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Cosa Nostra: Das ist die Geschichte der ältesten Mafia der Welt

Die Mutter aller Mafias kennt keine Grenzen

Sie ist die Ur-Mafia, ihre Methoden sind blutige Legende. Aber wie arbeitet die Cosa Nostra?
28.09.2023, 16:1928.09.2023, 16:19
Annika Leister / t-online
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«Ich mache ihm ein Angebot, das er nicht ausschlagen kann!» Diesen Satz kennt fast jeder, Marlon Brando hat ihn als Mafia-Boss Vito Corleone im Film «Der Pate» berühmt gemacht. Angelehnt ist der Film an die Methoden der sizilianischen Mafia – allerdings sind die Figuren wie die Handlung rein fiktiv. Als «Ehrenmänner» stellt Regisseur Francis Ford Coppola die Mafiosi der Cosa Nostra dar und hat ihnen ein teils verklärendes Denkmal gebaut. Mit Ehre aber haben ihre Geschäfte nur wenig zu tun.

Wie also funktioniert sie, die italienische Ur-Mafia, die Cosa Nostra aus Sizilien? Welche Methoden wendet sie an und wie ist sie organisiert?

Was ist die Cosa Nostra?

Die Cosa Nostra ist so etwas wie die Ur-Mafia. Es gibt sie bereits seit dem 19. Jahrhundert. Damals setzten die Verwalter adliger Grossgrundbesitzer lokale Banden ein, um ihre Grundstücke zu schützen und Zinsen von Bauern einzutreiben. Im Laufe der Zeit entwickelte sich die Cosa Nostra (übersetzt: Unsere Sache) zunächst zur Verbrecherorganisation mit Tausenden Mitgliedern in Sizilien und schliesslich zu einem international agierenden Netzwerk.

Wer «Mafia» sagte, meinte lange allein die «Cosa Nostra». Im Dialekt, der rund um die Cosa-Nostra-Heimat Palermo gesprochen wird, hat «mafia» dabei eine positive Bedeutung und wird mit Schönheit, Mut, Tapferkeit assoziiert. Das entspricht dem Selbstverständnis der sizilianischen Mafiosi, die sich auch «Ehrenmänner» nennen.

Mit der Zeit entwickelten sich in anderen Teilen Italiens weitere Verbrecherorganisationen, die mit ähnlichen Methoden arbeiten, wie die Camorra und die 'Ndrangheta. Inzwischen wird der Begriff breit verwendet – zum Beispiel auch für kriminelle Organisationen aus anderen Ländern.

Mit welchen Methoden arbeitet die Cosa Nostra?

Schutzgeld, Erpressung und Entführungen waren lange Kerngeschäft der Cosa Nostra. Für Geschäftsleute auf Sizilien war es über Jahrzehnte der Standard, nicht nur Steuern an den Staat zu zahlen, sondern auch den sogenannten «Pizzo» an die Mafia zu entrichten. Ein einträgliches Geschäft. Wer nicht zahlte, erfuhr Gewalt.

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Mafia-Boss Vito Corleone im Film «Der Pate».Bild: memorabletv.com

Seit Langem aber hat sich das Geschäft der Cosa Nostra ausgeweitet. Drogen- und Waffenhandel, Prostitution, Wetten, Geschäfte mit Immobilien, Grundstücken und Krediten – was immer Geld bringt, die Cosa Nostra ist dabei. «Der moderne Mafioso ist nicht der mit der Pistole, sondern das sind IT-Spezialisten, Banker und Anwälte», erklärt Peter Voegeli, Italien-Experte des SRF.

Ab den 1980er-Jahren löste die Cosa Nostra mit ihren Methoden allerdings immer stärkeren Protest und politische Gegenreaktionen in Italien aus. So zum Beispiel Anfang der 90er-Jahre mit der Entführung des kleinen Giuseppe Di Matteo, der zwei Jahre lang unter unmenschlichen Umständen festgehalten wurde. Die Cosa Nostra wollte seinen Vater vor Gericht zum Schweigen bringen. Giuseppe überlebte nicht, er wurde keine 15 Jahre alt. Am Ende erdrosselten ihn die Mafiosi und lösten seinen Körper in Säure auf.

