Vor sieben Jahren setzte die SVP zum «Sturm auf das Stöckli» an. Sie wollte mit ihren Topshots den Besitzstand im Ständerat ausbauen. Die Strategie geriet zum Rohrkrepierer. Am Ende hatte die SVP weniger Sitze als zuvor. Nun hat sich die Geschichte in der Stadt Zürich wiederholt: Die Bürgerlichen wollten die Mehrheit im Stadtrat erobern und verloren stattdessen einen Sitz.
An Einsatz hat es nicht gemangelt. Bis fast zur letzten Minuten war das «Top5»-Bündnis aus FDP, SVP und CVP auf Achse und warb um die Stimmen der Unentschlossenen. Gleichzeitig traten die früher oft heillos zerstrittenen Bürgerlichen so geeint auf wie lange nicht. Genützt hat es rein gar nichts: Von den drei Parteien ist nur noch die FDP im Stadtrat vertreten, mit zwei Sitzen.
Für die bürgerliche Pleite gibt es mehrere Gründe. Der No-Billag-Effekt mag eine Rolle gespielt haben, doch primär geht es bei solchen Wahlen um Lokalpolitik. Die rotgrüne Stadtratsmehrheit hat in den letzten vier Jahren nicht geglänzt, aber auch zu wenig falsch gemacht, um von der Wählerschaft abgestraft zu werden. Zürich ist eine attraktive Stadt, die öffentlichen Einrichtungen funktionieren. Und die Finanzlage ist im wahrsten Sinne im grünen Bereich.
Natürlich ist nicht alles Gold, was glänzt. Trotz Lippenbekenntnissen zur sozialen Durchmischung konnte der Stadtrat die Umschichtung hin zu den Besserverdienenden nicht aufhalten. Das sorgt für einen anhaltenden Druck auf dem Wohnungsmarkt. Auch der Absturz der überforderten Gesundheitsdirektorin Claudia Nielsen wirft ein schiefes Licht auf die Stadtregierung.
Das Hauptproblem aber sind die Bürgerlichen selbst. Das beginnt bei der SVP, die einmal mehr den Einzug in den Stadtrat verpasst und auch im Gemeinderat eine Schlappe erlitten hat. Die guten Umfragewerte ihrer Kandidatin Susanne Brunner waren Augenwischerei. So lange die SVP-Bewerber stramm auf Parteilinie politisieren, sind sie im linksliberalen Zürich chancenlos.
Wahlschlappe für die @SVP_Stadt_Zueri: Mauro Tuena mit einer ersten Analyse der Fehler. #ZueriWahl18 #ZüriWahl18 @watson_news pic.twitter.com/25gAv3xmCu
— Christoph Bernet (@ChristophBernet) March 4, 2018
Die CVP war jahrzehntelang eine kleine, aber feste Grösse im reformierten Zürich. Unter dem aus der Ostschweiz zugezogenen Stadtratskandidaten Markus Hungerbühler rückte die im christlichsozialen Milieu verwurzelte Partei nach rechts. Die Quittung dafür ist brutal: Die CVP wurde aus dem Stadt- und dem Gemeinderat geworfen und zur politischen Nullnummer degradiert.
Was den (Rechts-)Bürgerlichen aber wirklich zum Verhängnis wurde, ist ihre verfehlte Politik. Auf der Prioritätenliste der Stadtbevölkerung ganz oben stehen günstige Wohnungen, Velowege und ein besserer ÖV. Die Bürgerlichen aber bekämpften Projekte für gemeinnützigen Wohnungsbau und machten sich stark für mehr Parkplätze.
Wer mit einer solchen Filterblasen-Politik die Bedürfnisse der Mehrheit ignoriert, darf sich über gar nichts wundern.
Profitieren konnten die Grünliberalen, die mit ihrem Profil und ihrem Wähleranteil längst in den Stadtrat gehört hätten. Ihr Problem war bislang das Personal. Mit Andreas Hauri hatten sie nun den richtigen Kandidaten. Er hat eine sympathische Ausstrahlung und machte das Manko eines fehlenden Bündnisses mit einem beherzten Wahlkampf wett. Sein Wahlerfolg ist nur logisch.
Er muss auch der FDP zu denken geben. Wenn sie wirklich eine liberalere Politik in der Stadt Zürich anstrebt, muss sie eine Allianz mit den Grünliberalen ins Auge fassen. Mit der Blocher-SVP und der irrelevant gewordenen CVP kann sie nichts gewinnen. Top5 ist definitiv Flop5.