«Ich denke, ich komme in den Himmel, weil Gott mir vergibt», liess der 22-jährige Angeklagte am Dienstag die Gerichtsdolmetscherin aus dem Portugiesischen übersetzen. An seiner Tat gibt es wenig zu deuten: Im Dezember 2017 tötete er den 60-jährigen Obdachlosen Georg bei der Dreirosenanlage mit einem Messerstich direkt ins Herz. Die Kriminaltechniker gehen aufgrund der Spuren von weiteren Stichen und Schlägen aus.
«Hat er sich gewehrt?», fragte Gerichtspräsident Roland Strauss den 22-Jährigen. «Ja, er hat versucht, mich mit seinen Händen abzuwehren», sagte der Mann. Abwehren konnte Georg den Angriff allerdings nicht, er wurde am nächsten Morgen tot aufgefunden.
Einen Sinn ergaben die Erklärungen des 22-jährigen Mannes vor Gericht nicht, offenbar war er frustriert darüber, dass seine Missionsversuche bei Georg keine Früchte trugen. Den Obdachlosen lernte er kennen, weil er regelmässig bei der Anlage trainierte.
«Zuerst habe ich die Bibel gelesen. Dann habe ich in meinem Herz gespürt, dass ich diese Person umbringen soll», versuchte er zu erklären. Am nächsten Tag beichtete er die Tat einem Freund, dieser rief die Polizei an. Seither sitzt der 22-Jährige in Haft.
«Wie würden Sie sich heute dazu stellen?», fragte Strauss daraufhin. «Ich würde das nicht machen, weil in der Bibel steht, dass es nicht korrekt ist, jemanden zu töten». «Aber im letzten Dezember haben sie es für richtig gehalten?», fragte Strauss. «Ja, ich dachte, ich bin im Recht». Später sagte er allerdings, der Auftrag sei wohl vom Teufel gekommen. Auf die Frage von Strauss, weshalb Gott ihm dann nicht geholfen habe, reagierte er ausweichend. Ein Gutachter bestätigte, dass der Mann zur Tatzeit schuldunfähig war.
Die Diagnose: Paranoide Schizophrenie. Anklage wie Verteidigung haben am Dienstag beantragt, den Mann in eine stationäre Massnahme in der geschlossenen Psychiatrie einzuweisen. Dabei wird kein Strafmass festgelegt.
Der Mann verkehrte in der Basler Baptistengemeinde im St. Johannsquartier, dort brach er wenige Wochen vor dem Tötungsdelikt auch erfolglos in ein Nebengebäude ein. Bei einem anderen Einbruch erbeutete er 48 Zigarettenpackungen im Wert von 384 Franken. Der 22-Jährige wollte die Ware verkaufen, um seinen Cannabiskonsum zu finanzieren. Er lebte von Sozialhilfe, mit seiner abgelaufenen Aufenthaltsbewilligung fand er sowieso keinen Job.
Seit er im Gefängnis sitzt, hat er keinen Zugang mehr zu Cannabis, erhält dafür Neuroleptika und wartet auf einen Therapieplatz. Glücklich ist er dort nicht, zumal er auch keiner Arbeit nachgehen kann, sagte er vor Gericht. Immerhin habe er keine Halluzinationen mehr. Auch derzeit im Waaghof liest er die Bibel «und andere Religionsbücher».
Staatsanwalt Camilo Cabrera verlangt einen Schuldspruch wegen Mordes. «Er hat trotz fehlender Einsichtsfähigkeit zielgerichtet gehandelt. Wir haben es hier im weitesten Sinne mit religiösem Fanatismus zu tun», so Cabrera. Damit sei auch zwingend ein Landesverweis von fünf Jahren auszusprechen. Verteidiger Sandro Horlacher hingegen wertete die Tat als vorsätzliche Tötung. «Er sah keine andere Möglichkeit, er stand unter erheblichem Druck. Man darf nicht vergessen, dass er an einer psychiatrischen Krankheit leidet», betonte der Verteidiger. Auf eine Landesverweisung sei zu verzichten, da hier keine Schuldfähigkeit vorliege.
«Ich bereue sehr, was ich gemacht habe», betonte er in seinem Schlusswort. Die drei Richter fällen ihr Urteil heute Mittwoch.