Trump will wieder US-Atomwaffentests – so liefen frühere ab
Seit 1992 testen die USA keine Atomwaffen mehr, nun will Donald Trump wieder damit anfangen. Auf seiner Onlineplattform Truth Social kündigte er am Donnerstag die «sofortige Wiederaufnahme» von US-Atomwaffentests an: «Wegen der Testprogramme anderer Länder habe ich das Kriegsministerium angewiesen, auf gleicher Basis mit dem Testen unserer Atomwaffen zu beginnen», schrieb der US-Präsident. Offiziell begründet Trump seinen Schritt mit der «Notwendigkeit, mit China und Russland gleichzuziehen».
Um welche Art von Tests es sich dabei handeln soll und welche Waffentypen getestet werden sollen, ist bislang völlig offen. Der Schritt falle ihm schwer, schrieb Trump weiter. Er habe keine andere Wahl. Gemäss Experten muss die Ankündigung als eine bewusste Demonstration der strategischen Macht der USA gegenüber Russland und China verstanden werden.
Trinity läutet Nuklear-Zeitalter ein
Das Nuklear-Zeitalter galt eigentlich bereits als beendet – seit 1998 hat kein anderes Land ausser Nordkorea einen Atomtest durchgeführt. Die allererste «Nuke» geht auf das Konto der USA: Im August 1943 wurde das «Manhattan Project» ins Leben gerufen. Zwei Jahre lang arbeiteten 130'000 Menschen unermüdlich an der ersten Atombombe, bis am 16. Juli 1945 die erste Nuklearwaffe der Welt – Codename «Trinity» – gezündet wurde. Sie hatte eine Sprengkraft von rund 20'000 Kilotonnen. Rund drei Wochen später wurden dann die Atombomben über den japanischen Städten Hiroshima und Nagasaki abgeworfen.
Die Reaktion der Sowjetunion liess nicht lange auf sich warten. Am 29. August 1949 wurde der Erzfeind der USA durch Zündung einer Bombe in Semipalatinsk (heute Kasachstan) ebenfalls zur Atommacht. Grossbritannien und Frankreich führten ihre ersten Tests 1952 respektive 1960 durch, China folgte 1964 und Indien 1974. Mit Pakistan und Nordkorea gesellten sich lange nach dem Zerfall der Sowjetunion zwei weitere Staaten zu den bereits etablierten Atommächten mit erfolgreich durchgeführten Tests.
Atommacht Nummer 1
Trotz der sowjetischen Konkurrenz blieben die USA bis 1992 die fleissigste Atommacht. 1030 Nukleartests wurden bis 1992 durchgeführt. Mehrheitlich unterirdische, aber auch über 200 überirdische Explosionen, vor allem auf den Testgeländen in New Mexico und Nevada. Doch auch in entlegenen Gebieten des Pazifiks, etwa auf den Marshallinseln und beim Johnston-Atoll, wurden zahlreiche Tests durchgeführt – oft mit verheerenden ökologischen und gesundheitlichen Folgen für die lokale Bevölkerung.
In den betroffenen Regionen kam es zu radioaktiver Verseuchung von Boden, Wasser und Nahrung, und viele Anwohner litten später unter Krebs, Fehlbildungen und anderen Langzeitschäden. Erst Jahrzehnte später begann die US-Regierung, Entschädigungsprogramme für Strahlenopfer und ihre Familien einzurichten. Doch viele Betroffene und Nachkommen warten bis heute auf eine vollständige Anerkennung und Auszahlung der zugesagten Gelder.
Testgelände ist bereit
Anfang der 1990er-Jahre verzichteten die USA durch ein Moratorium des damaligen US-Präsidenten George Bush Senior dann freiwillig darauf, weitere Tests durchzuführen. Der letzte US-Atomtest namens «Divider» fand am 23. September 1992 in der Wüste von Nevada statt, als in einem unterirdischen Schacht eine Bombe mit einer Stärke von 5 Kilotonnen gezündet wurde.
Das Testgelände befindet sich in der Wüste von Nevada, etwa 105 Kilometer nördlich von Las Vegas. Dort haben die USA einen Grossteil ihrer bislang 1030 Tests durchgeführt, das Areal könnte theoretisch für neue Tests genutzt werden. Laut Nevada National Security Site (NNSS) stehen dort immer noch Anlagen und Kapazitäten bereit.
Wie schnell diese aktiviert werden können, ist unklar. Der Direktor der unabhängigen Organisation für Rüstungskontrollen (ACA), Daryl Kimball, sagte auf X, die USA bräuchten mindestens 36 Monate, um dort unterirdische Atomtests wieder aufzunehmen.
Dem wissenschaftlichen Dienst des US-Kongresses zufolge ist der Präsident unter bestimmten Bedingungen befugt, einen Atomwaffentest zu erlauben. So beispielsweise, wenn andere Staaten solche Tests durchführen. Soweit bekannt, hat in diesem Jahrtausend aber nur Nordkorea Nukleartests durchgeführt, den bislang letzten am 9. September 2016.
Keine Notwendigkeit für neue Tests
Sollte es tatsächlich zu neuen US-Atomtests kommen, würden diese höchstwahrscheinlich unterirdisch stattfinden. Schon 1963 einigten sich die Atommächte USA, Grossbritannien und die Sowjetunion darauf, aufgrund der radioaktiven Strahlung und der daraus folgenden Gesundheitsgefahr keine Atomtests mehr in der Atmosphäre, im Weltall oder unter Wasser durchzuführen.
Das Moratorium der USA von 1992 ebnete schliesslich den Weg zum Kernwaffenteststopp-Vertrag, der seit 1996 existiert und von den meisten Atommächten zwar nicht ratifiziert, so doch zumindest eingehalten wird.
Doch nicht nur deshalb sehen Experten Trumps neuen Atomtest-Plan kritisch. «Ich glaube nicht, dass Tests notwendig sind, um die Zuverlässigkeit des US-Atomarsenals zu gewährleisten», sagte Gary Samore, der als führender Experte für Massenvernichtungswaffen im Nationalen Sicherheitsrat des ehemaligen Präsidenten Bill Clinton tätig war, dem «Wall Street Journal». «Es wäre ein Geschenk für Russland und China, die neue Arten von Atomwaffen entwickeln und von einer Wiederaufnahme der Tests profitieren würden.»
Erst 2024 hatte nach Angaben des US-Kongresses zudem ein Experte der für die Sicherheit und Effektivität des US-Atomwaffenarsenals zuständigen Organisation National Nuclear Security Administration (NNSA) erklärt, dass es aktuell keine technische Notwendigkeit für Atomtests gebe. Denn die USA würden auch ohne Atomwaffentests über ein umfangreiches Programm verfügen, um die Zuverlässigkeit ihres Atomarsenals sicherzustellen.
