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Joe Biden: Die Liste der Demokraten, die sich gegen ihn aussprechen

President Joe Biden arrives for the opening session of the NATO Summit, Wednesday, July 10, 2024, in Washington. (AP Photo/Evan Vucci)
Joe Biden
Älter als die NATO – aber trotzdem noch fit für die Präsidentschaft? Joe Biden Mitte Woche am NATO-Gipfel und 75-jährigen Jubiläum in Washington.Bild: keystone

Diese Demokraten haben Joe Biden bereits zum Rücktritt aufgefordert – und das sagen sie

Der Druck auf US-Präsident Joe Biden nimmt zu. Eine Reihe von Demokraten hat bereits den zuvor undenkbaren Schritt gewagt, ihn – öffentlich oder privat – zum Rücktritt aufzufordern. Wer sind die «Aufwiegler»?
11.07.2024, 14:5411.07.2024, 15:40
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Auch wenn die Stimmen mittlerweile fast täglich zahlreicher werden: Noch wehrt sich Joe Biden gegen seinen Rücktritt, und das teilweise mit einer starken Vehemenz. So sagte er gegenüber dem US-Sender MSNBC, es seien «Eliten in der Partei», die hinter den Forderungen nach seinem Rücktritt stünden. Zudem versicherte er, eine starke Unterstützung durch die tatsächlichen Wähler zu geniessen – und forderte die Unkenrufer in seiner eigenen Partei auf, gegen ihn anzutreten: «Bewerbt euch als Präsident – fordert mich auf dem Parteitag heraus!»

So weit ist zwar noch niemand gegangen. Aber eine wachsende Zahl gewählter Abgeordneter aus seiner Partei – sowie auch andere öffentliche Figuren – hat Biden entweder öffentlich zum Rücktritt aufgefordert oder dies Berichten zufolge im privaten Rahmen getan.

Wer sie sind – und wo dabei die Führung der Demokraten steht:

Hollywood-Stars wie George Clooney

FILE - Director George Clooney attends a special screening of "The Boys in the Boat," Dec. 13, 2023, in New York. Movie star and lifelong Democrat George Clooney is adding his voice to calls ...
George Clooney forderte Biden offen auf, sich aus dem Rennen zurückzuziehen.Bild: keystone

In einem Meinungsstück in der «New York Times» äusserte sich der Schauspieler deutlich – und ziemlich vernichtend (Titel: «Ich liebe Joe Biden. Aber wir brauchen einen neuen Nominierten»). Der 63-Jährige forderte den US-Präsidenten unverblümt auf, sich aus dem Rennen zurückzuziehen. Eine Schlacht, die er nicht gewinnen könne, sei der Kampf gegen die Zeit. Erfolgsregisseur und Produzent Rob Reiner («Harry und Sally») schloss sich Clooney an und schrieb: «Die Demokratie steht vor einer existenziellen Bedrohung. Wir brauchen jemand Jüngeren, der zurückschlägt. Joe Biden muss Platz machen.»

Biden wird von diversen Stars unterstützt – Hollywood gilt als eher liberal. Clooney hatte erst vor wenigen Wochen bei einer Wahlkampfveranstaltung mit anderen Stars wie Julia Roberts Millionen-Spenden für Bidens Wahlkampf in Los Angeles gesammelt. Biden war damals vom G7-Gipfel in Italien direkt nach Hollywood gereist, um an dem glamourösen Event teilzunehmen. Zu Biden an der Veranstaltung schrieb der Schauspieler nun das vernichtende Urteil:

«Er war derselbe Mann, den wir alle bei der Debatte gesehen haben.»

Die Demokratische Führung

Sich hinter Biden stellen oder ihn zum Rückzug aufrufen? Die Demokraten im US-Kongress sind tief gespalten über diese Frage. Umso entscheidender ist die Haltung der Führung der Partei. Allerdings fällt auch diese derzeit vor allem durch ihre Vagheit auf.

epa11205632 Senate Majority Leader Chuck Schumer (R) chats with Democratic Representative from California Nancy Pelosi (L) in the House of Representatives ahead of US President Joe Biden's third  ...
Die Spitze der Demokraten: Nancy Pelosi und Chuck Schumer. Bild: keystone

So sagte die demokratische Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi in der Sendung «Morning Joe»: «Es liegt am Präsidenten zu entscheiden, ob er kandidiert.» Sie fügte hinzu: «Wir alle ermutigen ihn, diese Entscheidung zu treffen. Die Zeit wird knapp.» Auf den Hinweis des Moderators, dass Biden sich ja offenbar schon entschieden habe, im Rennen zu bleiben, reagierte Pelosi ausweichend. Stattdessen schob sie nach: «Er wird geliebt, er wird respektiert, und die Menschen wollen, dass er diese Entscheidung trifft.»

