Lonnie Holmes ist 21 Jahre alt. Seine vier Cousins sind in Schiessereien gestorben. Vielleicht folgt er ihnen bald nach. Jetzt, wo er aus dem Gefängnis entlassen wurde, wo er wegen Tragens einer geladenen Waffe gesessen hatte.
Doch vielleicht kommt es anders. Denn im kalifornischen Richmond, wo Holmes lebt, wird seit fünf Jahren ein Anti-Waffen-Verbrechen-Programm getestet: Das «Office of Neighborhood Safety» zahlt ehemaligen Gewaltverbrechern monatlich bis zu 1000 Dollar – wenn sie ihre Waffen stecken lassen. Finanziert wird es durch private Spenden und kostet durchschnittlich 70'000 US-Dollar pro Jahr. Auch Holmes kriegt dieses Geld. Und nicht nur er. Das Programm soll nun auch in anderen Städten Amerikas Anwendung finden. In Washington redet man bereits davon, für die Umsetzung Steuergelder zu verwenden. Denn es habe sich gezeigt, dass mit Hilfe dieses Programms die Mordrate gesenkt werden könne, schreibt die «Washington Post».
Doch unumstritten ist die Sache nicht. Denn es verlangt, einige Grundsätze und Vorstellungen von Recht und Ordnung zu verwerfen: Richmond hat Ex-Häftlinge angeworben, die als Mentoren für junge Gewalttäter fungieren. Sie organisieren Reisen für rivalisierende Banden nach Südafrika oder Mexiko-Stadt, in der Hoffnung, dass solche Erfahrungen die Gewalttäter dauerhaft von der Strasse fernhalten und sie ihre alte Gangfehden vergessen lassen.
Um das Vertrauen der Jugendlichen in ihre Mentoren zu stärken, arbeiten diese nicht direkt mit der Polizei zusammen. Die Beamten sollen gewollt nicht alles über die Machenschaften der Ex-Sträflinge wissen.
Inzwischen wird in Miami, Toledo, Baltimore und zwölf weiteren Städten über die Einführung des Programms diskutiert.
Die Argumente der Gegner lauten:
DeVone Boggan, der Gründer des Multi-Millionen-Programms hält dagegen:
In den fünf Jahren, in denen das Projekt laufe, seien 84 von 88 jungen Männern am Leben geblieben. Und in vier von fünf Fällen wurden die Teilnehmer nicht wieder rückfällig: Sie machten weder Gebrauch von Waffen, noch wurden sie durch Schusswaffen verletzt.
Das Programm beginnt mit intensiven Gesprächen, in denen die Teilnehmer sich zunächst Ziele setzen, die sie erreichen wollen. Sie reden mit Psychologen, aber ohne zu wissen, dass sie es mit Fachkräften zu tun haben.
Lonnie Holmes least sich für 500 Dollar im Monat einen Nissan. Und er kauft Marihuana. Aber «auf die Jagd» geht er nicht mehr. Und wenn das Programm endet, kriegt er kein Geld mehr. Deshalb bewirbt er sich jetzt als Fahrer für Uber.
(rof via «Washington Post»)