«Geben Sie Mr. Depp sein Leben zurück!»: Das forderten Johnny Depps Anwälte am 27. April bei ihrem Schlussplädoyer von der Jury. Und Heards Anwälte konterten ihrerseits: «In Mr. Depps Welt verlässt man Mr. Depp nicht. Wenn man es doch tut, wird er eine Kampagne der weltweiten Demütigung gegen dich starten.»
Sechs Wochen lang musste eine Jury dabei zuschauen, wie zwei Schauspieler, Millionäre und Ex-Eheleute einander Vorwürfe machten, wie unzählige Zeuginnen und Zeugen deren Aussagen belegten oder widerlegten, wie Anwältinnen mit Zahlen über angeblich entgangenen Gewinn um sich warfen – und dann musste sie sich entscheiden: Wer sagt die Wahrheit, wer lügt?
Am Ende hat sich die Jury grösstenteils auf die Seite von Depp gestellt – aber auch Heard in einigen Punkten recht gegeben. Das teilten die sieben Geschworenen der Richterin Penney Azcarate am 1. Juni vor Gericht im Bezirk Fairfax im US-Bundesstaat Virginia mit. Zuvor hatte sich die Verkündung des Urteils verzögert, weil die Jury den von ihr als angemessen betrachteten Schadenersatz nicht auf dem entsprechenden Formular eingetragen hatte.
Depp verklagte Heard wegen Verleumdung auf 50 Millionen, Heard klagte zurück auf 100 Millionen, ebenfalls wegen Verleumdung. Am Ende lief es vor allem darauf hinaus, wem die Jurymitglieder (eher) glaubten, Opfer von häuslicher Gewalt geworden zu sein. Dann nämlich wären die jeweiligen Aussagen nicht verleumderisch, weil sie im Grunde genommen die Wahrheit sagten.
Dem Urteil vorausgegangen sind sechs verrückte Wochen. Schauen wir hier nochmal zurück auf diesen spektakulären Prozess – und was uns davon wohl am meisten im Gedächtnis bleiben wird.
Sowohl Johnny Depp als auch Amber Heard berichteten während ihren Aussagen vor Gericht von ihrer Kindheit. Besonders Depp gab intime Details dazu: Er erzählte von einer übergriffigen Mutter, die ihre Kinder und den Ehemann sowohl psychisch als auch physisch misshandelte. Christi Dembrowski, Johnny Depps Schwester und einstweilige Managerin, war die erste Zeugin auf dem Zeugenstand nach Johnny Depp. Sie bestätigte Depps Darstellung der Familienverhältnisse.
Ebenso offen sprach er über seine Drogenprobleme: Schon als Kind begann er, die «Nervenpillen» seiner Mutter zu nehmen. Mit dreizehn habe er bereits jegliche Drogen ausprobiert. Seither habe er immer wieder Phasen des Entzugs gehabt.
Auch Amber Heard erzählte der Jury (und der Öffentlichkeit) von einer schweren Kindheit. Ihr Vater sei gewalttätig gegenüber ihrer Mutter gewesen und hätte sein Leben lang ein Alkohol- und Drogenproblem gehabt. Sie habe so viel Zeit wie möglich ausserhalb des Elternhauses verbracht.
Unschön werden der Jury unter anderem die Auszüge aus Depps Textnachrichten in Erinnerung bleiben, die zum Teil von Heards Anwälten vorgelesen wurden. «Lasst sie uns ertränken, bevor wir sie verbrennen. Ich werde ihren verbrannten Leichnam f***en, um sicherzugehen, dass sie tot ist» – Textnachrichten wie solche hatte Depp unter anderem seinem Freund Paul Bettany, ebenfalls Schauspieler, geschickt.
Eine weitere Tirade Depps ging an Isaac Baruch, langjähriger Freund des Klägers und ebenfalls Zeuge im Prozess: «Hoffentlich verwest die Leiche dieser Schl**** im Kofferraum eines verf****en Honda Civic!!!».
