Um 8.08 Uhr in der früh verschickte der Katastrophenschutz auf Hawaii diese Push-Meldung an über eine Million Menschen – und löste Panik aus.
Die Katastrophenschutzbehörde sandte SMS-Nachrichten an die Bevölkerung, in denen vor einer anfliegenden Rakete gewarnt wird, die im Anflug auf Hawaii sei. «Dies ist keine Übung», hiess es in der Nachricht. Die Bevölkerung solle unverzüglich Schutz suchen.
Auch Fernseh- und Radiosender verbreiteten die Warnung.
Während 38 Minuten herrschte auf dem US-Inselparadies Todesangst. Denn so lange brauchte die Katastrophenschutzbehörde, um Entwarnung zu geben. «Ein Mitarbeiter hat den falschen Knopf gedrückt», erklärte der Gouverneur später lapidar. «Keine Raketenbedrohung für Hawaii», hiess es in der kargen Botschaft. Auch die US-Streitkräfte teilten mit, sie hätten keine Anzeichen für eine Raketenbedrohung.
Mehr als eine halbe Stunde voller Angst und Ungewissheit. Viele Bewohner glaubten, ihr letztes Stündlein habe nun geschlagen. Erst vor wenigen Wochen hatte Hawaii das Atom-Alarmsystem getestet. Dies als Reaktion auf das Säbelrasseln Nordkoreas.
Gouverneur David Ige entschuldigte sich bei den Bewohnern Hawaiis für den Fehler. «Das hätte nicht passieren dürfen», sagte er bei einer Medienkonferenz. Es werde daran gearbeitet, dass sich derartiges nicht wiederholen könne.
EMA-Chef Vern Miyagi versicherte ebenso wie Gouverneur Ige, dass künftig das Alarmsystem nicht mehr nur von einem einzigen Mitarbeiter aktiviert werden kann. Laut Ige brauchte es bis zur Entwarnung so lange, weil der Fehlalarm nicht automatisch zurückgenommen werden konnte.
Der Gouverneur kritisierte auch das US-weite Alarmsystem Amber, über das die Warnung verschickt wurde. Dieses müsse «professioneller» werden und Schutzvorrichtungen erhalten, um derartige Irrtümer auszuschliessen.
Die Behörden kamen unter Zugzwang, weil offenbar viele Menschen unnötig in grosse Angst versetzt wurden.
«Wir haben 15 Minuten. Und niemand weiss, wo die Rakate einschlägt. Es waren die schlimmsten Momente meines Lebens. Ich hatte Todesangst», schildert Ashly Trask ihre Gedanken nach dem Alarm zu CNN.
Die 28-jährige New Yorkerin Lauren McGowan machte gerade Ferien auf Maui, als die Warnung auf ihrem Smartphone aufblinkte. Mitarbeiter des Hotels hätten sie und andere Gäste sofort in den Keller geschickt, doch niemand habe eigentlich gewusst, «was da eigentlich vor sich geht».
Ein Video auf Twitter zeigt, wie Passanten und Studenten offenbar verängstigt auf der Strasse herumrennen. Touristen seien völlig verstört an den Stränden herumgeirrt.
Pt 2. Students at University of Hawaii at Manoa panicking after missile threat was issued pic.twitter.com/7vO0n2qndf
— Joe Walker (@_JoeWalker) January 13, 2018
Amy Pottinger sass gerade in einem Café, als die Push-Meldung auf dem Display aufploppte: «Die Leute gingen sofort unter die Tische, um Schutz zu suchen».
Der hawaiianische Politiker Matt LoPresti wurde durch den Alarm geweckt. Er sei sofort mit seiner Familie in Deckung gegangen, im bestgeschützten Raum seines Hauses – dem Bad.
«Ich sass mit meinen Kindern in der Badewanne und wir haben gebetet», erzählt LoPresti über die bangen Minuten. Ständig seien Messages von Freunden und Bekannten reingeflattert. «Ich sagte allen, sie sollen sich in Sicherheit bringen.»
Das vermeintliche Ende der Welt wollte Joshua Keoki Versola nicht nüchtern erleben. Er öffnete eine Flasche Hibiki 21, ein preisgekrönter japanischer Whisky.
«Ich leerte einige Drinks runter und wollte mich mit Stil verabschieden», sagte Versola dem Guardian.
«Der Alarm war so surreal», sagt Hea Paet zur «Huffington Post». Sie sei sofort zu ihrem Verlobten ins Haus gerannt. Sie hätten sich umarmt. «Ich liebe dich, das könnte unser Ende sein», seien ihre Worte gewesen. Dann hätten sie ihren Eltern Textnachrichten geschickt. «Falls wir es nicht schaffen. Machts gut, wir lieben euch.»
Morning in Honolulu pic.twitter.com/pN8FE7Sdk1
— Sophie Cocke (@sophiecocke) January 13, 2018
Auch die Top-Golfprofis der Welt, die sich auf Hawaii zu einem PGA-Turnier befanden, wurden von dem falschen Alarm verschreckt. US-Profi J.J. Spaun verschanzte sich im Keller seiner Hotels, wie er auf Twitter schrieb.
Und sein Landsmann John Peterson twitterte: «Mit meiner Frau, Baby und Schwiegereltern unter Matratzen in der Hotelbadewanne. Lieber Gott, bitte lass den Raketenalarm nicht echt sein». Nach der Entwarnung ergänzte Peterson seinen Tweet: «Oh Mann, wie kann man nur so auf den falschen Knopf drücken».
Präsident Donald Trump wurde über die Situation unterrichtet. «Es handelte sich um eine Übung des Bundesstaates», sagte ein Sprecher des Weissen Hauses. Trump selbst hat sich bislang noch nicht zum Malheur geäussert. Er verbringt das Wochenende auf seinem Golf-Anwesen.
Thank God the President was playing golf. pic.twitter.com/K7wPtsevGO
— Patrick Granfield (@pgranfield) January 13, 2018
Auch auf der Pazifikinsel Guam, einem US-Aussengebiet, hatte es im vergangenen August einen falschen Raketenalarm gegeben. Beide Gebiete liegen möglicherweise in Reichweite von Raketen aus Nordkorea
Ein früherer Berater von Barack Obama konnte sich einen Kommentar dazu nicht verkneifen. «Zum Glück spielte Trump Golf.» Und meint wohl damit, dass der US-Präsident womöglich einen Gegenschlag gestartet hätte ...
Almost a million and a half Americans woke up believing they and their loved ones were about to die from a nuclear attack and @realDonaldTrump says nothing because Hawaii didn't vote for him. #ShitHolePresident
— Edan Clay 🌊 (@EdanClay) January 14, 2018
Die Behörden haben nun eine Untersuchung gestartet, wie es zum Malheur kommen konnte.
Übrigens: Der entsprechende Mitarbeiter des Katastrophenschutzes hat den Fehler offenbar erst bemerkt, als er die Push-Mitteilung auf seinem Handy sah. Dies berichten US-Medien.
(amü/sda)