Am 6. August 1945 kurz nach 8 Uhr erschien ein einzelner Bomber des Typs B-29 Superfortress über Hiroshima, in einigem Abstand begleitet von zwei weiteren B-29. Ernsthafte Gefahr schien der japanischen Hafenstadt jedoch nicht zu drohen – diese Flugzeuge waren kein Vergleich zu den Bomberflotten, die in den vergangenen Monaten verheerende Luftangriffe auf japanische Städte geflogen hatten.
Doch um 8.16 Uhr erhellte ein blendender Lichtblitz wie eine zweite Sonne die Stadt und ein gigantischer Feuerball breitete sich am Himmel aus. Eine einzige Bombe brachte Tod, Verwüstung und unermessliches Leid über die Menschen in Hiroshima. Zum ersten Mal war eine Atombombe militärisch eingesetzt worden; drei Tage später zerstörte eine weitere Bombe Nagasaki. Zusammen mit der Testexplosion der allerersten Atombombe am 16. Juli markierte die Vernichtung von Hiroshima und Nagasaki den Beginn einer neuen Ära: des Atomzeitalters.
Nachdem die rund fünf Tonnen schwere Atombombe mit dem harmlos klingenden Namen «Little Boy» aus dem Schacht des Bombers «Enola Gay» in fast 9500 Meter Höhe ausgeklinkt wurde, fiel sie an einem Fallschirm auf das Zentrum Hiroshimas herab, während die Enola Gay scharf abdrehte. Nach 43 Sekunden erreichte Little Boy die für die Detonation vorgesehene Höhe von 580 Metern – 250 Meter neben dem anvisierten Ziel, der Aioi-Brücke im Stadtzentrum. Der radargesteuerte Zündmechanismus löste aus.
In nur einer Millionstelsekunde führte die nukleare Kettenreaktion in der Uran-Bombe zur Explosion; sie setzte eine Energie frei, die schätzungsweise 15'000 Tonnen des Sprengstoffs TNT entsprach. Noch bevor sie die Hülle der Bombe verdampfte, erreichte die Feuerblase eine Temperatur von mehreren Millionen Grad Celsius, zehntausende Male heisser als die Oberfläche der Sonne. Gleissendes Licht blitzte auf, ionisierende Gamma- und Neutronenstrahlung breitete sich mit Lichtgeschwindigkeit aus.
Eine Zehntelsekunde nach der Zündung war der Feuerball auf einen Durchmesser von 30 Metern angewachsen, seine Temperatur war inzwischen auf immer noch extrem heisse 250'000 Grad gefallen. Nun wurde intensive Infrarotstrahlung freigesetzt, ihre Hitze liess in Hiroshima Dachziegel miteinander verschmelzen und die Eingeweide von Menschen und Tieren verdampfen. Die Temperatur am Boden direkt unter der Explosion, im Hypozentrum oder «Ground Zero», lag bei knapp 3900 Grad.
Eine gewaltige Druckwelle breitete sich rasend schnell aus, sie zerstörte 80 Prozent der Innenstadt innerhalb einer Sekunde. Glasscherben von zerbrochenen Fenstern steckten sogar in Betonwänden. Der anschliessende Feuersturm vernichtete elf Quadratkilometer der Stadt; insgesamt wurden 70'000 der 76'000 Gebäude zerstört oder beschädigt. Manche Brände wüteten drei Tage lang.
In den Sekunden nach der Explosion erreichte der Feuerball seine maximale Ausdehnung von knapp 300 Metern Durchmesser. Er stieg nach oben und riss dabei riesige Mengen von radioaktiv kontaminiertem Material mit: Der charakteristische Atompilz aus Staub und Asche begann sich zu bilden, der bis zu einer Höhe von 13 Kilometern aufstieg. Zwanzig Minuten später fiel radioaktiver Niederschlag (Fallout) auf die Stadt und ihre Umgebung; der Regen war durch die Aschepartikel schwarz gefärbt. Noch am Abend färbten die Überreste der atomaren Wolke den Himmel über Hiroshima blutrot.
Die starke Strahlung, die in der Nähe des Hypozentrums tödlich war, nahm nach einigen Stunden bereits wieder ab. 80 Prozent der Reststrahlung wurden innerhalb von 24 Stunden freigesetzt. Eine Person, die dann die Innenstadt von Hiroshima betrat, erhielt noch ein Tausendstel der Strahlung, die sie bei der Explosion abbekommen hätte; eine Woche danach betrug die Dosis nur noch ein Millionstel. Die im Fallout enthaltenen kurzlebigen radioaktiven Isotope bauten sich rasch ab; die langlebigen wurden allmählich durch Regen und Wind über grosse Flächen verteilt, sodass heute in Hiroshima keine erhöhte Strahlung mehr vorhanden ist.
