Im Juli 2020 kündigte das zum Finanzdepartement gehörende Bundesamt für Bauen und Logistik (BBL) ein spektakuläres Projekt an. Das Berner «Pentagon», Hauptquartier der Armee, sollte abgerissen werden und einem 300 Millionen Franken teuren neuen Verwaltungszentrum mit bis zu 2800 Arbeitsplätzen weichen.
«Die Gebäudekonstruktion wird zu einem grossen Anteil in Holz erstellt», stand in der BBL-Mitteilung. «Sieben zur Umgebung hin offene Höfe, die typische Schweizer Landschaften nachbilden, leisten einen Beitrag an die Biodiversität.»
Heimelige Holzkonstruktion und offene, naturnahe Höfe mit Bienlein und Käfer: die Generalität, die Geheimdienste und die Cyberabwehr endlich naturnah – und volksnah.
Gut zwei Jahre nach der grossen Ankündigung hat sich das Projekt still und leise in Luft aufgelöst; stattdessen soll das alte «Pentagon» renoviert werden. Der Berner «Bund» bekam im März Wind von dieser «überraschenden Kehrtwende». Die Begründung, die das BBL auch CH Media lieferte: «Hauptgrund für die veränderte Planung war der Beschluss des Bundesrates über die Einführung von kollektiven Arbeitsplätzen in der Bundesverwaltung.»
Und das BBL verwies auf eine Mitteilung des Bundesrats von, jawohl, Dezember 2020, der ein Konzept für Desksharing guthiess. Weil nicht mehr alle einen festzugewiesenen Arbeitsplatz haben, braucht es weniger Büropulte.
Im «Pentagon», einem kreuzförmigen Betonbau aus den Siebzigerjahren, sind Armeezentrale, Nachrichtendienst des Bundes und Cyberabwehr untergebracht. Ein grässlicher Bau zwar, sagt ein Insider, total verwinkelt und voller Asbest. Aber: Ein Holzbau bei einem Objekt der kritischen Infrastruktur mache «absolut keinen Sinn». Die Sicherheit könne nicht gewährleistet werden.
War eine Fehlplanung, waren ausser Acht gelassene Sicherheitsaspekte der wahre Grund, warum das Projekt abgebrochen wurde? Sprecher Jonas Spirig dementiert: Damit «hatte dies nichts zu tun». Die Einhaltung der Vorgaben sei im Rahmen der Vorprüfung durch Experten kontrolliert worden. «Die spezifischen Sicherheitsanforderungen bei einem Gebäude werden jeweils in der Phase Bauprojekt zwischen BBL und Nutzer besprochen und definiert.» Diese Gespräche und die Planung seien vertraulich.
Nur: Die Sicherheitsfrage hielt und hält auch die Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) des Bundesparlaments auf Trab. Sie übt die Oberaufsicht über Staatsschutz und Nachrichtendienste aus.
Schon im Jahresbericht 2021, publiziert im Januar 2022, hielt die GPDel zum VBS-Neubau fest: Sie erwarte, «dass die Baustelle hinreichend gesichert wird und das Gebäude nach seiner Fertigstellung den notwendigen Sicherheitsanforderungen vollumfänglich genügt». Insbesondere gelte es «zu vermeiden, dass die Sicherheitsinfrastruktur nachträglich verbessert werden muss».
Denn das wäre «äusserst schwierig und kostspielig». Dazu seien bereits Gespräche mit dem Chef und dem Vize des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) sowie mit Verteidigungsministerin Viola Amherd geführt worden. Weitere «Anhörungen» der Verantwortlichen von NDB, VBS und BBL seien geplant, man verlange regelmässige Informationen und Berichte.
Also war doch nicht alles so klar, wie es das BBL glauben machen will. Maya Graf, Ständerätin der Grünen aus Baselland und Präsidentin der GPDel, sagt: Die Delegation verlange jährlich einen Bericht über den Stand des Projekts, den ersten habe sie im Juli 2022 erhalten. Im Januar 2022 habe die Delegation Vertreter von VBS und BBL zu Sicherheitsaspekten angehört.
Laut dem VBS habe das Sicherheitskonzept die Bedürfnisse aller potenziellen Nutzer über die Projektphasen bis zur Nutzung des Neubaus abgedeckt. Aber, sagt Maya Graf: «Der Neubau war erst in der Phase des Vorprojekts. Die detaillierten Sicherheitsplanungen sollten erst im Rahmen des eigentlichen Bauprojekts erfolgen.»
Und dann ist da noch was: Obwohl die Oberaufsicht deutlich machte, dass die das Projekt sehr eng begleiten wollte, erfuhr die GPDel nichts vom Projektabbruch. Maya Graf: «Die GPDel wurde zu keinem Zeitpunkt darüber informiert, dass seitens des Bundes ein Projektabbruch beschlossen oder ins Auge gefasst worden ist.»
Noch im Juli 2022, also anderthalb Jahre nach dem Desksharing-Entscheid des Bundesrats, sei der Delegation mitgeteilt worden, «dass das BBL das Projekt aufgrund der Homeoffice-Erfahrungen während der Pandemie und einer Kostenanalyse nochmals beurteilt habe. Der Entscheid, welche Verwaltungseinheiten dem Neubau zugewiesen werden, sollte in der zweiten Jahreshälfte 2022 fallen.»
Es gibt also Ungereimtheiten. Graf sagt zur Frage, ob nun geklärt werde, was genau zum Projektabbruch führte, wie viel Geld in den Sand gesetzt wurde und ob ein Holzbau überhaupt Sinn machte: Dem müsse «die entsprechende Subkommission der Geschäftsprüfungskommissionen nachgehen».
Der Verzicht auf den Neubau bedeute auch nicht, sagt Graf, «dass die GPDel auf den nächsten Standbericht des VBS im Sommer 2023 verzichtet.» Aus Sicht der Oberaufsicht benötigten «Verwaltungseinheiten der Armee und des Nachrichtendienstes weiterhin ausreichend Raum an einem sicheren Standort, weil sie ihre sicherheitskritischen Tätigkeiten nicht im Homeoffice ausüben können». Diese Sicherheitsanforderungen blieben «also auch für eine Sanierung des Verwaltungszentrums VBS relevant und werden somit weiterhin im Fokus der Oberaufsicht der GPDel bleiben». (aargauerzeitung.ch)
Auch die Stadt Bern müsste sparen und gibt hunderttausende von Franken für "Kunst am Bau" aus, hat dann aber kein Geld, um Solarzellen darauf zu Montieren (z.B. Neue Feuerwehrkaserne, Sanitätspolizei und die Energiezentrale).
Pentagon heisst ja Fünfeck u.beim Sitz des VBS handelt es sich gemäss Artikel um ein kreuzförmiges Gebäude. Nur weil der Nachrichtendienst der USA in einem fünfeckigen Gebäude sitzt, den Sitz unseres NDB auch "Fünfeck" zu nennen, erscheint mir etwas verwirrend.
Meine Internetrecherche ergibt: einige Nennungen in den letzten Tagen, eine vor 3 Jahren, alle von Tageszeitungen. 1 Nennung im 2005 im Nationalrat (Anfrage zum Fitnesszentrum im Pentagon) 🤷