Schweiz

Parlament heisst Lockerung der Zweitwohnungs-Beschränkungen gut

ARCHIVBILD ZUM VERZICHT DES BUNDESRATES, DIE LEX KOLLER ZUR VERSCHAERFEN, AM MITTWOCH, 20. JUNI 2018 - Seconday homes with shuttered windows in Sartons, a luxury residential area above Lenzerheide-Val ...
Lenzerheide-Valbella.Bild: KEYSTONE

Parlament heisst Lockerung der Zweitwohnungs-Beschränkungen gut

05.03.2024, 10:3305.03.2024, 17:14
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Das Parlament lockert Baubeschränkungen in Gemeinden mit vielen Zweitwohnungen. Häuser, die vor dem März 2012 gebaut worden sind, sollen abgerissen, neu aufgebaut, saniert, in einem gewissen Grad erweitert und uneingeschränkt genutzt werden dürfen.

In Gemeinden mit über zwanzig Prozent Zweitwohnungen dürfen diese Bauten heute nur beschränkt umgebaut und umgenutzt werden. Die Umwelt- und Raumplanungskommission des Nationalrats (Urek-N) wollte mit der Vorlage Verdichtungen und Entwicklungen in Berggebieten möglich machen.

Mit 27 zu 11 Stimmen – gegen den Willen von SP und Grünen und mit fünf Enthaltungen – stimmte die kleine Kammer am Dienstag zu. Ihre eigene Umweltkommission hatte beantragt, dem Nationalrat zu folgen. Kommissionssprecher Beat Rieder (Mitte/VS) sprach im Ständerat von «punktueller Flexibilisierung».

Konkret sollen vor dem 11. März 2012 erstellte Gebäude – an jenem Tag wurde die Zweitwohnungsinitiative an der Urne angenommen – bei Sanierungen sowie nach einem Abbruch und Wiederaufbau um bis zu dreissig Prozent vergrössert und neue Wohnungen eingerichtet werden dürfen. Einschränkungen für die Nutzung soll es in diesen Fällen nicht geben.

Die geltenden Vorschriften verhinderten Investitionen, sagte Rieder. Brigitte Häberli-Koller (Mitte/TG) ergänzte, dass die Vorschriften energetische Sanierungen in Altbauten verhindern könnten. Es müsse möglich sein, diese Häuser nach modernen Standards umzubauen.Eine rot-grüne Minderheit lehnte die Vorlage ab. Diese löse den Bau von finanziell attraktiven Zweitwohnungen aus und widerspreche dem Verfassungsartikel, sagte Mathilde Crevoisier Crelier (SP/JU) dazu. Bezahlbare Erstwohnungen für Einheimische gerieten unter Druck.

Widerspruch zur Verfassung

Der Bundesrat hatte schon dem Nationalrat erfolglos beantragt, den so entstehenden zusätzlichen Wohnraum ausdrücklich zu Erstwohnungen für die lokale Bevölkerung zu machen und nicht zu Zweitwohnungen. Im Ständerat wurde dieser Antrag mit 17 gegen 26 Stimmen abgelehnt.

Auch der Bundesrat sei besorgt über den Mangel an erschwinglichen Wohnungen in einigen touristischen Orten, sagte Umweltminister Albert Rösti. Die nun beschlossene Regelung stehe aber in einem gewissen Widerspruch zur Verfassung.

Bundesrat Albert Roesti spricht waehrend der Fruehlingssession der Eidgenoessischen Raete, am Dienstag, 5. Maerz 2024 im Staenderat in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Albert Rösti, Umweltminister.Bild: keystone

Auch Heidi Z'graggen (Mitte/UR) plädierte für den Weg des Bundesrates. Diese ermögliche es, neue Erstwohnungen zu bauen, ohne die Nachfrage für Zweitwohnungen weiter anzukurbeln. Die Vorlage der Urek-N möge für Feriensiedlungen aus den 1960er- und 1970er-Jahren Sinn machen, aber nicht in Dorfkernen.

Perspektive für Einheimische nötig

Josef Dittli (FDP/UR) stellte sich mit einem Blick nach Andermatt UR ebenfalls hinter den Bundesrat. Der Ort profitiere zwar vom Projekt von Samih Sawiris. Die dortigen neuen Wohnungen dienten aber fast nur als Zweitwohnungen, gab er zu bedenken. Doch auch Einheimische und junge Menschen brauchten eine Perspektive.

«Ohne Möglichkeiten, Zweitwohnungen zu bauen, hätte es das Projekt von Sawiris in Andermatt nicht gegeben», entgegnete der Oberwalliser Rieder. Die Gemeinde habe Möglichkeiten, diesen Entwicklungen entgegenzuwirken, mit an ihre Situation angepassten Reglementen.

Der Nationalrat hatte die Vorlage gegen den Willen von SP, Grünen und GLP gutgeheissen. Sie ist bereit für die Schlussabstimmungen. Den Anstoss dazu gegeben hatte Nationalrat Martin Candinas (Mitte/GR) mit einer parlamentarischen Initiative. (sda)

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65 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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H. Fröhlich
05.03.2024 10:59registriert März 2019
Damals hat die Stadtbevölkerung den Bergler die Zweitwohnungsinitiative reingedrückt. Umgekehrt haben die Bergler den Städter die Minarettsverbotsinitiative durch gesetzt.

D.h. Die Städter dürfen jetzt im Gegenzug das Bauverbot für Minarette lockern? Z.B. Nur halbrunde oder nicht so hohe Minarette?

Schön zu sehen, wie die Bürgerlichen mit ihrem so viel gelobten "Volkswillen" umgehen wenn sie eine Möglichkeit für mehr privaten Profit sehen.
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Grüner Kobold
05.03.2024 10:46registriert Oktober 2018
Klar doch, massive Probleme auf dem Wohnungsmarkt. Was tut der bürgerliche Nationalrat? Interessiert ihn einen "Scheissdrecke" und forciert stattdessen Verfassungswidrig den Bau von Zweitwohnungen.

Der Krug geht solange zum Brunnen, bis er bricht.
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Rethinking
05.03.2024 11:08registriert Oktober 2018
Diese Lockerung bringt einfach noch mehr Zweitwohnungen und hilft rein garnicht bezahlbaren Wohnraum zu schaffen…
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