Pelosi hatte sich nach Bidens TV-Debakel gegen Donald Trump zunächst eisern hinter den US-Präsidenten gestellt. Doch bereits in der vergangenen Woche äusserte Pelosi erste Zweifel und sagte, dass es eine «berechtigte Frage» sei, ob es sich bei Bidens Patzer im TV-Duell «nur um eine Episode oder einen Zustand» gehandelt habe.

Einem Bericht zufolge soll sich nun auch der demokratische Mehrheitsführer im US-Senat, Chuck Schumer, gegenüber Spendern offen gezeigt haben, Biden auszutauschen. Das berichtete das Portal Axios unter Berufung auf zwei nicht namentlich genannte Quellen. Öffentlich hatte Schumer sich bisher hinter Biden gestellt. Sein Büro teilte als Reaktion auf den Bericht lediglich mit, dass Schumer Biden unterstütze und sich weiterhin dafür einsetze, dass Republikaner Donald Trump im November besiegt werde.

Peter Welch, Senator (Vermont)

Sen. Peter Welch, D-Vt., guides a Senate Judiciary Committee hearing on nominees for the federal bench, at the Capitol in Washington, Thursday, June 20, 2024. (AP Photo/J. Scott Applewhite)
Peter Welc ...
Der Senator Peter Welch aus Vermont. Bild: keystone

Am späten Mittwochabend forderte der Senator von Vermont, Peter Welch, Joe Biden auf, sich von der Wahl zurückzuziehen. Seine Stimme war deshalb gewichtig, weil er der erste Demokrat im Senat war, der dies tat (die Abgeordneten vor ihm sitzen alle im Repräsentantenhaus, siehe unten). Welch sagte, er sei besorgt, «denn es könnte nicht mehr auf dem Spiel stehen». In einem Meinungsbeitrag in der «Washington Post» schrieb der Demokrat ziemlich unverblümt:

«Ich verstehe, warum Präsident Biden kandidieren will. Er hat uns schon einmal vor Donald Trump gerettet und will es wieder tun. Aber er muss neu bewerten, ob er der beste Kandidat dafür ist. Meiner Meinung nach ist er es nicht. Zum Wohle des Landes fordere ich Präsident Biden auf, sich aus dem Rennen zurückzuziehen.»

Demokraten aus dem Repräsentantenhaus

Lloyd Dogget (Texas)

FI"LE - Rep. Lloyd Doggett, D-Texas, listens during a news conference on Capitol Hill in Washington, June 16, 2015. Doggett has become the first in the party to publicly call for President Joe Bi ...
Lloyd Doggett aus Texas. Bild: keystone

Doggett, der den Bundesstaat Texas seit 1995 im US-Repräsentantenhaus vertritt, war von allen der erste Abgeordnete, der sich öffentlich gegen Bidens Kandidatur aussprach. Letzte Woche sagte er in einem Statement:

«Ich bin mir bewusst, dass Präsident Biden sich im Gegensatz zu Trump immer zuerst für unser Land und nicht für sich selbst eingesetzt hat, und ich hoffe, dass er die schmerzhafte und schwierige Entscheidung treffen wird, sich zurückzuziehen. Ich fordere ihn respektvoll auf, dies zu tun.»

Raúl Grijalva (Arizona)

Als ranghoher progressiver Kongressabgeordneter aus einem umkämpften Bundesstaat hat Grijalva Einfluss in seiner Partei. Nach Doggett sagte der 76-Jährige gegenüber der «New York Times», Joe Biden solle die Verantwortung für den Erhalt der Präsidentschaft übernehmen, «und ein Teil dieser Verantwortung ist es, aus diesem Rennen auszusteigen».

Mike Quigley (Illinois)

Rep. Mike Quigley, D-Ill., arrives at Democratic National Committee Headquarters to discuss the 2024 election and President Joe Biden's candidacy Tuesday, July 9, 2024 in Washington. (AP Photo/Jo ...
Mike Quigley sitzt im Repräsentantenhaus für den fünften Distrikt des Bundesstaats Illinois. Bild: keystone

Vergangenen Freitag sagte Quigley gegenüber MSNBC:

«Herr Präsident, Ihr Vermächtnis steht fest. Wir schulden Ihnen grösste Dankbarkeit. Das Einzige, was Sie jetzt noch tun können, um dieses Vermächtnis für alle Zeiten zu festigen und eine Katastrophe zu verhindern, ist, zurückzutreten und dies jemand anderem zu überlassen.»

