Im Februar 2023 hat McDonald's UK eine rechtlich bindende Abmachung der «Equality and Human Rights Commission» unterschrieben und sich darin dazu verpflichtet, seine Mitarbeitenden vor sexuellen Übergriffen zu schützen. Stolz verkündete einer der grössten nicht staatlichen Arbeitgeber des Vereinigten Königreichs, in diesem Bereich bereits eine sehr positive Erfolgsbilanz zu ziehen. Nun zeichnen Recherchen der BBC ein ganz anderes Bild des Fast-Food-Riesen.
Für ihre Recherche hat die BBC mit ehemaligen und aktuellen Mitarbeitenden von McDonald's gesprochen – die über 100 Vorwürfe, die diese dabei erhoben haben, wiegen schwer. Während fünf Monaten erzählten die Betroffenen den Journalisten 78 Mal von sexueller Belästigung und 31 Mal von sexuellem Missbrauch. Ganze 18 Mal erzählten Betroffene von rassistischen Beleidigungen und sechs Personen erzählten, dass sie mit Homophobie am Arbeitsplatz konfrontiert waren.
Es folgen einige der Anschuldigungen, die die Mitarbeitenden gegenüber BBC geäussert haben:
Viele der Mitarbeitenden berichten davon, dass die sexuellen Belästigungen oftmals von den Managern der jeweiligen Standorte ausgingen. Und dass die Vorgesetzten es immer wieder versäumten, auf die Beschwerden zu reagieren und zu handeln. Eine Angestellte gab an, von ihren männlichen Kollegen als Frischfleisch betrachtet worden zu sein. Andere Frauen erzählten, sie seien gezwungen worden, Uniformen anzuziehen, die zu eng waren. Sowieso galt die Devise «tits on tills – boys in the kitchen, girls on the counter», also Jungs in die Küche, Mädchen an den Tresen.
Die ehemalige Mitarbeiterin Shelby war erst 16 Jahre alt, als sie bei McDonald's anfing. Ältere Mitarbeiter hätten die enge Küche als Vorwand genommen, junge Mitarbeiterinnen unsittlich zu berühren. «Jede Schicht, die ich arbeitete, gab es mindestens einen anzüglichen Kommentar. Oder eine Hand, die mich streifte. Oder ich wurde sogar an den Hüften oder am Hintern begrabscht.» Nach einem besonders schlimmen Vorfall wandte sich die Teenagerin an das Management – welches daraufhin nichts unternahm.
Auch die 17-jährige Chinyere machte ähnliche Erfahrungen: Sie wurde von einem deutlich älteren Mitarbeiter sexuell belästigt und war mit Rassismus konfrontiert. Als sie sich ans Management wendet, heisst es bloss, sie solle den Mann ignorieren und sich zurück an die Arbeit machen. Erst als ihr Stiefvater sich mit einer Beschwerde an McDonald's und die Polizei wendet, wird der Mitarbeiter entlassen. Chinyere glaubt, dass ohne das Einmischen ihres Stiefvaters wohl nie etwas unternommen worden wäre.
McDonald's hat sich zu Chinyeres Fall geäussert und sich bei ihr entschuldigt. Ihre Erfahrungen seien «abscheulich und inakzeptabel». Die Fast-Food-Kette fügte hinzu, dass man innert drei Tagen nach Bekanntwerden der Vorwürfe entsprechend gehandelt und den Mann sofort entlassen habe. Konfrontiert mit den zahlreichen Anschuldigungen gegen ihre Restaurant-Angestellten und vor allem deren Management, sagt McDonald's: «Alle Mitarbeitenden verdienen einen Arbeitsplatz, der sicher, respektvoll und inklusiv ist.» Die Kette entschuldige sich «von ganzem Herzen» und versprach zudem, alle vorgebrachten Vorwürfe zu untersuchen und entsprechende Massnahmen gegen die Beteiligten einzuleiten.
Dass McDonald's ein problematisches Arbeitsumfeld bietet, ist nichts Neues. Bereits vor fünf Jahren wurden diverse Anschuldigungen publik gemacht. Damals waren bei der Lebensmittelindustrie-Gewerkschaft «Bakers, Food and Allied Workers Union» tausend Beschwerden eingereicht worden. Weil man sich bei der Einigung oft auf eine Verschwiegenheitsklausel einliess, wurde über diese Fälle in der Öffentlichkeit relativ wenig berichtet. Und damit ist das Vereinigte Königreich nicht alleine: Auch in den USA laufen gerade Gerichtsverfahren wegen Vorwürfen der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz gegen die Fast-Food-Kette. (anb)