Die dritte Staffel «Emily in Paris» endete mit viel Drama. Camille, in ihrem weissen Kleid, lässt Gabriel vor dem Altar stehen. Weil er, der Schönling, und Emily, die Amerikanerin, sich angeblich ineinander verliebt haben. Was für ein unschönes Ende. Und dann erzählt der sitzengelassene Schönling der Amerikanerin auch noch, dass Camille schwanger ist.
Bei dieser Szene fragte ich mich:
Entsprechend konnte ich die vierte Staffel kaum erwarten. Jetzt ist sie endlich da. Und enttäuscht.
Wie schon in den ersten drei Staffeln gab es auch in dieser Staffel ein völlig verkorkstes Drehbuch, fette franko-amerikanische Klischees, ein Paris, das noch sauberer war als während der Olympischen Spiele, als die Obdachlosen freundlich «umgesiedelt» wurden, ein bunteres und schrilleres Outfit nach dem anderen und Schauspieler, denen man gesagt hat, sie sollten jedes Verständnis von Schauspielerei vergessen...
Die vierte Staffel ist aber vor allem eines: unglaubwürdig. Es beginnt mit dem Irrsinn, dass Emily und ihr Freund Alfier auserwählt werden, um das perfekte Paar in einem Werbespot zu verkörpern, der von der Werbeagentur, in der Emily arbeitet, geleitet wird. Glaubwürdigkeit: -8/10.
Aber es wird noch absurder. Denn: Camille ist verschwunden. Das sagt ihr der sitzengebliebene Gabriel:
Emily, die in ihrer Freizeit scheinbar Polizistin ist, weiss glücklicherweise, wohin Camille geflüchtet ist. Nach Griechenland. Zu Sofia, ihrer griechischen Geliebten.
Weil das so französisch ist, nicht wahr? Die Franzosen essen Croissants und sind enthemmt, oder?
Emily ist ob dieser Nachricht völlig durcheinander und stürzt sich deshalb in die Arbeit. Typisch Amerikanerin, oder?
Emily beschliesst, Gabriel alles zu erzählen. So ist das Thema wenigstens erledigt. Und ausserdem haben die beiden so die Möglichkeit, fröhlich nach Griechenland zu fahren, um Tzatziki zu essen um das Land nach Camille abzusuchen.
Doch dann – oh Schreck – streiten sich Gabriel und Emily. Da hört mein Herz fast auf zu schlagen, weil es so ... schlecht gespielt ist.
Dann findet Emily heraus: Camille ist doch nicht in Griechenland. Sondern in Giverny, eine Stunde von Paris entfernt, in Monets Gärten. Denn wenn die Franzosen traurig sind, reisen sie an die Orte, die einst die grossen Künstler inspirierten. Logisch, oder? (Nein.)
Camille und ihre neue Freundin suchen eine neue Wohnung und finden diese zum Glück ganz schnell – weil das auf dem Immobilienmarkt in Paris ja mega easy ist. Ganz zufällig (!) liegt diese neue Wohnung auch noch direkt gegenüber von Gabriels Wohnung. Was praktisch ist, weil Camille und Gabriel ja schliesslich ein Kind erwarten.
Ein Baby auf dem Weg und eine «ménage à quatre» findet die Griechin Sofia blöd. Also beschliesst sie ... was auch immer. Sie geht einfach weg, okay?
Das ist natürlich sehr traurig. Oder zumindest ist dies die einzige Szene, die sich in der ganzen Serie tatsächlich auch ein wenig traurig anfühlt.
Doch da ist schon der nächste tragische Plottwist im Anmarsch: Camille findet heraus, dass sie in Wirklichkeit ... doch nicht schwanger ist! Und sie beschliesst, es Gabriel nicht zu sagen. Weil der sich so sehr auf das Baby freut.
Und das war es dann auch schon. So endet die vierte Staffel «Emily in Paris». Eine komplett unglaubwürdige Staffel, die mir auf die Nerven geht. Und trotzdem schaue ich sie immer wieder. Weshalb eigentlich?
Emily in Paris ist wie ein grosser Cheesecake mit einem Karamell-Schokoladen-Vanille-Topping, das unsere Arterien verstopft. Es ist eklig, tut uns nicht gut, und doch will man immer mehr davon.
Das ist es wohl auch, weshalb die Netflix-Serie nach wie vor Erfolg hat. Alle wollen die zuckersüsse Schandtat probieren. Trotz des schlechten Nachgeschmacks.
Wer harten Realismus will, kann sich ja eine 2. Weltkriegsdoku anschauen.
Insofern verstehe ich die Kritik hier echt nicht. Ich sehe mir ja auch keine Tierdoku an und moniere, dass es da nur ums fressen und vögeln geht.