Ebenfalls Anfang der 90er-Jahre erschütterte eine blutige Anschlagsserie Italien. Im Mai 1992 wurde unter anderem der als Mafiajäger bekannte Jurist Giovanni Falcone durch eine Autobombe ermordet. Der 500 Kilogramm gewaltige Sprengsatz detonierte unter der Strasse, als Falcone sein Auto in einer Kolonne gerade darüber steuerte.

Der Boden wurde aufgerissen, Falcone und seine Frau sowie drei Leibwächter starben. Das Attentat ging als «Blutbad von Capaci» in die italienische Geschichte ein und löste massive Proteste gegen die Methoden der Mafia aus. Wenige Wochen später wurde Falcones engster Vertrauter im Kampf gegen die Mafia, Paolo Borsellino, ebenfalls durch einen Sprengstoffanschlag getötet.

Bildnummer: 53942722 Datum: 20.07.1992 Copyright: imago/Granata Images
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In diesem Auto sass Paolo Borsellino.Bild: imago

Die Attentate, mit denen die Mafia ihre Macht demonstrieren wollte, hatten allerdings einen anderen Effekt: Die Morde an Falcone und Borsellino rüttelten Italien wach, immer mehr Menschen protestierten gegen die Mafia und ihre Methoden, in der Schule gab es fortan Aufklärungsunterricht – und die Behörden schlugen eine wesentlich härtere Gangart gegen die Mafiosi ein.

Viele Italiener haben Familienmitglieder an die Mafia verloren oder wurden von ihr bedroht. So auch Sergio Mattarella, der seit 2015 Präsident Italiens ist. Sein Bruder Piersanti war Regionalpräsident von Sizilien und wurde 1980 von Mafiosi in seinem Auto erschossen. Sergio Mattarella half, seinen schwerverletzten Bruder aus diesem herauszuziehen – vor den Augen seiner Schwägerin und deren Kindern. Bei der Mafia handele es sich um «ein Krebsgeschwür», sagte Mattarella in einem Interview, das die Freiheit und die Chancen aller Menschen unterdrücke und einschränke.

Wie ist die Cosa Nostra organisiert?

Die Hierarchie in der Mafia ist streng, die Aufgaben sind klar verteilt. Werte und Methoden werden oft von klein auf weitergegeben. Auch von den Frauen und Müttern – obwohl sie selbst keine führende Rolle in der Cosa Nostra übernehmen dürfen.

Ähnlich einer Pyramide stehen auf der untersten Stufe viele Kleinkriminelle, die die Arbeit auf der Strasse und die dreckigsten und gefährlichsten Jobs erledigen. Sie strukturieren sich – oft, aber nicht ausschliesslich – nach familiärer Herkunft sowie Region in «Coscas», also Familien. Über allem thront die «Cupola», das oberste Gremium der Mafia, in dem die wichtigsten Köpfe Entscheidungen fällen und Streitigkeiten zwischen den Familien lösen.

Da Spitzel, Maulwürfe und Deals mit den Behörden der Cosa Nostra in den vergangenen Jahrzehnten stark geschadet haben, wurde die Geheimhaltung verschärft: Oft kennen Mitglieder nun nur noch ihren direkten Boss, wer in der «Cupola» sitzt, ist ihnen unbekannt.

People identified by police as cousins with the same name, Giuseppe Giorgi, both from Italy, center, are shown with their faces covered to the press, by police at the Interpol Office in Asuncion, Para ...
Mutmassliche Mitglieder der 'Ndrangheta.Bild: keystone

Wie mächtig ist die Cosa Nostra heute noch?

In den vergangenen Jahren hat die Cosa Nostra, vor allem aufgrund intensiver Verfolgung durch die Behörden, massiv an Macht eingebüsst. Ende Januar dieses Jahres wurde mit Matteo Messina Denaro einer der letzten grossen Bosse der Cosa Nostra nach drei Jahrzehnten auf der Flucht gefasst.

Mancher Experte sieht die Cosa Nostra am Ende, die 'Ndrangheta gilt als brutaler und erfolgreicher. Diese Einschätzung aber ist umstritten – und nicht nur Italien kämpft weiter einen blutigen Kampf gegen die Mafia insgesamt.

«Diese Schlacht geht an uns», sagte Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni nach Denaros Verhaftung, «aber wir haben noch nicht den Krieg gewonnen. Wir haben die Mafia noch nicht bezwungen». Der berüchtigte Mafiaboss ist inzwischen verstorben, wie Sie hier lesen.

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