Dies liegt daran, dass Little Boy in grosser Höhe explodierte; wäre die Bombe am Boden detoniert, hätte sich ein grosser Teil der radioaktiven Stoffe lokal abgelagert, allerdings wäre auch sehr viel mehr Material radioaktiv kontaminiert und durch die enorme Hitze und die Druckwelle aufgewirbelt worden. Auch diese kontaminierten Partikel wären dann als Fallout wieder zurück auf den Boden gelangt.
Hiroshima war zuvor von schweren Luftangriffen verschont gewesen, obwohl es ein wichtiger Truppensammelpunkt war und hier 40'000 Militärangehörige stationiert waren. Die Stadt hatte Anfang August 1945 noch etwa 255'000 zivile Einwohner; zehntausende waren in den Monaten zuvor evakuiert worden. Andere Angaben sprechen hingegen von bis zu 350'000 Einwohnern. Etwa zehn Prozent der zivilen Bevölkerung bestanden aus koreanischen und chinesischen Zwangsarbeitern.
Als die Atombombe über der Stadt explodierte, herrschte in Hiroshima morgendlicher Stossverkehr. Innerhalb von Sekunden starben 70'000 bis 80'000 Menschen. Die Bombe tötete 90 Prozent der Menschen in einem Radius von 500 Metern um das Hypozentrum. In einem weiteren Umkreis bis zu einem Kilometer starben immer noch 59 Prozent. Einige, die sich nahe am Hypozentrum aufhielten, verbrannten augenblicklich, etwa eine Frau, die auf den Stufen am Ufer des Ota-Flusses sass, 800 Meter vom Hypozentrum entfernt. Alles, was von ihr blieb, war ein Schatten an der Stelle, an der sie sass. Er entstand in dem Moment, als ihr Körper, bevor er in der intensiven Hitze verbrannte oder von der Druckwelle weggeschleudert wurde, die intensive Wärme- und Gammastrahlung kurz blockierte.
Die meisten Menschen, die das Inferno zunächst überlebt hatten, erlitten schwere Verbrennungen; ihre Haut hing in Fetzen herunter, manche waren stellenweise verkohlt. Sämtliche Personen, die sich bis zu vier Kilometer vom Hypozentrum entfernt ungeschützt im Freien aufgehalten hatten, dürften Verbrennungen erlitten haben. Andere wurden durch herumfliegende Trümmer verletzt. Fürchterliche Szenen spielten sich in der zerstörten Stadt ab; überall lagen Tote und Sterbende, halbverkohlte Menschen schleppten sich auf der Suche nach Kühlung zum Fluss und stürzten sich hinein.
Und zu den sichtbaren Verletzungen kam eine neue, heimtückische hinzu, die sich erst mit Verzögerung durch Übelkeit, Erbrechen, Haarausfall und Blutungen bemerkbar machte: die Strahlenkrankheit. Der radioaktive Niederschlag verseuchte in den Stunden nach der Explosion auch Menschen, die zuvor unverletzt geblieben waren oder ihre Verletzungen überlebt hätten. Viele von ihnen starben an inneren Blutungen und Organversagen.
Hinzu kam, dass die Versorgung der Verletzten zunächst unmöglich war. 90 Prozent des medizinischen Personals waren umgekommen und nahezu alle Krankenhäuser waren zerstört. Die Gesamtzahl der Opfer ist umstritten. Je nach Schätzung starben bei der Explosion der Atombombe und bis 1946 an den Spätfolgen insgesamt 90'000 bis 166'000 Menschen. Auch danach ging das Sterben weiter: Zahlreiche Krebserkrankungen, die in den Folgejahren bei Überlebenden auftraten, waren eine Folge der Atombombe. Die Bombe schädigte auch ungeborenes Leben: Kinder, die im Mutterleib der Strahlung ausgesetzt waren, hatten ein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen, geistige Behinderungen und verzögertes Wachstum.
Die nukleare Katastrophe hatte auch gesellschaftliche und psychische Folgen. Viele Kinder wurden zu Waisen, Familien wurden zerrissen. Und viele Überlebende, die sogenannten Hibakusha, waren traumatisiert und litten lange Zeit oder gar ihr Leben lang unter Depressionen und Schuldgefühlen. Die Stigmatisierung der Hibakusha war nicht geeignet, diese Folgeerscheinungen zu lindern, im Gegenteil. Sie wurden diskriminiert und ausgegrenzt, weshalb viele versuchten zu verbergen, dass sie Bombenüberlebende waren.
