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Donald Trump: Von diesem 4 Billionen Rätsel hängt sein Schicksal ab

Von diesem 4 Billionen Dollar schweren Rätsel hängt Donald Trumps Schicksal ab

Künstliche Intelligenz lässt die Börsen boomen und hilft Trumps Popularität. Berühmte Investoren verweisen nun auf eine Frage, die eigentlich nur Buchhalter interessieren sollte.
01.12.2025, 22:0901.12.2025, 22:09
Niklaus Vontobel / ch media

Donald Trump hatte für seine zweite Amtszeit grosse Versprechen gemacht: «Die Einkommen schnellen in die Höhe, die Inflation verschwindet vollständig, die Mittelschicht prosperiert wie nie zuvor.» Nach Ansicht der Konsumenten hat er diese Versprechen jedoch nicht eingehalten, wie eine Umfrage der Universität Michigan zeigt. Ihre Stimmung ist – abgesehen von der Corona-Zeit – so schlecht wie seit 40 Jahren nicht mehr.

US-Präsident Donald Trump: Crasht der KI-Boom, crasht auch er?
US-Präsident Donald Trump: Crasht der KI-Boom, crasht auch er? bild: KI-generiert/Shutterstock AI

Trumps Beliebtheitswerte sinken, zuletzt erinnerte der Trend fast an einen freien Fall. «Kein Präsident der jüngeren Geschichte ist so schnell so tief gefallen wie Trump», schreibt das Magazin «The Economist». Und Trump würde noch schneller fallen, gäbe es nicht den Boom in der Künstlichen Intelligenz (KI). Im ersten Halbjahr waren die gigantischen Investitionen in Datenzentren und Superchips laut einer Schätzung für 92 Prozent des Wirtschaftswachstums verantwortlich. Ohne den KI-Boom wäre die Wirtschaft also stillgestanden.

Dieser Boom ist jedoch wackliger als es der Hype vermuten lassen würde. Er steht und fällt gar mit einem Rätsel, das eigentlich nur Buchhalter interessieren dürfte: Wie schnell müssen die Datenzentren und Superchips abgeschrieben werden? Je nach Antwort können an der US-Börse bis zu 4000 Milliarden Dollar verschwinden – also 4 Billionen Dollar. Der «Economist» titelt deshalb von einem «4 Billionen Dollar schweren Buchhaltungsrätsel im Herzen der Künstlichen Intelligenz».

Die 4-Billionen-Frage stellt sich, weil im KI-Boom solche Unmengen von Geld verbaut werden. Milliarden sind nicht genug. Es sind Billionen. Allein 2024 war es fast 1 Billion Dollar, schätzt die Forschungsfirma Gartner. Schon 2026 werden es 2 Billionen sein. Ein Grossteil davon kommt von den fünf amerikanischen KI-Giganten: Microsoft, Amazon, Meta, Alphabet und Oracle.

Mit den Billionen werden die neuesten Superchips gekauft und Datenzentren erstellt. Alles ist riesig, visionär, bahnbrechend. Und doch muss es verbucht und abgeschrieben werden. Wie jede andere Investition auch. Wie etwa ein Ofen oder ein Kühlschrank in einem Restaurant.

Bei den Superchips hängt das Tempo der Abschreibung davon ab, wie schnell neue Generationen auf den Markt gelangen. Der Hersteller Nvidia will jedes Jahr bessere Chips herausbringen. Ist also das, was heute neu ist, in einem Jahr schon überholt? Was ist es dann noch wert? Lässt sich damit noch Geld verdienen? Oder flüchten alle Kunden zur Konkurrenz, wo die Chips auf dem neuesten Stand sind und die KI besser arbeitet?

Für die Buchhaltung bei den KI-Giganten stellt sich deshalb die Frage: Sind sechs Jahre angemessen für einen Superchip? So handhaben es die Konzerne aktuell. Oder sollten die Chips nach drei Jahren auf null abgeschrieben sein? Nach zwei? Nach einem?

Abschreibungen als das am meisten gehasste Wort an der Börse

Von der Antwort hängt ab, welchen Gewinn die fünf amerikanischen KI-Giganten ausweisen dürfen. Laut Berechnungen des «Economist» haben sie die Datenzentren zu einem Wert von schätzungsweise 156 Milliarden Dollar in den Büchern stehen und wollen sie über sechs Jahre hinweg abschreiben. 2024 mussten sie deshalb Abschreibungen von ungefähr 26 Milliarden vornehmen. Ihr Gewinn war um diese 26 Milliarden kleiner.

