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15.02.2024, 16:1315.02.2024, 17:34
Bei den Meldestellen «Bern schaut hin» und «Zürich schaut hin» gab ein Drittel der jungen Frauen an, schon einmal im ÖV sexuell belästigt worden zu sein. Dass es weitaus mehr sein dürften, bestätigte eine Umfrage in der watson-Redaktion. Dort schilderten mehrere Frauen ihre Erlebnisse.
Gross war auch das Feedback in der Kommentarspalte. Mehrere Frauen erzählten, dass ihnen Ähnliches widerfahren ist, und sie bestätigen vor allem eines: Es gibt ein Problem im Schweizer ÖV.
Was man tun kann, wenn man Zeuge einer Belästigung wird, und warum der «Bystander-Effekt» ein Problem ist, erfährst du am Ende des Textes. Doch zunächst zu den Erfahrungen der Leserinnen.

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Anlaufstellen für Opfer von sexueller Gewalt
Sexuelle Übergriffe können in den unterschiedlichsten Kontexten stattfinden. Hilfe im Verdachtsfall oder bei erlebter sexueller Gewalt bieten etwa die kantonalen Opferhilfestellen oder die Frauenberatung Sexuelle Gewalt. Für Jugendliche oder in der Kindheit sexuell ausgebeutete Erwachsene gibt es in Zürich die Stelle Castagna. Betroffene Männer können sich an das Männerbüro Zürich wenden. Wenn du dich sexuell zu Kindern hingezogen fühlst oder jemanden kennst, der diese Neigung hat, kann dir diese Stelle weiterhelfen.

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Danke für deine Inputs, Offenheit und dein Vertrauen. Grosser Respekt gilt auch denjenigen Menschen, die Zivilcourage zeigten und sich für andere starkmachen.
So handelst du richtig
Apropos Zivilcourage: Was soll man tun, wenn man im ÖV eine sexuelle Belästigung beobachtet? «Es ist wichtig, hinzuschauen und Verantwortung zu übernehmen», sagt Regula Bühlmann, Leiterin der Fachstelle für Gleichstellung von Mann und Frau der Stadt Bern.
Im ÖV komme es oft zu sexuellen Belästigungen, da sich viele Leute im Raum befinden würden. «Da spielt der Bystander-Effekt», so Bühlmann. «Alle warten darauf, dass jemand anderes reagiert. Je mehr Leute in einer Situation sind, desto weniger fühlt sich die einzelne Person verantwortlich.»

Regula Bühlmann, Leiterin der Fachstelle für Gleichstellung von Mann und Frau der Stadt Bern.bild: zvg
Es sei daher wichtig, den ersten Schritt zu machen, erklärt Bühlmann. «Am besten beobachtet man zuerst die Situation und schätzt sie ein. Wenn man unsicher ist, ob ein Verhalten als übergriffig empfunden wird, kann man die betroffene Person ansprechen, ob ihr die Situation unangenehm ist.»
Manchmal würden schon kleine Handlungen etwas nützen. So könne man etwa die betroffene Person fragen, wie spät es sei, oder den Belästiger ansprechen, damit dieser merke, dass sein Verhalten registriert werde.
«Wichtig ist, dass man etwas macht. Man handelt im Grundsatz eher zu spät als zu früh.»
Regula Bühlmann
Eine Möglichkeit, der betroffenen Person zu helfen, sei zum Beispiel auch, ihr anzubieten, zusammen den Wagen zu wechseln. Wenn man die Situation nicht alleine meistern wolle, könne man auch andere Personen ansprechen. «Das macht man am besten möglichst konkret», so Bühlmann. «Etwa indem man sagt: Hey, du mit der roten Jacke, kannst du mir schnell helfen?»
Falls die Situation zu eskalieren droht, sei es auch ratsam, die Polizei zu alarmieren, so Bühlmann. Das Gute sei, dass oft auch andere Leute helfen würden, sobald jemand den Anfang mache. «Wichtig ist, dass man reagiert. Man handelt tendenziell eher zu spät als zu früh.»
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