Denen, die sichtbare Narben trugen, wurden beispielsweise Jobs mit Publikumskontakt verwehrt. Aber auch jene, die äusserlich nicht als Hibakusha erkennbar waren, wurden oft nicht eingestellt, wenn sie ihre Ausweise zeigten, die ihren Anspruch auf Zuschüsse zur Gesundheitsvorsorge belegten. Man fürchtete künftige gesundheitliche Komplikationen. Das Stigma der Hibakusha ist sogar auf ihre Kinder übergegangen, weil viele Leute glaubten, die Strahlenkrankheit sei erblich oder gar ansteckend.
Drei Tage später warf die B-29 Superfortress «Bockscar» die zweite Atombombe – eine Plutoniumbombe – auf Nagasaki. «Fat Man», der Deckname dieser Bombe, war mit 21'000 Tonnen TNT-Äquivalent stärker als die Hiroshima-Bombe. Ihre Druckwelle wurde aber durch Hügel in der Nähe des Hypozentrums abgebremst; deshalb wurde «nur» etwa die Hälfte der Stadt komplett zerstört. Dennoch starben auch in Nagasaki, das zu diesem Zeitpunkt rund 263'000 Einwohner hatte, mindestens 70'000 Menschen.
Die Hafen- und Industriestadt Nagasaki war ein Ausweichziel; eigentlich war Kokura vorgesehen, doch dort waren die Wetterverhältnisse ungünstig. Auch in Nagasaki bedeckten Wolken das Ziel, da die B-29 aber mitsamt der fast fünf Tonnen schweren Bombe nicht mehr ausreichend Treibstoff für den Rückflug hatte, wurde Fat Man etwa drei Kilometer vom Zielpunkt entfernt in einer Wolkenlücke abgeworfen.
Nachrichten aus dem zerstörten Hiroshima trafen zuerst nur spärlich bei der politischen und militärischen Führung in Tokio ein; die Verbindungen waren unterbrochen. Dass es sich um den Einsatz einer grundlegend neuen, furchtbaren Waffe handelte, drang nur allmählich durch. Ein Zusammenhang mit der Potsdamer Erklärung vom 26. Juli 1945 wurde zunächst nicht hergestellt. In dieser Erklärung hatte US-Präsident Harry Truman, der kurz zuvor über den erfolgreichen Trinity-Atomtest informiert worden war, Japan zur sofortigen und bedingungslosen Kapitulation aufgefordert und die Drohung angefügt:
Japan hatte die Erklärung als «nichts Neues» abgetan. Nachdem das Ausmass der Zerstörung in Hiroshima immer deutlicher wurde und Truman zudem öffentlich den Abwurf der Atombombe bekanntgegeben und mit weiterer Zerstörung gedroht hatte, versuchte das Friedenslager innerhalb des japanischen Kabinetts, auf ein Ende des Kriegs hinzuwirken. So übergab der Aussenminister Shigenori Togo dem Tenno am 8. August einen Bericht über Hiroshima, in dem er eine Kapitulation auf Basis der Potsdamer Erklärung vorschlug. Die Falken im Kriegskabinett behielten jedoch zunächst die Oberhand.
Am nächsten Tag, am 9. August, wurde die Position der Kriegspartei endgültig unhaltbar. Zum einen kam nun die Sowjetunion ihrer Verpflichtung nach, drei Monate nach dem Kriegsende in Europa Japan den Krieg zu erklären. Sowjetische Truppen griffen in einer grossangelegten Offensive die japanische Armee in der Mandschurei an. Zum anderen explodierte um 11.02 Uhr die zweite Atombombe über Nagasaki – zwei Minuten, nachdem sich der kaiserliche Oberste Kriegsrat in Tokio versammelt hatte, um über eine bedingte Kapitulation zu beraten. Noch während der Beratung trafen erste Berichte über die Zerstörung von Nagasaki ein.
Die Falken stemmten sich weiterhin gegen die Kapitulation, doch nun schaltete sich der Tenno selbst ein. Kaiser Hirohito entschied, die Potsdamer Erklärung anzunehmen, zunächst unter der Bedingung, dass die Position des Kaisers unangetastet bleibe, am 12. August dann bedingungslos. Am 14. August gab der Tenno dem Kriegskabinett seine Entscheidung zur bedingungslosen Kapitulation bekannt, die er am nächsten Tag am Radio selbst verlas – die Japaner hörten bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal seine Stimme. Am 2. September unterzeichnete eine japanische Delegation die Kapitulationsurkunde, am 12. September kapitulierten in Singapur die letzten japanischen Einheiten. Damit war der Zweite Weltkrieg zu Ende.