Im Kreuzverhör damit konfrontiert, antwortete der Schauspieler, dass ihm die vorgelesenen Schimpftiraden und Beleidigungen leidtun und «peinlich» seien. Er benutze oft «schwarzen Humor», um sich auszudrücken. Einige der Texte stammten aus Stücken der britischen Komikergruppe «Monty Python», die von Verbrennen und Ertrinken von Hexen handelten, so Depp. Er habe mit seinen Freunden nur «herumgealbert». Er räumt aber ein, dass er auf seine Wortwahl nicht stolz sei. Es sei sein «respektloser und abstrakter Humor».
In der dritten Prozesswoche beschreibt die Schauspielerin der Jury den physischen und psychischen Missbrauch, den sie durch Depp erlitten haben soll.
Johnny Depp habe sie laufend und wiederholt geschlagen. Dazu gehören folgende von Heard beschriebene Ereignisse:
Bei der Schilderung dieser Vorfälle musste Heard immer wieder weinen. Ihr Verhalten löste daraufhin eine grosse Kontroverse aus, viele Zuschauer warfen Heard vor, dabei geschauspielert zu haben. Ausserdem äusserten sich auf diversen TV-Kanälen Expertinnen und Experten für Körpersprache, die aufgrund ihrer Analysen von Heards Gebärden und Gesichtsausdrücken der Meinung waren, die Schauspielerin erzähle nicht die Wahrheit.
Sowohl Heard als auch Depp hatten zwei Psychologinnen in ihrer Zeugenliste, die den Zeugenstand betraten. Beide hatten zuvor Zeit mit Amber Heard verbracht, um ihren psychischen Zustand zu evaluieren.
Dr. Curry, Zeugin im Team Depp, diagnostizierte Heard dabei eine histrionische sowie eine Borderline-Persönlichkeitsstörung. Sie erklärte, dass diese Störung ein «prädiktiver Faktor» bei Frauen sei, die Gewalt gegen ihren Partner ausüben. Ihre Tests hätten ausserdem ergeben, dass Heard nicht – wie von ihr behauptet – an einer posttraumatischen Belastungsstörung leide.
Dieser Analyse widersprach hingegen Dr. Dawn Hughes, Psychologin im Team Heard. Hughes bescheinigte Amber Heard eine posttraumatische Belastungsstörung, ausgelöst durch den von Heard angegebenen Missbrauch durch Johnny Depp. Heard leide nicht an einer Persönlichkeitsstörung, so die Psychologin.
Das von vielen Beteiligten im Gericht als «Australien-Vorfall» («Australia-Incident») bezeichnete Ereignis beschreibt einige Tage im März 2015, als Heard ihren Ehemann in Australien besuchte. Sie hatte gerade den Film «The Danish Girl» abgedreht, er war inmitten der Dreharbeiten zu «Pirates of the Caribbean 5». Die beiden hatten einen Monat zuvor geheiratet und sich danach nicht gesehen.
Um den Vorfall ranken sich zwei ziemlich unterschiedliche Theorien. Fest steht, dass Johnny Depp während diesen Tagen die Spitze seines Mittelfingers verlor und sich dafür im Krankenhaus behandeln liess. Das Haus, in dem der Schauspieler sich verletzte, zeugte von Szenen der Verwüstung: eingeschlagene Wände, zerbrochene Fenster und zerbrochenes Glas, ein zersplitterter Fernseher mit einer Kaffeetasse darin, wirre Schriftzüge auf den Badezimmerspiegeln, kaputte Lampen und eine zusammengebrochene Tischtennisplatte. Diese Szenerie wurde von mehreren Augenzeugen bestätigt.
Wie es dazu kam, ist eine der grossen Kontroversen in diesem Fall: Depp sagt, die beiden hätten gestritten. Während des Streits sei Amber Heard – nicht zum ersten Mal – in Rage geraten und hätte mit Alkoholflaschen um sich geworfen. Eine Wodkaflasche sei dabei auf Johnny Depps auf der Bar ruhende Hand getroffen, worauf sein Mittelfinger so stark verletzt wurde, dass dessen Spitze abgetrennt worden sei. Er habe im Spital über diesen Hergang gelogen, um Amber Heard und ihre Beziehung vor der Presse zu schützen.