Was passiert, wenn die Giganten ihre Chips nach drei Jahren abschreiben müssen? Dann fallen in diesen Jahren doppelt so hohe Abschreibungen an, welche den Gewinn nach unten drücken. 2024 hätten die KI-Giganten nicht 26 Milliarden abgeschrieben, sondern 52 Milliarden – und hätten nochmals 26 Milliarden weniger Gewinn gemacht. Bei diesen Giganten sind das allerdings nur 8 Prozent des Jahresgewinnes. Doch auch damit ist die Rechnung nicht zu Ende. Der richtige Knall kommt erst an der Börse.

Denn jeder Dollar an Gewinn, welche die KI-Giganten verdienen, ist an der Börse ein Vielfaches wert: 30 Mal so viel. Vereinfacht gesagt: machen die KI-Giganten einen Dollar mehr Gewinn, geht ihr Börsenwert um 30 Dollar in die Höhe. Umgekehrt heisst das, dass ein Dollar weniger Gewinn von der Börse gleich 30-fach abgestraft wird. 26 Milliarden Dollar weniger Gewinn gibt an der Börse einen Abzug von 780 Milliarden Dollar.

Muss alles noch schneller abgeschrieben sein, also innerhalb von zwei Jahren, wären das 52 Milliarden weniger Gewinn und an der Börse dann 1560 Milliarden weniger. Kommt es ganz brutal und müssen die Konzerne die ganzen 156 Milliarden in einem Jahr abschreiben, würden sie 130 Milliarden weniger an Gewinn machen. An der Börse würden sich dann 3900 Milliarden Dollar in Luft auflösen – oder eben fast 4 Billionen Dollar.

So viel steht also auf dem Spiel bei der trockenen buchhalterischen Frage, wie Datenzentren abzuschreiben sind. Das Portal «Yahoo Finance» schreibt deshalb, «Abschreibung» sei zurzeit an der Börse das unbeliebteste Wort.

Berühmte Investoren schalten sich ein. Wenn der Facebook-Konzern Meta seine Superchips tatsächlich schneller abschreiben müsse, dann «sind die meisten seiner Gewinne deutlich zu hoch ausgewiesen», warnt Jim Chanos, der gegen den einst gehypten deutschen Zahlungsdienstleister  Wirecard wettete – und auf spektakuläre Weise recht bekam.

Noch berühmter ist Michael Burry. Er hatte vor der Finanzkrise von 2008 auf sinkende Immobilienpreise gewettet und wurde dafür im Buch und dann im Film «The Big Short» verewigt. Jetzt wirft Burry dem Chip-Giganten Nvidia vor, dieser würde mit zu tiefen Abschreibungen seine Gewinne «künstlich steigern». Dieses Vorgehen sei «eine der häufigsten Betrugsarten unserer Zeit».

Superchips wie Autos, die jeden Tag ein 24-Stunden-Rennen fahren

Vielleicht wird die Frage nach der Werthaltigkeit von Superchips bald von den Chips selbst beantwortet. Denn es geht nicht allein um das Tempo, mit dem neue Generationen auf den Markt kommen. Genauso wichtig, wenn nicht wichtiger, ist der Verschleiss, sagt Paul Kedrosky, Forscher am Massachusetts Institute of Technology und Partner in einem Venture-Fonds. Im Interview mit der Nachrichtenagentur «Bloomberg» warnt Kedrosky: Superchips würden ganz anders eingesetzt als gewöhnliche Chips und sich deshalb viel schneller verschleissen.

Noch mögen sie ihn an der Börse: US-Präsident Donald Trump.
Noch mögen sie ihn an der Börse: US-Präsident Donald Trump. bild: Michael Nagle / Bloomberg

Mit gewöhnlichen Chips werden etwa riesige Mengen an Daten gespeichert. Sie würden dabei in etwa so wenig beansprucht wie ein Auto, mit dem man lediglich jeden Sonntag zur Kirche fahre. Die Abnutzung solcher Chips ist gering, eine Haltbarkeit von sechs Jahren laut Kedrosky gut möglich.

Superchips hingegen werden ganz anders eingesetzt, sagt Kedrosky. Wenn man aktuelle Nvidia-Chips verwende, um ein KI-Modell zu trainieren, laufen diese Chips rund um die Uhr, immer unter Volllast, bei hoher Temperatur und bei riesigem Verbrauch an Strom und Wasser. Mit Superchips sei es wie mit einem Auto, das jeden Tag das 24-Stunden-Rennen von Le Mans fahre, sagt Kedrosky. Ihre Lebensdauer liege wahrscheinlich nur bei zwei Jahren, vielleicht sogar nur bei 18 Monaten. Eine so kurze Lebensdauer würde für ein ziemliches Beben an der Börse wohl reichen.

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