Seth Moulton (Massachusetts)

Moulton, der früher bei der US-Marine war, war einer der (weniger bekannteren) Herausforderer von Joe Biden für die Präsidentschaft im Jahr 2020. Gegenüber einem Radio-Sender sagte er: «Präsident Biden hat unserem Land einen enormen Dienst erwiesen.» Nun sei es aber an der Zeit, dass er in die Fussstapfen von George Washington trete und «neuen Führungspersönlichkeiten den Vortritt lässt».

Angie Craig (Minnesota)

FILE - Rep. Angie Craig, D-Minn., speaks during an event at Capitol in Washington, July 20, 2022. Craig was assaulted in the elevator of her Washington apartment building in February 2023. Court recor ...
Angie Craig aus Minnesota. Bild: keystone
«In Anbetracht dessen, was ich während der Debatte in Atlanta letzte Woche vom Präsidenten gesehen und gehört habe, und angesichts des Fehlens einer energischen Antwort des Präsidenten selbst nach dieser Debatte, glaube ich nicht, dass der Präsident eine effektive Kampagne gegen Donald Trump führen und gewinnen kann.»

Adam Smith (Washington)

Der Präsidentschaftskandidat der Demokraten müsse in der Lage sein, dem amerikanischen Volk seine Argumente klar, deutlich und überzeugend darzulegen, sagte Smith, einer der einflussreicheren Politiker in Washington. «Es ist klar, dass Präsident Biden nicht mehr in der Lage ist, diese Aufgabe zu erfüllen», sagte Smith auf CNN. Er flehe Biden an, «einen Schritt zurückzutreten. Schauen Sie, was das Beste für die Partei ist, schauen Sie, was das Beste für das Land ist».

Mikie Sherrill (New Jersey)

Rep. Mikie Sherrill, D-N.J., center, speaks during a news conference on national security legislation on Capitol Hill Tuesday, Feb. 13, 2024, in Washington. (AP Photo/Mariam Zuhaib)
Sherrill,center.
Bild: keystone

Die Abgeordnete aus New Jersey sagte am Dienstag:

«[...] weil ich weiss, dass Präsident Biden die Zukunft unseres Landes sehr am Herzen liegt, bitte ich ihn, zu erklären, dass er nicht zur Wiederwahl antritt und uns bei der Suche nach einem neuen Kandidaten helfen wird.»

Pat Ryan (New York)

President Joe Biden, right, is greeted by Rep. Steve Womack, R-Ark., center, as Rep. Pat Ryan, D-NY., left, looks on after arriving on Air Force One at Stewart Air National Guard Base in Newburgh, N.Y ...
Pat Ryan (ganz links) neben Joe Biden. Bild: keystone

Der Kongressabgeordnete aus New York, der sich im November einer schwierigen Wiederwahl stellen muss, sagte der «New York Times» am Mittwoch:

«Ich würde ihm [Joe Biden] einen Bärendienst erweisen, wenn ich sagen würde, dass er der beste Kandidat für das Amt im Herbst ist.»

Und weiter meinte Pat Ryan: «Zum Wohle unseres Landes und meiner beiden kleinen Kinder bitte ich Joe Biden, bei der kommenden Wahl zurückzutreten und das Versprechen einzulösen, eine Brücke zu einer neuen Generation von Führungskräften zu sein.»

(Mit Material von SDA und DPA)

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Die wundersame Welt der amerikanischen Supermärkte
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Die wundersame Welt der amerikanischen Supermärkte
Vielleicht ist er auch von einer anderen Welt.
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44 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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pontian
11.07.2024 16:00registriert Januar 2016
Pelosi ist noch älter als Biden. Trump nur wenig jünger. Die USA haben beim politischen „Spitzenpersonal“ generell ein Überalterungsproblem.
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bcZcity
11.07.2024 15:59registriert November 2016
Genau dies sollte eben nicht passieren. Biden schwach dastehen lassen und dann zieht er doch durch. Entweder alle mit Biden, auch Biden selbst. Oder Grösse zeigen und geeint eine neue Person ins Rennen schicken.

Aber dieses hin- und her und die Spekulationen, nützen den Dems nichts, im Gegenteil!
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Hiker
11.07.2024 16:22registriert Januar 2017
Eines sollte man Bedenken. Die Amerikanische Politik unterscheidet sich grundlegend von der hierzulande. Ein ungeschriebenes Gesetz besagt, dass man einen amtierenden Präsidenten der eigenen Partei vollumfänglich unterstützen sollte. Was hier passiert ist geradezu historisch. Biden war ein aussergewöhnlicher Präsident der viel geleistet hat. Nur hat er leider rechtzeitig den Absprung verpasst. Es hätte Ihm bewusst sein sollen, dass er keine guten Chancen hat gegen einen entfesselten Trump anzutreten. Ich habe Bedenken was aus den USA werden wird, falls Donny gewinnen sollte.
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