In ihrem neuen Album geht einiges ab: Marquis Hill (tp), Braxton Cook (as), Jeremiah Hunt(b), Jonathan Pinson (dr) und Joel Ross (vb) spielen einen groovigen Jazz mit einem modernen Twist. Im gemütlichen Ambiente des Dachsaals der «Pflegi» präsentierten sie zum ersten Mal ihr brandneues Album: Modern flows volume 2. Und das hat es in sich.
«Ziel ist es, die Schwingungen mit euch zu teilen», meint Hill in einer kurzen Atempause. Und das tun sie auch prompt: Mit «Prayers for the people» fokussieren sie sich auf positive Energien. Entspannte Musik wird blitzschnell von rasanten Tempi abgelöst.
Am Anfang der Stücke ist jeweils der ursprüngliche Jazz zu spüren, bevor er sich in eine unverwechselbare, eigene Form verwandelt. Das Spiel des 30-jährigen Trompeters fällt besonders durch seine hohen und langanhaltenden Klangfolgen auf.
Mit dem Stück «Her story» regen die Künstler zu tiefsinnigen Gedanken an. «Alles, was uns beigebracht wird über Krieg und die Welt, ist aus der Perspektive eines Mannes», erklärt Hill die Inspiration hinter diesem Song.
«Und ich habe mir überlegt, wie die Weltgeschichte aussehen würde, wenn sie aus der Perspektive einer Frau geschrieben wäre». Melancholie, lang ausgehaltene Töne und ein berührendes Trompetensolo prägen diese Sichtweise. Aber es kommen auch kraftvolle und verspielte Elemente zum Zug.
Gleichberechtigung herrscht auch besonders im Zusammenspiel der Band. Auf jedes einzelne Mitglied wird grossen Wert gelegt. Die vielen Soli lassen jeden einmal im Rampenlicht stehen. Wenn Hill zwischendurch unterbricht, dann nur, um nochmals auf seine grossartigen Kollegen hinzuweisen. Dass die Band in dieser Konstellation erst seit einem Jahr besteht, merkt man nicht. Die Chemie stimmt einfach.
Der heimliche Star des Abends ist jedoch der von Hill als «junges Genie» vorgestellte Joel Ross. Mit seinem schnellen Spiel und aussergewöhnlichen Stil zieht er alle Blicke auf sich. Der Vibraphonist entlockt seinem Instrument klare und kraftvolle Töne. Mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit und Präzision reisst der mit Abstand Jüngste im Bunde das Publikum mit.
Leidenschaftlich sind nicht nur die Musiker, sondern auch der Organisator von «Musig im Pflegidach». Stephan Diethelm begrüsst warm und mit sichtlicher Vorfreude das Publikum. Für den Erstauftritt der Band bei ihm ist er gut aufgelegt und selber sehr gespannt. Einmal mehr ist es ihm gelungen, renommierte Musiker aus Chicago, Los Angeles und New York ins Klosterdorf zu holen.
Auch das Publikum ist voller Leidenschaft durchgehend mit dabei. Doch das Ende setzt noch einmal einen drauf. Ein schnelles, freches Stück findet gehörig Anklang im Publikum. «Wow» steht im Raum. Glücklich lachen sich die Bandmitglieder am Schluss an. Der Auftritt ist gelungen.
Und dass die Talente zwischendurch mit reichlich Applaus unterbrochen werden, stört die Künstler wohl kaum. Mit einem letzten «We love you» kommt die Performance zu einem Ende. Wer noch mehr hören will, nimmt sich das neue Album auf CD mit für den Nachhauseweg.