Nur 44 Prozent der Stimmberechtigten nahm an den Abstimmungen Mitte Mai teil. Weder das Frontex-Referendum noch die Organspende, geschweige denn das Filmgesetz, konnten das Stimmvolk mobilisieren.
Das dürfte sich im September ändern. Denn dann kommen vier Vorlagen an die Urne, die Zündstoff bieten.
Beim Filmgesetz ging es faktisch um sehr wenig und die Abstimmung über das Transplantationsgesetz war eher eine philosophische denn politische Frage.
Wesentlich mehr politisches Konfliktpotenzial bringt der Herbst. Denn es stehen wohl zwei der wichtigsten Volksentscheide des Jahres an: die beiden Abstimmung über die Rentenreform «AHV 21».
Die Reform soll der ersten Säule mehr Geld in die Kassen spülen. Denn laut Bundesrat fehlen der AHV bis 2030 26 Milliarden Franken. Gestopft soll das Loch mit einer Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0,4 Prozentpunkte werden. Über diesen Bundesbeschluss stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung einerseits ab.
Andererseits soll auch das Rentenalter der Frauen von 64 auf 65 erhöht werden. Gegen diese Rentenerhöhung für Frauen wurde das Referendum ergriffen. Das ist die zweite AHV-Vorlage, über die im September abgestimmt wird.
Und insbesondere diese wird emotional werden. Denn gegen die Rentenalterhöhung kamen in nur 50 Tagen 100'000 Unterschriften zusammen – doppelt so viele als bei einem Referendum eigentlich nötig wären.
Bereits im September demonstrierten mehrere tausend Personen – mehrheitlich Frauen – gegen eine Erhöhung des Rentenalters. Die AHV werde auf dem Rücken der Frauen saniert, so Gewerkschaftlerinnen und die Linke. Dagegen gelte es, sich zu wehren.
Je näher der September rückt, desto emotionaler wird die Rentenreform diskutiert werden. Denn es steht viel auf dem Spiel. Seit fast 25 Jahren scheiterte jeder einzelne Versuch, die erste Säule zu sanieren.
Während Gewerkschaften und die Linke gegen die Reform Stimmung machen werden, wird man von Mitte bis rechts alles daran setzen, die Reform durchzuboxen.
Fleisch oder nicht Fleisch – darum geht es im Kern bei der Massentierhaltungsintiative. Lanciert vom Thinkthank «Sentience Politics», will die Initiative den Tieren in der Landwirtschaft mehr Platz und Würde verschaffen. Bis in 25 Jahren sollen sich alle Betriebe, die Tiere halten, mindestens an die Bio-Suisse-Richtlinien von 2018 halten.
Aber Tiere unter Bio-Suisse-Richtlinien zu halten, ist teuer. Ein Grund, warum der Bauernlobby die Initiative ein Dorn im Auge ist. Und sie wird es auch sein, die gegen die Initiative massiv mobilisieren wird.
Welche Schlagkraft sie dabei entwickeln kann, zeigte sich an den Abstimmungen im Juni 2021. Um der Trinkwasser- und Pestizid-Initiative den Garaus zu machen, wurde die Stimmbevölkerung in ländlicheren Gebieten an die Urne gepeitscht. Sie bodigte nicht nur beide Agrar-Intiativen – sondern auch das CO₂-Gesetz.
Im September ist das Kräftemessen mit der Bauernlobby vorporgrammiert.
Ebenfalls einiges an Mobilisierungspotenzial bringt die Teilabschaffung der Verrechnungssteuer. Ein politisches Déjà-vu – bereits im Februar liessen die Linken im Kampf um eine steuerrechtliche Vorlage ihre Muskeln spielen. Mit Erfolg: Die Abschaffung der Stempelsteuer wurde mit überraschend hohen 62,6 Prozent Nein-Stimmen über Bord geworfen.
Dementsprechend zuversichtlich wird sich die Linke in den spätsommerlichen Abstimmungskampf stürzen. Auf bürgerlicher Seite wird man einen erneuten Verlust mit allen Mitteln zu bekämpfen versuchen. Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse plane bereits eine millionenschwere Kampagne, munkelte SP-Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo gegenüber dem «Blick». Ein Armdrücken ist vorprogrammiert.
Mit Material der sda
Tut mir leid aber dies ist falsch. Es geht darum die Standards zu erhöhen und nicht, dass keine Tieren mehr gehalten werden bzw. gegessen werden.