Nach Einschätzung der US-Regierung ist Russland «wahrscheinlich» verantwortlich für den Giftanschlag auf den ehemaligen Doppelagenten Sergej Skripal in Grossbritannien. Dies sagte US-Aussenminister Rex Tillerson am Dienstag.
Die USA stimmten mit ihrem Verbündeten Grossbritannien überein, dass Russland «wahrscheinlich» hinter der versuchten Ermordung des ehemaligen Doppelagenten stehe, sagte Tillerson. Den Verantwortlichen - «sowohl denen, die das Verbrechen begangen haben als auch denen, die es in Auftrag gegeben haben» - müssten «angemessene, ernsthafte Konsequenzen» drohen.
Tillerson erklärte, es könne für eine solche Attacke, die versuchte Ermordung eines Privatbürgers auf dem Boden einer souveränen Nation, keinerlei Rechtfertigung geben. «Wir sind schockiert, dass Russland sich erneut in derlei Verhalten engagiert zu haben scheint», fügte er hinzu. «Russland bleibt von der Ukraine über Syrien und nun Grossbritannien eine unverantwortliche Kraft der Instabilität in der Welt, die mit offener Verachtung der Souveränität anderer Staaten und dem Leben derer Bürger agiert», so Tillerson.
Der Anfang März südlich von London zusammen mit seiner Tochter vergiftete Skripal hatte Dutzende russische Agenten an den britischen Geheimdienst verraten, bevor er 2004 im Moskau inhaftiert wurde. 2006 wurde er zu 13 Jahren Haft verurteilt. 2010 fand er dann in Grossbritannien Zuflucht, nachdem er im Austausch gegen russische Spione auf freien Fuss kam.
Aus US-Geheimdienstkreisen hiess es zuletzt, die Hauptannahme der Ermittler sei, dass das Nervengift von russischer Seite eingesetzt worden sei, um Skripal für seinen Verrat als russisch-britischer Doppelagent zu bestrafen.
Zuvor hatte die britische Premierministerin Theresa May erklärt, Russland sei «sehr wahrscheinlich» für die Vergiftung verantwortlich. Entweder sei Moskau bei der Attacke federführend gewesen oder habe zugelassen, dass das Gift in andere Hände gelangt sei. Russlands Militär habe des Mittel aus der Gruppe der Nowitschok-Nervengifte in den 1970er und -80er Jahren entwickelt.
May setzte Russland ein Ultimatum bis Dienstagabend zur Erklärung des Nervengift-Einsatzes. Eine Sprecherin des russischen Aussenministeriums wies die Anschuldigungen zurück. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte nach Angaben eines BBC-Reporters vor Mays Ultimatum gesagt, Grossbritannien müsse dem Vorfall erst auf den Grund gehen. «Dann werden wir darüber sprechen.»
Der 66-jährige russische Ex-Spion Skripal und seine 33-jährige Tochter waren am 4. März vor einem Einkaufszentrum in der südenglischen Stadt Salisbury bewusstlos aufgefunden worden. Sie kämpfen seitdem in einer Klinik um ihr Leben. (sda/afp/reu)