Die Frage, ob der Einsatz der Atombomben die Kapitulation Japans herbeiführte oder beschleunigte, ist bis heute umstritten. Sicher ist, dass auch der Kriegseintritt der Sowjetunion erhebliche Auswirkungen auf die Entscheidung der japanischen Führung hatte; er machte die militärische Lage vollends unhaltbar und zerstörte die letzten Hoffnungen der Japaner auf eine mögliche Vermittlerrolle Moskaus.
Schon vor dem erfolgreichen Trinity-Atomtest gab es in amerikanischen eingeweihten Kreisen Diskussionen darüber, wie die neue Waffe eingesetzt werden sollte. Der Vorschlag, eine Bombe über Japan nicht zum Kampfeinsatz, sondern zu Demonstrationszwecken abzuwerfen, wurde verworfen. Man fürchtete, eine Ankündigung würde die japanische Luftwaffe auf den Plan rufen, die einen solchen Einsatz, für den es ja noch keine Erfahrungen gab, stören könnte. Sollte eine solche angekündigte Machtdemonstration scheitern, wäre dies schlimmer, als wenn gar kein Versuch unternommen worden wäre. Zudem glaubte man, dass selbst eine erfolgreiche Demonstration bei der japanischen Führung nicht denselben Schock auslösen würde wie der Abwurf auf eine Stadt.
Die Rechtfertigung für den Einsatz der verheerenden Waffe sahen die amerikanischen Entscheidungsträger in dem furchtbaren Gemetzel, zu dem eine Invasion des japanischen Mutterlandes führen würde. Im Sommer 1945 war der Krieg in Europa beendet, und auf dem fernöstlichen Kriegsschauplatz sah sich Japan einer überwältigenden Übermacht gegenüber. Dennoch wollte das Kriegskabinett in Tokio unter allen Umständen weiterkämpfen.
Schon die Eroberung Okinawas, einer kleinen japanischen Insel, hatte wegen des fanatischen japanischen Widerstands schwere Verluste unter den amerikanischen und mehr noch unter den japanischen Truppen gefordert; zudem hatten sich tausende Zivilisten umgebracht. Für die Invasion der japanischen Hauptinseln rechnete der alliierte Planungsstab mit mehr als 250'000 eigenen Gefallenen und mehreren Millionen japanischen Toten. Die Atombombe, die den japanischen Widerstand brechen sollte, würde keine eigenen und nur einen Bruchteil der japanischen Verluste verursachen.
Kritiker der Atombombenabwürfe wiesen dagegen nach dem Krieg darauf hin, dass es Alternativen zu einer blutigen Invasion gegeben hätte, etwa eine Blockade Japans. Diese hätte freilich zu einer Hungersnot und damit ebenfalls zu enormen japanischen Verlusten führen können. Andere Kritiker sahen das wahre Motiv der US-Regierung darin, dass sie mit dem Einsatz der Atombomben der Sowjetunion die Macht der USA demonstrieren und die rivalisierende Supermacht von einem weiteren Vorrücken im Fernen Osten abschrecken wollte. Zudem wurde argumentiert, der schlimmste konventionelle amerikanische Luftangriff auf Tokio am 9. März 1945 habe mehr Todesopfer gefordert als die Bombe in Hiroshima. Deshalb sei es nicht plausibel, dass die Atombombe tatsächlich die japanische Führung zur Kapitulation bewogen habe.
Mit dem Abwurf der beiden Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki etablierten sich die USA als unangefochtene Supermacht. Doch bereits 1949 zündete die Sowjetunion ihre erste Atombombe, und die USA verloren ihr Monopol. Weitere Staaten folgten; heute gibt es fünf offizielle Atommächte – neben den USA und Russland noch Grossbritannien, Frankreich und China – sowie vier inoffizielle, nämlich Israel, Indien, Pakistan und Nordkorea. Auch der Iran strebt allem Anschein nach den Besitz der Bombe an; eine Atommacht gilt letztlich als unangreifbar.
Das sogenannte Gleichgewicht des Schreckens zwischen den Atommächten, mit dem die Menschheit seit spätestens den Sechzigerjahren lebt, beruht auf der Tatsache, dass jeder Angreifer, der Atomwaffen zuerst einsetzt, mit seiner eigenen Vernichtung rechnen muss. Es enthält stets die Gefahr einer apokalyptischen Eskalation, hat paradoxerweise aber zumindest bisher dazu geführt, dass diese nuklear bewaffneten Grossmächte nicht mehr direkt Krieg gegeneinander geführt haben.
Die Amerikaner wollten Nazi-Deutschland zu vor kommen.
Später stellte sich heraus, dass Nazi-Deutschland tatsächlich daran interessiert war, aber die Entwicklung nie über die Forschungsarbeit hinaus ging.
Der gebaute Reaktor um eine Kettenreaktion auszulösen hat nie funktioniert.