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Analyse

4 Ideen, wie es in der Medienpolitik weitergehen könnte

Eine Leuchtwand wirbt fuer ein Ja zum Mediengesetz, fotografiert am Montag, 31. Januar 2022 im Hauptbahnhof in Zuerich. Am 13. Februar wird die Schweizer Bevoelkerung in einer Volksabstimmung ueber da ...
Zu einem Ja kam es nicht: Blick in die Zürcher Bahnhofshalle und auf Kampagnenplakate der Befürworterinnen des Mediengesetzes. Bild: keystone
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4 Ideen, wie es in der Medienpolitik weitergehen könnte – und wie die Chancen stehen

Nach dem Nein zum Mediengesetz ist man in Sachen Medienförderung zurück auf Feld eins. Vier Ideen, die aktuell diskutiert werden – und wie gut ihre Chancen stehen.
14.02.2022, 17:0414.02.2022, 17:06
Helene Obrist
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Halbierungsinitiative

Bereits vor dem 13. Februar machte die Halbierungsinitiative die Runde. Recherchen von CH Media zufolge hat sich bereits ein überparteiliches Komitee formiert, das die jährlichen Radio- und TV-Gebühren, die vor allem der SRG zugutekommen, von 335 auf 200 Franken kürzen will.

Am Sonntag erklärte Gregor Rutz, Zürcher SVP-Nationalrat, gegenüber dem SRF, dass eine Initiative zur Halbierung der Serafe-Gebühr in Arbeit sei. Es brauche die SRG, aber sie mache zu viel in Bereichen, in denen Private tätig seien. Serafe hat die Billag als Gebührenstelle für die Radio- und TV-Abgaben ersetzt.

Die Drohung von bürgerlicher Seite wird ernst genommen. Am Montag formierte sich bereits Widerstand. Eine neu gegründete «Allianz Pro Medienvielfalt» will gegen die Halbierungsinitiative antreten. Mit dabei sind 23 Persönlichkeiten aus Politik, Kultur, Wirtschaft und Zivilgesellschaft.

Vier Jahre nach «No Billag» drohe von SVP-Exponenten mit der Halbierungsinitiative der nächste Frontalangriff auf die Medienvielfalt, heisst es in der Mitteilung der neu gegründeten «Allianz Pro Medienvielfalt». Dabei spiele es keine Rolle, wie die Initiative genau formuliert werde, denn wie bei einem Schachspiel gelte: Wer eine überraschende Eröffnung mache, sei im Vorteil.

In der kleinräumigen und viersprachigen Schweiz liessen sich überzeugende Nachrichten- und Hintergrundformate nicht am Markt finanzieren, lässt sich der Zuger Alt-FDP-Ständerat und Mitglied des Co-Präsidiums, Joachim Eder, in der Mitteilung zitieren. Dasselbe gelte für die Kulturberichterstattung und Eigenproduktionen.

So stehen die Chancen

Die Halbierungsinitiative ist weniger radikal als die «No Billag»-Initiative, die 2018 mit grosser Mehrheit von Volk und Ständen abgelehnt wurde. Dass sich bereits eine Allianz gegen die Drohung der SVP-Exponenten formiert hat, zeigt aber: Die Initiative wird ernst genommen.

Doch bis diese tatsächlich vor die Urne kommt, wird es noch dauern. Und SP-Medienministerin Simonetta Sommaruga könnte dem Anliegen schon vorher etwas den Wind aus den Segeln nehmen.

Denn alle zwei Jahre entscheidet die Landesregierung über die Höhe der Radio- und TV-Abgaben. 2020 wurde diese von 365 auf 335 Franken reduziert. 2022 könnte die Haushaltsabgabe nochmals gesenkt werden.

Wie CH Media berichtet, nahm der Bund 2020 rund 1,4 Milliarden Franken durch die Haushaltsabgaben ein. Das ist mehr Geld, als eigentlich gebraucht wird. Der Grund für die Mehreinnahmen ist die steigende Zahl der Schweizer Haushalte. 2020 zählte das Bundesamt für Statistik 3,9 Millionen Privathaushalte. In 30 Jahren sollen es bis zu 4,7 Millionen sein.

Würde Bundesrätin Sommaruga die Gebühren auf 300 Franken senken, würde sie die Argumente der Halbierungsbefürworter schwächen. Denn dann würde die Schweizer Bevölkerung ein ganzes Drittel weniger bezahlen, als sie es vor vier Jahren tat. Ob das tatsächlich passiert, ist jedoch unklar. Denn für die angesammelten Reserven gibt es noch eine andere Idee (siehe Punkt 4).

Die «Google-Steuer»

Was sperrig klingt, könnte der Medienlandschaft einiges an Geld in die Kassen spülen: das Leistungsschutzrecht. Immer mehr Medieninhalte werden (in)direkt auf Plattformen wie Google und Facebook konsumiert. Dafür entschädigt werden die Medienhäuser von den Techkonzernen nicht. Letztere profitieren aber.

Das könnte sich mit einem Leistungsschutzrecht ändern. «Es ist wie wenn man mit einem gestohlenen Velo herumfährt», sagte Justizministerin Karin Keller-Sutter an einer Gala im Rahmen des Schweizer Digitaltags 2021. Die FDP-Bundesrätin will deshalb die Techkonzerne zur Kasse bitten. Mit der Revision des Urheberrechts sollen in die journalistische Arbeit abgegolten werden müssen. Damit hätten die Medienhäuser ein Werkzeug in der Hand, bei Google und Co. Entschädigungen einzufordern, wenn diese journalistischen Inhalte auf ihre Plattformen stellen. Bis Ende 2022 soll die Gesetzesvorlage stehen.

