Mehrere Frauen haben gegen Till Lindemann schwere Vorwürfe erhoben. Es geht um Machtmissbrauch und Sex. Nun veröffentlichten Lindemanns Anwälte in einer Presseerklärung die Ergebnisse eines rechtsmedizinischen Gutachtens, das den Sänger entlasten soll. Demnach sollen «keine objektiven Tatsachenbeweise» für die Anschuldigungen vorliegen, wie die Anwaltskanzlei Schertz Bergmann in dem Schreiben behauptet.
Das Gutachten bezieht sich konkret auf die Darstellungen von Shelby Lynn. Sie hatte die Ermittlungen gegen Lindemann durch mehrere Posts in sozialen Medien Ende Mai ausgelöst. Darin hatte die 24-jährige Nordirin behauptet, am Rande eines Rammstein-Konzerts im litauischen Vilnius unter Drogen gesetzt worden zu sein. «Till gab jedem von uns einen [Tequila]Shot», schrieb sie bei Instagram. Am nächsten Tag habe sie zudem Spuren körperlicher Gewalt in Form von grossflächigen Hämatomen an sich entdeckt.
Markus Rothschild, der Direktor des Instituts für Rechtsmedizin an der Universität Köln, kommt in dem von Lindemanns Anwälten in Auftrag gegebenen Gutachten nun zu dem Schluss, dass es sich bei den Hämatomen eher nicht um Gewalteinwirkung gehandelt habe. Demnach sprächen «Morphologie und Lokalisation der dokumentierten Verletzungen eher für ein akzidentielles Geschehen», also für eine unfallbedingte Ursache.
Laut Rothschild seien die Befunde aus rechtsmedizinischer Sicht «nicht typisch für Fremdeinwirkung». Allerdings könne Fremdeinwirkung allein anhand der Befunde, also der zugrunde liegenden Bild-Dokumente, nicht «völlig ausgeschlossen werden».
Weiterhin konnte der Gutachter «insbesondere keine Hinweise auf sexualisierte Gewalt als Ursache für die bei der Zeugin dokumentierten Verletzungen» feststellen. Wenngleich auch hier, wie Rothschild im nächsten Satz schreibt, das Gegenteil nicht ausgeschlossen werden könne.
Lindemanns Anwälte liessen den Rechtsmediziner das Gutachten aufgrund der Fotos und Videos, die Lynn in sozialen Medien postete, erstellen.
Kurios ist, dass die Nordirin Lindemann zumindest öffentlich nicht der körperlichen Gewaltanwendung bezichtigt. Bereits am 30. Mai stellte sie bei Twitter klar: «Till hat mich nicht berührt. Er akzeptierte, dass ich keinen Sex mit ihm haben will. Ich habe niemals behauptet, dass er mich vergewaltigt hat». Gegenüber dem «Kölner Stadt-Anzeiger» bestätigte Lynn diese Aussage am Montag. «Ja, ich weiss bis heute nicht, woher diese blauen Flecken kamen, aber sie kamen nicht von Till».
Offenbar wollen Lindemanns Anwälte ihren Mandanten durch das Gutachten zumindest implizit von dem Vorwurf entlasten, er könne doch irgendetwas mit Lynns Blutergüssen zu tun gehabt haben. So legten die Aufnahmen von Lynn ein «Unfallgeschehen ohne Fremdeinwirkung als wahrscheinlichste Ursache nahe».
Auch die Staatsanwaltschaft im litauischen Vilnius konnte offenbar «keine objektiven Tatsachenbeweise» dafür finden, dass Lynn körperlicher oder seelischer Nötigung oder anderen Gewalttaten sexueller Natur ausgesetzt war oder dass sie zum Gebrauch von Betäubungsmitteln gezwungen wurde. Die Behörde hat das Ermittlungsverfahren gegen den Rammstein-Frontmann daher eingestellt.
Ein Ermittlungsverfahren in Berlin ist dagegen noch anhängig. Dazu schreiben Lindemanns Anwälte in ihrer Presseerklärung, dass dieses nicht von weiteren, mutmasslichen Opfern initiiert wurde, sondern von unbeteiligten Dritten. Diese hätten allein aufgrund der Berichterstattung in den Medien Strafanzeige gegen den 60-jährigen Sänger gestellt.
Die Kanzlei, die Lindemann vertritt, kündigte zudem an, weiterhin hart gegen «unzulässige Berichterstattung» und «unwahre Tatsachenbehauptungen» in den Medien und sozialen Netzwerken vorzugehen.
Verwendete Quellen:
(t-online, cc)