diese und weitere Rahmenbedingungen – siehe nachstehend – debattieren wird.
Nun, da Biden sich aus dem Rennen zurückgezogen hat, steht es den Delegierten grundsätzlich frei, für wen auch immer sie stimmen möchten. Biden muss seine Delegiertenstimmen nicht «freigeben». Es gilt aber als wahrscheinlich, dass sich die Delegierten, die Biden in den Vorwahlen «versprochen» wurden, aufgrund der Prinzipien der demokratischen Partei für jene Kandidatin aussprechen, die von Biden empfohlen wird. Das wäre Kamala Harris.
Das heisst aber auch, dass trotz der Favoritenposition von Harris die Möglichkeit besteht, dass andere Kandidaten auf den Plan treten. Es gibt beispielsweise bereits Gerüchte, dass der parteilose Senator von West Virginia, Joe Manchin, sich erneut als Demokrat registrieren lassen will, um ins Rennen einzusteigen.
Manchin, falls er denn will, und andere potenzielle Kandidaten müssten aber einige Bedingungen erfüllen, um Kandidatenstatus zu erlangen. Sie müssen beispielsweise mindestens 300 Unterschriften von Delegierten aus unterschiedlichen Bundesstaaten vorweisen können.
Wie genau und bis zu welcher Frist sich Alternativkandidaten melden können, ist noch ungeklärt – die Entscheidung wird vom Vorsitzenden des Democratic National Committee (DNC), dem nationalen Organisationsgremium der Demokraten, Jaime Harrison getroffen. Das DNC hat seine Entscheidung noch nicht bekannt gegeben – das wird wie erwähnt wohl am Mittwochabend der Fall sein.
Im Grunde gleich wie der Präsidentschaftskandidat – die Delegierten geben ihre Stimme ab. In der Praxis jedoch ist es üblich, dass der gewählte Präsidentschaftskandidat seinen oder seine Vize selbst bestimmen kann und es nicht eines separaten Wahlgangs bedarf. In der Regel respektieren die Delegierten die Wahl des Präsidentschaftskandidaten. Das war so auch 2020 der Fall, als Biden Harris auserkoren hatte.
Joe Biden galt lange als unantastbar mit seinen Plänen, erneut zu kandidieren. Erst mit seiner desaströsen TV-Debatte gegen Trump wurden in und ausserhalb der Partei Stimmen laut, die ihn als nicht mehr fähig betrachteten, gegen Trump erneut zu gewinnen und dann auch das Land weiterhin noch zu regieren.
Bis zu diesem Zeitpunkt aber sammelte das demokratische Lager schon fleissig Wahlspenden für Biden. Insgesamt sollen bis Ende Juni laut CNN 240 Millionen US-Dollar zusammengekommen sein. Allein knapp 96 Millionen davon sollen in Bidens direkte Wahlkampfkasse fliessen.
Die Frage ist nun, was mit diesem Geld passiert. Viele Rechtsexperten für Wahlkampffinanzierung sind der Meinung, dass Harris das Geld, sollte sie nominiert werden, frei auf ihre Wahlkampfkonten überweisen lassen kann, weil sie bereits Teil des Biden/Harris-Tickets ist.
Einige republikanisch gefärbte Anwälte jedoch halten dem entgegen, dass Biden zuerst offizieller Kandidat – durch seine Ernennung am Parteitag – sein müsse, damit er zurücktreten und das Geld an Harris «übergeben» könne. Im Extremfall könnte es also womöglich zu einer rechtlichen Auseinandersetzung kommen, die über die Übergabe des Geldes entscheidet.
Sollte Harris nicht Kandidatin werden, sondern jemand anders, könnte Biden das Geld an das DNC überweisen. Dieses könnte dann einen anderen Kandidaten damit unterstützen – allerdings gibt es dann wiederum einige Einschränkungen.
Biden hätte keine Chance gehabt, obwohl er unglaublich viel für das Land erreicht hat.
Die Swing States werden immer als Vorwand gebracht. Evtl. überrascht uns Harris positiv.
Ein Risiko ist die ganze Charade so oder so, so kurz vor der Wahl. Wenn die Harris die volle Unterstützung und eine/n guten VP bekommt, und die „Swinger“ dennoch tatsächlich Trump/Vance wollen….tja, da könnten die Dems jede/n aufstellen, we are doomed!