Amber Heard erzählt die Geschichte anders: Johnny Depp sei derjenige gewesen, der – nicht zum ersten Mal – ausgerastet sei. Auch dieser Streit verlief nach einem von Heard wiederholt beschriebenen Muster: Ein betrunkener Depp, der ihre Treue infrage stellt und sie beschuldigt, eine Affäre mit einem Co-Star zu haben, und der Streit eskaliert zu Gewalt.
Die Tage in Australien schienen allerdings besonders brutal zu sein: Heard erzählte den Geschworenen, dass sie in einer Nacht der wilden Kämpfe geschlagen, gewürgt und mit einer Flasche penetriert worden sei.
Während es keine eindeutigen Beweise für beide Versionen gibt, so scheinen zumindest die Zeugenaussagen eher Depps Version zuzustimmen: Mehrere Zeugen bekräftigen, am nächsten Tag keine Verletzungen an Heard gesehen zu haben (mit Ausnahme von dünnen Kratzern an ihrem Arm, die laut Zeugen eher selbst zugefügten Verletzungen glichen).
Stattdessen habe sie sich – entgegen den Empfehlungen von Mitarbeitenden – geweigert, nach Hause zu fliegen und wiederholt gerufen: «Ich kann nicht gehen, es wird das Ende sein, wenn ich jetzt gehe.»
Auch wenn Johnny Depp derjenige ist, der Beweise erbringen muss, ist es zentral für das Team von Amber Heard, die angeblichen Übergriffe der Jury beweisen zu können. Ein wichtiger Punkt dabei sind Zeichen von Heards Verletzungen, die sie erlitten haben soll.
Während es zwar Fotos gibt, auf denen die Schauspielerin im Gesicht sichtlich verletzt zu sehen ist, so konnte das Team von Depp darlegen, dass Heard an den darauffolgenden Tagen jeweils scheinbar unversehrt gewesen ist. Um das zu zeigen, wurden Videos und Fotos von öffentlichen Auftritten herbeigezogen.
Das Anwaltsteam um Amber Heard kam dieser Darstellung während seines Eröffnungsstatements mit der Behauptung entgegen, Heard habe ihre Verletzungen im Gesicht stets mit Make-Up abgedeckt. Um das zu beweisen, zeigte deren Anwältin der Jury ein Make-Up-Kit: Genau dieses habe das Opfer jeweils benutzt.
Daraufhin hat sich allerdings die Herstellerin, Milani Cosmetics, mit einem Tiktok-Video an die Öffentlichkeit gewandt: Es könne nicht sein, dass dieses Produkt verwendet wurde, da es erst 2017 auf den Markt kam – Heards und Depps Ehe endete 2016.
Später im Prozess adressierten Heard und ihre Anwältin diese Theorie: Es sei nicht «exakt das» gewesen, das sie während ihrer Beziehung mit Depp mit sich trug. «Das ist es, wovon ich spreche, ein Farbkorrektur-Set», sagte Heard. «Das ist natürlich nicht genau das, was ich immer dabei hatte. Aber ich hatte es immer bei mir.»
Eines der vielen Dinge, die die Öffentlichkeit an diesem Prozess erstaunten, war der offene Umgang beider Berühmtheiten mit ihrem Drogenmissbrauch. Depp ist während der Beziehung – und abgesehen von Perioden der Abstinenz – vor allem dem Alkohol, Marihuana und Opiaten verfallen. Heard nahm «bis zu zwei Flaschen Rotwein pro Tag» (sagen Zeugen, Heard selbst bestreitet dies) und gelegentlich halluzinogene Pilze sowie Ecstasy zu sich (laut eigenen Aussagen).
