Bei der Abstimmung über die Durchsetzungsinitiative ging die Debatte los: Gewichtet die Linke die Ästhetik bei Plakatdesigns höher als die politische Botschaft?
Auslöser war ein Plakat aus dem Lager der DSI-Gegner: «Nein – No – Non» war darauf in verzerrten, langgezogenen schwarzen Lettern zu lesen. In den sozialen Medien entbrannte daraufhin unter den DSI-Gegnern eine heftige Diskussion.
Die Kritik: Während SVP & Co. es schaffen, mit ihren Plakaten simple Botschaften unters Volk zu bringen, verzettelt sich die Linke mit verklausulierten Botschaften auf schöngeistigen Sujets, die mehr an Kunstausstellungen als an Wahlkampf erinnern – dies, obwohl die Aussage an sich – ein schwarzes, kantiges «Nein» – simpler kaum hätte sein können.
Vor der Abstimmung über die AHV-Plus-Initiative machen Gewerkschaften und das linksgrüne Lager mobil. Seit Wochenfrist hängen in den grösseren Agglomerationen und an den Bahnhöfen die Plakate, die für eine Erhöhung der AHV-Renten weibeln – und erneut sorgt das Plakat-Sujet für Kopfschütteln.
«Wer rechnet, stärkt die AHV», lautet der Slogan, der sich durch einen stilisierten Diamanten hindurchzieht. Erst bei genauerem Hinsehen erkennt man, dass der Diamant aus den Buchstaben AHV zusammengesetzt ist.
«Wer so wirbt, braucht keine Gegner oder Konkurrenz», oder «Herzliche Gratulation zum unleserlichsten und layouttechnisch miserabelsten Plakat», so der beissende Spott auf Twitter. Andere loben das Design als gelungen.
Thomas Zimmermann, Mediensprecher des Gewerkschaftsbunds SGB, der die Ja-Kampagne koordiniert, zeigt sich erfreut, dass die Plakate zur Diskussion anregen. «Plakate sind entweder umstritten, oder sie haben ihr Ziel verfehlt. Dieses Plakat polarisiert.» So gesehen habe man das Ziel erreicht.
Die Kritik, dass eine einfachere Plakat-Sprache direkter und verständlicher gewesen wäre, kann Zimmermann nachvollziehen; er hält aber dagegen: «Das Sujet stachelt an, es zwingt die Leute zum Nachdenken. Und wer bei dieser Vorlage lieber ein altes Paar auf einer Parkbank gesehen hätte, dem muss ich sagen: Wir machen keine Werbung für ein 3.-Säule-Angebot.»
Hinter dem Plakat-Layout steht Jonas Vögeli von der Zürcher Designschmiede Hubertus Design – derselbe, der auch die Anti-DSI-Plakate gestaltet hat.
Für die Plakatkampagne stehen rund 200'000 Franken zur Verfügung – das Hauptaugenmerk des Ja-Lagers liegt aber woanders: «Der Grossteil unseres Budgets wird für die Abstimmungszeitung verwendet», sagt Zimmermann. So wolle man mit den Leuten direkt ins Gespräch kommen.
Im Hinblick auf die Abstimmung am 25. September ist Zimmermann zuversichtlich: «Die Bevölkerung hat realisiert, dass die Situation bei der 2. Säule gravierend ist. Die Pensionskassenrenten sinken, deshalb muss die AHV gestärkt werden.»
Die erste Trendumfrage der SRG deutet auf ein leichtes Plus bei den Befürwortern hin. 49 Prozent würden Ja stimmen, 43 Prozent Nein, acht Prozent sind noch unsicher.
Gewerkschaftssprecher Zimmermann dazu: «Umfragen sind Umfragen. Abgerechnet wird am Schluss.» (wst)