Der Verlegerverband Schweizer Medien hofft nach dem Nein zum Mediengesetz auch auf das Leistungsschutzrecht. «Ziel müsste sein, dass eine möglichst breite Branchenlösung entsteht», sagte Geschäftsführer Stefan Wabel gegenüber dem «Tages-Anzeiger».

So stehen die Chancen

Neu ist das Leistungsschutzrecht nicht. Die EU kennt die «Google-Steuer» bereits. Der Bundesrat schielt ganz bewusst in die Nachbarländer. In Frankreich sei die Umsetzung des Leistungsschutzrechtes am weitesten fortgeschritten. «Unter dem Druck der Wettbewerbsbehörde wurden inzwischen erste Vereinbarungen zwischen Internetplattformen und journalistischen Medien abgeschlossen. Entsprechende Entwicklungen gibt es auch in Deutschland», heisst es in einer Medienmitteilung von Mitte Dezember.

Das Leistungsschutzrecht für journalistische Medien dürfte realistische Chancen haben. Wie die Techkonzerne darauf reagieren werden, wird sich jedoch zeigen. Einfach wird es nicht: Deren Macht ist nicht zu unterschätzen. Ohne Facebook, Instagram und Co., die mediale Inhalte verbreiten, werden es Medienhäuser schwierig haben, jüngere Zielgruppen zu erreichen. CH Media zitierte einen Parlamentarier mit den Worten: «Die Medienhäuser werden viel Überzeugungsarbeit leisten müssen, wenn sie das Gesetz durchbringen wollen.»

Mediengutscheine für die Jungen

Bereits im Juni 2020 brachte GLP-Nationalrätin Katja Christ die Idee für Mediengutscheine aufs politische Parkett. In einem Vorstoss forderte sie den Bundesrat auf, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, um 16- bis 25-Jährigen in einem Pilotprojekt Mediengutscheine zu verteilen.

Damit sollen vor allem die «News-Deprivierten» in der jungen Zielgruppe an Qualitätsmedien herangeführt werden. «Im Rahmen der frühen Bildung sowie der Medienförderung soll darauf hingewirkt werden, dass Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene schon früh mit qualitativ hochstehender Schweizer Medienberichterstattung konfrontiert werden», begründet Christ ihr Anliegen.

So stehen die Chancen

In der Antwort auf Christs' Vorstoss reagierte der Bundesrat zurückhaltend. Es sei fraglich, ob die Bundesverfassung Raum für ein solches Gutscheinsystem lasse. Zudem könne nicht überprüft werden, ob die Jugendlichen die Gutscheine dann wirklich für sich selber nutzen oder einfach ihren Eltern weitergeben.

Die Idee mag gut klingen, dürfte es aber nicht leicht haben. Bereits bei der Diskussion um das Medienpaket wurden finanzielle Mittel für die Lancierung von Mediengutscheinen vom Nationalrat abgelehnt. GLP-Nationalrätin Christ hofft trotzdem auf ihre Motion, die im Rat noch nicht behandelt wurde.

«Da ein so neues System einiges an Vorarbeit braucht, war die Chance, es jetzt bereits mit dem Medienpaket zu lancieren, eher klein», sagte Christ im März 2021 gegenüber dem «Kleinreport».

Beiträge für private Medien und journalistische Ausbildung

Das Medienpaket sei wohl «zu überladen» gewesen, versuchte sich die Medienministerin Sommaruga die Niederlage zu erklären. Zwei Punkte im Mediengesetz waren aber weitgehend unbestritten: höhere Beiträge für private Fernseh- und Radiostationen sowie eine finanzielle Unterstützung für die Ausbildung von Journalistinnen und Journalisten.

Finanziert werden könnte dies durch die Mehreinnahmen bei der Haushaltsabgabe. Denn aktuell hat der Bund eine Reserve angehäuft, weil es immer mehr Schweizer Privathaushalte gibt, die Radio- und TV-Gebühren zahlen müssen.

So stehen die Chancen

Für die Umsetzung dieser Idee müsste das Parlament zuerst wieder aktiv werden. Für die Mitte-Partei sind trotz des Neins schnelle Schritte zur Stärkung der Medienvielfalt nötig. Auch die SP signalisierte, dass man nun rasch einen neuen Vorschlag zur Medienförderung ausarbeiten müsse.

Auch das zivilgesellschaftliche Komitee «Ja zur Medienvielfalt» sieht nun erst einmal das Parlament am Zug, wie Präsidentin Camille Roseau auf Anfrage sagte. Nebst einer raschen Umsetzung der unbestrittenen Punkte des Pakets mahnte sie insbesondere eine zeitgemässe Unterstützung für Online-Medien an. Hier entspreche die heutige Lage eher der Situation des 20. Jahrhunderts.

Video: watson

Allzu rasch werden die journalistischen Ausbildungsstätten und private Sender aber nicht zusätzliche Gelder vom Abgabentopf erhalten. Denn die kritischen Stimmen im Parlament lauern. So schrieb die FDP im Nachgang des Abstimmungssonntags, dass die Medienindustrie, wie jede andere Branche auch, in der Lage sein muss, ihre Produkte zu verkaufen.

Mit Material der sda

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