Obwohl beide – wenn auch in eher abgeschwächter Version – relativ offen mit ihrem Alkohol- und Drogenkonsum umgingen, versuchte das jeweils gegnerische Anwaltsteam dennoch, die andere Seite damit zu diskreditieren. Das führte bisweilen zu skurrilen Szenen vor Gericht, die auch Pikantes über andere Promis verrieten.
Auf die Frage von Heards Anwalt, ob Paul Bettany (ein Schauspielkollege von Depp) ein «guter Freund» sei, «mit dem Sie Drogen genommen haben», bestätigte Depp «ja», nachdem er bemerkt hatte: «Das ist eine seltsame Frage. Paul Bettany ist ein guter Freund, ja.» Als er später gefragt wurde, ob er mit dem Musiker Manson Drogen wie Kokain genommen habe, sagte Depp: «Wir haben vielleicht ein paar Mal zusammen Kokain genommen», und: «Ich habe Marilyn Manson einmal eine Pille gegeben, damit er aufhört, so viel zu reden.»
Und als er mit einem Foto von einem Glas Whiskey und Kokain konfrontiert wurde, und der Anwalt ihn fragte, ob er Whiskey bereits morgens trinken würde, sagte Depp: «Ist Happy Hour nicht der ganze Tag?»
Mitunter am meisten geschadet haben Heards Fall wohl die vielen Audioaufnahmen, die während des Prozesses immer wieder abgespielt wurden. Dabei kriegte die Jury ein Ehepaar zu hören, das sich gegenseitig anschrie und wüste Beleidigungen an den Kopf warf.
Obschon die Aufnahmen auf beide kein gutes Licht warfen, so waren sie verheerender für Heard, passten sie doch meistens nicht in das Bild des Opfers, das ihr Team zu zeichnen bemüht war. Denn sie zeigen nicht nur Amber Heard, die öfters verbal die Aggressorin ist, sie sind auch Beweis dafür, dass sie gegen Depp auch tätlich geworden ist. So sagte sie in einer Sequenz, sie könne ihm nicht versprechen, nicht wieder physisch zu werden. «Ich werde so wütend, dass ich ausraste», so Heard.
Ausserdem untermauern die Tonaufnahmen oft das Narrativ Depps, wonach er bei einem eskalierenden Streit Abstand suchen wollte, Heard ihn aber nicht gehen liess. Die Aufnahme mit der wohl grössten Resonanz war diejenige, in der Amber Heard Johnny Depp ironisch vorschlägt, sich als Opfer von häuslicher Gewalt an die Öffentlichkeit zu wenden:
Viele der Audioaufnahmen wurden im Bewusstsein beider Beteiligten aufgenommen. Sie hätten manchmal ihre Diskussionen aufgezeichnet, damit später niemand behaupten könne, etwas nie gesagt zu haben, so Depp. Allerdings gibt es auch mindestens eine Tonaufnahme sowie ein Video von Depp, der sich Wein einschenkt und auf einen Küchenschrank einschlägt, die laut ihm «illegal» und ohne sein Wissen aufgezeichnet wurden.
Diese Geschichte ging um die Welt, auch wenn sie bereits im Zuge des Prozesses in London zum Vorschein kam: Johnny Depp warf Amber Heard vor, sich auf seiner Seite des gemeinsamen Betts erleichtert zu haben, als dieser ausser Haus war. Er behauptete, sie habe dies danach den beiden Hunden zuschieben wollen. «Ich habe viele Jahre mit diesen Hunden gelebt. Das kam nicht von einem Hund», sagte Depp im Zeugenstand.
Der Chauffeur von Depp, ein Zeuge von ihm, sagte vor Gericht dazu Folgendes aus: Während er Heard nach dem Vorfall im Auto zum Coachella-Festival fuhr, hatten die beiden «ein Gespräch über die Überraschung, die sie in [Depps] Bett hinterlassen hatte.» Heard habe es dabei einen «schrecklichen Scherz, der schiefgegangen ist», genannt.
Heard bestritt dies jedoch. Sie sagte aus, dass einer ihrer Hunde «Probleme mit der Darmkontrolle» hatte, (was später mehrere Zeugen bestätigten) und sagte, dass sie und ihre Freunde das nicht als Scherz gemacht hätten.
