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Historisches Urteil – Gericht schliesst Donald Trump von Vorwahlen aus

Gericht schliesst Donald Trump von Vorwahlen aus – selbst Demokraten sind überrascht

Der republikanische Präsidentschaftskandidat wird mit Hilfe eines alten Verfassungsartikels in einem US-Bundesstaat von der Wahl 2024 ausgeschlossen. Donald Trump will das nicht auf sich sitzen lassen.
20.12.2023, 06:1720.12.2023, 06:43
Renzo Ruf, Washington / ch media
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Former President Donald Trump speaks during a commit to caucus rally, Tuesday, Dec. 19, 2023, in Waterloo, Iowa. (AP Photo/Charlie Neibergall)
Donald TrumpBild: keystone

Mit Empörung haben führende Republikaner am Dienstag auf ein Urteil des höchsten Gerichts im US-Bundesstaat Colorado reagiert, das Donald Trump von den Wahlen im nächsten Jahr disqualifizieren würde. So sprach Speaker Mike Johnson, der Vorsitzende des Repräsentantenhauses in Washington, von einer «kaum verhüllten parteipolitisch motivierten Attacke». Und Nikki Haley, vielleicht die schärfste Kontrahentin von Trump, sagte: «Wir brauchen keine Richter, um diese Entscheidungen zu treffen. Wir brauchen Wähler, um diese Entscheidungen zu treffen.»

Trump selbst allerdings äusserte sich vorerst nicht zum Wahlverbot, das die Richter des westlichen Bundesstaates mit 4 zu 3 Stimmen beschlossen hatten. Während eines vergleichsweisen kurzen Auftrittes in Iowa ging der Präsidentschaftskandidat mit keinem Wort auf das Urteil ein. (Stattdessen hetzte Trump erneut gegen Migranten, die «das Blut unseres Landes vergiften».) Sein Wahlkampfstab kündigte derweil in einer schriftlichen Stellungnahme an, das höchste Gericht des Landes anzurufen.

Verfassungszusatz aus dem Jahr 1868

Im Zentrum des Urteils in Colorado, einem veritablen juristischen Donnerschlag, steht der dritte Absatz des 14. Zusatzartikels der amerikanischen Verfassung. Darin ist seit 1868 zu lesen, dass Funktionäre, die sich an einer Rebellion beteiligt haben, sich nicht mehr für staatliche Ämter bewerben dürfen. (Acht Personen wurden in den vergangenen 155 Jahren aufgrund dieses Passus von Wahlen ausgeschlossen.)

Gegner von Trump, unterstützt von linken Aktivisten und Interessengruppierungen, sehen in diesem etwas umständlich formulierten Absatz die ideale Handhabe, Trump in der Präsidentenwahl 2024 zu disqualifizieren. Sie argumentieren, dass der damalige Präsident vor fast drei Jahren Teil einer Rebellion gegen die Staatsgewalt gewesen sei. Am 6. Januar 2021 versuchten Trump-Anhänger in Washington, die Bestätigung des Sieges von Joe Biden bei der Präsidentenwahl zu stoppen - nachdem sie vom abgewählten Präsidenten aufgestachelt worden waren.

Der Supreme Court von Colorado teilt nun diese Meinung, nachdem Gerichte in Michigan oder Minnesota zuvor diese Argumentation zurückgewiesen hatten. Das Gericht in Denver sah es zudem als erwiesen an, dass der entsprechende Passus der Verfassung auch für Präsidenten gelte - obwohl das höchste Staatsamt nicht explizit erwähnt ist.

Die vier Richter verwiesen in ihrer Urteilsbegründung auf die Vorgeschichte des 14. Verfassungszusatz, der nach dem Ende des Bürgerkriegs (1861-1865) verabschiedet worden war. Die Autoren seien getrieben gewesen «von einem Gefühl des Verrats», hatte sich die Führungsspitze der abtrünnigen Südstaaten doch aus ehemaligen US-Amtsträgern zusammengesetzt. Entscheidend sei deshalb nicht die Position des Amtsträgers, sondern die Tatsache, dass er seinen Eid auf die Verfassung verletzt habe, heisst es im Urteil.

Alle Augen auf Supreme Court

Der Supreme Court legte das Urteil vorläufig auf Eis, um Trump Zeit für einen Rekurs vor dem höchsten Gericht des Landes - dem Supreme Court in Washington - zu geben. Die Anmeldefrist für die Vorwahl in Colorado läuft bereits am 4. Januar 2024 ab, während die Primary auf Anfang März angesetzt ist. Es ist deshalb anzunehmen, dass der Supreme Court sich bald zu Wort melden wird.

Auffallend an den ersten Reaktionen war am Dienstag, dass auch einige Demokraten mit Unbehagen auf das Urteil reagierten. Vielleicht sei dies die buchstabengetreue Umsetzung der Verfassung, war zu hören. Aber profitieren davon werde letztlich nur Trump, der schon lange behaupte, dass sein politischer Gegner alles daransetzen werde, seine erneute Kandidatur zu verhindern. (aargauerzeitung.ch)

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197 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Unicron
20.12.2023 06:29registriert November 2016
Das wäre eigentlich das einzig richtige.
Es ist ein Witz dass jemand zum Präsident gewählt werden könnte welcher persönlich versucht hat eine Wahl zu sabotieren.

Und ich bin mir sicher ein grosser Prozentsatz der Republikaner wäre auch froh wenn sie ihn endlich los wären.
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banda69
20.12.2023 06:40registriert Januar 2020
«Wir brauchen keine Richter, um diese Entscheidungen zu treffen. Wir brauchen Wähler, um diese Entscheidungen zu treffen.»

Es gibt Gesetze. Zum Glück. Auch wenn das den Rechtspopulisten nicht passt. Auch wenn Rechtspopulisten deknen sich nicht daran halten zu müssen. Und ja, Rechtspopulisten schaden. Immer.
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DruggaMate
20.12.2023 07:16registriert Januar 2019
Trump spielt diese Karte weil er genau weiss, dass er schuldig ist. Er hat sich so früh als Kandidat präsentiert, dass er die rechtlichen Konsequenzen all seine Verbrechen als politisch motiviert bezeichnen kann.
Dieses Urteil ist die einzig richtige Entscheidung. Trump hat sich 2020 selbst disqualifiziert. Jetzt soll er auch die Quittung dafür erhalten!
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