Montagvormittag gegen 10 Uhr in einem Vorort von Nashville, Tennessee: Ein 28-jähriger trans Mann stürmt in eine christliche Privatschule und schiesst laut Polizeiangaben mit zwei Sturmgewehren und einer Handfeuerwaffe um sich. Drei 9-jährige Schüler und drei erwachsene Schulangestellte verlieren bei der Horrortat ihr Leben. Wenige Minuten später wird der Täter von der Polizei im Schulhaus erschossen. Laut Polizei war er selbst früher Schüler der Presbyterianer-Schule.
Es ist das dritte Gewaltverbrechen im Zusammenhang mit einer Schusswaffe innert weniger Tage in den USA: Am Wochenende waren in Little Rock, Arkansas, und Philadelphia je zwei Personen bei Massenschiessereien ums Leben gekommen.
So schlimm und aussergewöhnlich die Gewalttaten für die Opfer, deren Angehörige und für die jeweiligen Ortschaften sind – sie sind leider alltäglich. Meldungen über grössere Schiessereien sind in den USA längst zur Normalität geworden. Im Schnitt findet mehr als täglich eine Gewalttat mit Schusswaffen und mehr als drei Opfern statt.
Genau verfolgen lässt sich die blutige Spur dieser sogenannten «Mass Shootings» unter anderem im Gun Violence Archive, das täglich von einer gemeinnützigen Organisation mit Daten zu Todes- und Verletztenfällen im Zusammenhang mit Waffen aktualisiert wird. Die Zahlen sind erschreckend: Seit Anfang 2014 hat es in den USA 4171 Massenschiessereien mit 17'386 Verletzten und 4458 Toten gegeben.
Nach einer kurzen Abnahme der Shootings im Jahr 2018 und damit auch der Verletzten und Toten hat die Anzahl an Gewalttaten mit Schusswaffen in den letzten Jahren wieder deutlich zugenommen. 2021 stellten die USA mit 690 Massenschiessereien, 704 Toten und 2829 Verletzten einen traurigen Negativrekord auf, 2022 war ähnlich desaströs. Immerhin: 2023 sind die Zahlen bisher etwas tiefer als in den Vorjahren, doch auch in diesem Jahr gab es bereits 131 Massenschiessereien mit 193 Toten in den USA.
Fast täglich muss ein «Mass Shooting» nachgetragen werden, wie ein Blick auf den Kalender des letzten und des laufenden Jahres zeigt. Vor allem an den Wochenenden knallt es fast immer: Seit Januar 2022 gab es bislang nur an acht Wochenendtagen keine Massenschiesserei.
Die Bundesstaaten der Ostküste, das zeigt der Blick auf die interaktive Überblickskarte, sind von Todesfällen mit Waffengewalt stärker betroffen als die Staaten im mittleren Westen oder die an der Westküste, wobei Kalifornien eine traurige Ausnahme bildet. Meist finden die Taten in der Agglomeration oder in der Nähe des Zentrums einer Grossstadt statt, doch auch auf dem Land kommt es immer wieder zu Tragödien mit Schusswaffen.
Zwar wurden zuletzt immer wieder Appelle laut, die Waffengesetze zu verschärfen – meist nach besonders grausamen Taten wie dem Schulmassaker in der texanischen Kleinstadt Uvalde, bei dem im Mai letzten Jahres 19 Schulkinder, zwei Lehrerinnen und der Attentäter erschossen wurden.
Das Problem wird mittlerweile als «Mass Shooting Crisis» («Massenschiessereien-Krise») wahrgenommen – also nicht mehr als eine Ansammlung vieler Einzelfälle, sondern als andauerndes bedrohliches Phänomen. Doch bislang hat es keine politische Initiative geschafft, die Zahl der Waffen und deren Besitzer einzudämmen. Und eine schnelle Lösung ist in naher Zukunft nicht in Sicht, was bedeutet, dass die Meldungen über «Mass Shootings» leider alltäglich bleiben werden.