«Sie wissen genau, weshalb Mr. Depp Ihnen nicht in die Augen schaut, oder?» So begann Camille Vasquez, Depps Anwältin, das Kreuzverhör von Amber Heard. Johnny Depp habe sein Versprechen gehalten, dass sie, Amber Heard, niemals wieder seine Augen sehen würde, so Vasquez. Dazu spielte sie eine Audioaufnahme von 2016, in der Depp diesen Satz gegenüber Heard äussert.
Die Aufnahme datiert von 2016, als die Noch-Ehe-Leute sich in einem Hotel trafen, kurz nachdem Heard ihn öffentlich der häuslichen Gewalt beschuldigte. «Er hat sein Versprechen gehalten, nicht wahr?», fragte Vasquez daraufhin. Heard antwortete: «Soweit ich weiss, kann er mich nicht anschauen.»
In einer Nachbefragung von ihrer eigenen Anwältin gefragt, weshalb Johnny Depp ihr ihrer Meinung nach nicht in die Augen sehen könne, antwortete Heard: «Weil er schuldig ist, er weiss, dass er lügt – warum kann er mich sonst nicht ansehen? Ich habe diesen Mann überlebt, ich bin hier, und ich kann ihn ansehen.» Tatsächlich hat Heard selbst Johnny Depp während dessen Aussagen im Zeugenstand meistens direkt angeschaut.
«Depp vs. Heard» wurde nach drei Prozesswochen für eine Woche unterbrochen. Beide Parteien äusserten sich während dieses Unterbruchs. So gab ein Sprecher von Depp eine Erklärung ab, in der er Heards emotionale Aussagen untergrub: Heard habe «in der Tat die Vorstellung ihres Lebens geliefert», ihre Geschichten enthielten «immer wieder neue und für sie ‹bequeme› Details». Depps Erinnerungen hingegen seien «in den sechs schmerzhaften Jahren seit ihren ersten Anschuldigungen genau die gleichen geblieben».
Als Reaktion darauf gab ein Sprecher von Heard eine eigene Erklärung ab: Depps Verleumdungsklage falle so schnell auseinander, «dass seine Anwälte vom Ankläger zum Verfolger werden». Sie kritisierten den Ansatz seines Teams, «das Opfer anzugreifen und sich zu weigern, die Verantwortung für sein eigenes Verhalten zu übernehmen».
Heards Sprecher sagte auch, Depps «panisches» Anwaltsteam versuche, mit allen Mitteln zu vermeiden, dass zwingende Beweise und Fotos vorgelegt werden. Er nannte Johnny Depps Verhalten im Gerichtssaal «erbärmlich».
Für Aufsehen sorgte in der Halbzeit-Pause ausserdem Amber Heards Entscheidung, in der Mitte des Prozesses ihr PR-Team zu wechseln.
Bei der Präsentation der Beweislage durch das Anwaltsteam von Amber Heard fielen folgende Bilder auf:
Sie zeigen zweimal ein Bild von Heard mit Verletzungen im Gesicht. Bei ihrer Befragung behauptete die Schauspielerin, es handle sich dabei um zwei unterschiedliche Aufnahmen.
Das liessen Depps Anwälte nicht auf sich sitzen: Die Bilder seien identisch und das eine im Nachhinein so bearbeitet worden, dass die Rötung im Gesicht stärker zum Vorschein käme. Amber Heard verneinte: Für das zweite Bild habe sie sich in günstigeres Licht begeben, damit man die Verletzungen besser sehen könne.
Vom sogenannten «staircase incident» gibt es gleich mehrere Versionen. Die Version Depps: Amber Heard hat Johnny Depp ins Gesicht geschlagen. Dieser Schlag wurde vor Gericht bezeugt durch Depps Bodyguard, der an die Szene oben an einer Treppe heranlief.
