Als Donald Trump kürzlich gefragt wurde, was er denn von seinem Parteifreund Mitch McConnell halte, da sagte der republikanische Präsidentschaftskandidat: «Ich weiss nicht, ob ich mit ihm zusammenarbeiten kann.» McConnell, Fraktionsvorsitzender der Republikaner im Senat seit 2007, habe sich viel zu häufig von den Demokraten über den Tisch ziehen lassen. So stimmte McConnell kürzlich für ein weiteres Ukraine-Hilfspaket, obwohl eine Mehrheit seiner Fraktion dagegen war.
Nun zeigt sich: Sollte Trump im kommenden Januar erneut ins Weisse Haus einziehen, wird er McConnell ignorieren können. Denn am Mittwoch gab der 82 Jahre alte Senator aus Kentucky seinen Rückzug als Fraktionsvorsitzender bekannt. In einer überraschend angesetzten Rede sagte der Republikaner sinngemäss, nach der nächsten Parlamentswahl im November sei die Zeit für einen Generationswechsel gekommen.
Über Trump, mit dem er seit mehr als drei Jahren nicht mehr direkt gesprochen haben soll, verlor McConnell kein Wort. Stattdessen erwähnte der Republikaner, der 1984 erstmals zum Senator gewählt worden war und sich in seiner siebten Amtsdauer befindet, sein grosses politisches Vorbild Ronald Reagan mehrmals.
Das war kein Zufall, weil der begabte politische Taktierer McConnell nichts dem Zufall überlässt. (Oder zumindest beim politischen Gegner den Eindruck erweckt, er überlasse nichts dem Zufall.) Vielleicht ein letztes Mal rief McConnell die Ideale der alten Republikanischen Partei in Erinnerung, die gerade in der Sicherheitspolitik einen konservativeren Kurs steuerte. Zuletzt schien der Senator stolz darauf zu sein, dass der Senat eine letzte Bastion der Kräfte war, die Trumps republikanischer Kurskorrektur im Wege standen.
Das will natürlich nicht heissen, dass McConnell ein Freund der Demokraten war. Viele linke Senatoren werden ihm die Obstruktion während der Präsidentschaft von Barack Obama nie verzeihen. So blockierte er 2016 die Bestätigung eines neuen Richters am Supreme Court und brach damit parlamentarische Traditionen.
Sein Nachfolger aber wird noch kantiger politisieren, da gibt es in Washington eigentlich keine Zweifel. Ambitionen werden in der Hauptstadt den Senatoren John Thune, 63, aus South Dakota, seit 2019 der Stellvertreter von McConnell, und John Barrasso, 71, aus Wyoming nachgesagt. Barrasso ist die Nummer 3 in der Fraktionsführung.
Im Rennen soll sich auch John Cornyn, 72, aus Texas befinden. Cornyn amtierte von 2013 bis 2019 als Stellvertreter von McConnell. (Thune, Barrasso und Cornyn werden in Washington häufig auch «die drei Johns» genannt.) Kandidieren wird wohl auch Rick Scott, 71, aus Florida, der McConnell nach der Wahl 2022 herausgefordert hatte.
Allen vier Anwärtern ist gemein, dass sie Trump nahestehen und einen Wahlaufruf zugunsten des Ex-Präsidenten und Präsidentschaftskandidaten abgegeben haben. McConnell hingegen hat sich bisher noch nicht zur Wahl 2024 geäussert, obwohl in Washington Gerüchte über ein «endorsement» kursieren. Aufgrund der komplizierten Beziehung zwischen den beiden Politikern – Trump hatte in den vergangenen Jahren auch die Gattin von McConnell, die ehemalige Verkehrsministerin Elaine Chao, immer wieder scharf angegriffen – wurde dieser Wahlaufruf aber bisher noch nicht publiziert. (aargauerzeitung.ch)