Heard gibt zwar zu, Depp geschlagen zu haben, ihre Version ist aber eine andere: Sie habe ihre Schwester Whitney, die auch dabei war, vor einem Angriff Depps zu schützen versucht und schlug ihm deshalb ins Gesicht. Whitney Henriquez bestätigte zu einem späteren Zeitpunkt die Version ihrer Schwester.
Der «Staircase-Incident» hat ausserdem in der letzten Prozesswoche noch einmal Aufsehen erregt, weil Depps Ex-Freundin, Model Kate Moss, dazu befragt wurde. Heard hatte zuvor das Gerücht in die Welt gesetzt, Moss sei während ihrer Beziehung mit Depp von ihm die Treppe runtergestossen worden. Das Model bestritt das vor Gericht.
Viele, die den Star-Prozess in den letzten sechs Wochen verfolgten, lernten nicht nur viel über das Leben von zwei berühmten Menschen, sondern auch über die Regeln und Eigenheiten eines amerikanischen Zivilprozesses.
Was besonders auffiel: Wie oft die Anwälte und Anwältinnen die Fragen der jeweils anderen Partei mit einem Einspruch (Englisch: «objection») zu verhindern versuchten. Johnny Depp schien dabei schnell dazuzulernen: Er sorgte für Lacher im Saal, als er selbst auf den «objection!»-Ruf spekulierte, bevor er seine Antworten gab.
Eine Expertin erklärte den Zuschauerinnen und Zuschauern bei «Court TV», das sei auch eine wichtige Taktik unter Anwälten: Wer mehr Einsprüche gutgeheissen kriegt, der wirkt glaubwürdiger vor der Jury.
Amber Heard erregte im Kreuzverhör für Aufsehen (und teilweise Belustigung in den sozialen Medien), als sie erklären musste, weshalb sie die sieben Millionen Dollar, die sie von Johnny Depp nach der Scheidung erhielt, nicht wie von ihr versprochen gespendet hatte. Dabei gab Heard mitunter zur Antwort, sie brauche die Wörter «zusichern» und «spenden» als Synonyme. Das liess Depps Anwältin nicht gelten:
Die sechs Prozess-Wochen dürften neben Johnny Depp und Amber Heard noch weitere Bekanntheiten hervorgebracht haben: die Anwälte und Anwältinnen der beiden. Auf den sozialen Medien kennen die User mittlerweile die Vor- und Nachnamen der meisten.
Camille Vasquez’s cross examination of Amber Heard will be studied by law students for generations to come #DeppVsHeard #DeppHeardTrial pic.twitter.com/wmkqzp1dbS
— Reina (@Susieisok) May 16, 2022
Über Camille Vasquez, die Anwältin von Johnny Depp, wurde besonders viel geredet. Ihr wurde bescheinigt, ein ausgezeichnetes Kreuzverhör von Amber Heard geführt zu haben.
Neben ihrer Leistung fielen Depps Anwälte ausserdem damit auf, dass sie sehr gut mit dem Schauspieler auszukommen schienen. Im Falle von Vasquez gar so gut, dass den beiden bereits eine Affäre angedichtet wurde. Sie selbst hat sich dazu nicht geäussert, als sie vor dem Gerichtsgebäude dazu befragt wurde. Eine ihr nahestehende Quelle dementierte allerdings die Gerüchte: Vasquez sei seit Kurzem verheiratet und die gute Beziehung zu Johnny Depp sei rein beruflich.
Meine beste Freundin hatte genau so eine Mutter, die ihren Vater, sie und ihren Bruder, jahrelang geschlagen hat. Der Vater hat sich nie gewehrt. Nie um Hilfe gefragt. Erst als meine Freundin, weil im Gymi, mit dem Radiogerät von Mutter verprügelt wurde, hat ihr die Schule geholfen. Vor Gericht bekam sie die Vollmacht, ihre Mutter in die psychiatrische Anstalt zu schicken, sobald sie wieder aggressiv wurde. Ihre Mutter hatte Borderline-Störung. Der Vater blieb und pflegte die Mutter bis zum letzten Tag.