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Basel ist die Hauptstadt der Esoterik. Dieses unrühmliche Prädikat beanspruchen die Bebbi seit Jahrzehnten. Genau: seit 1967. Also eine halbe Ewigkeit. Und nichts deutet darauf hin, dass Basel die Spitzenposition abgeben wird.
Fahnenträger ist der Psi-Verein, ein Basler Urgestein. Früher gehörte Basel sogar zur europäischen Spitze. Denn jahrelang organisierten die spirituellen Überflieger die Basler Psi-Tage, die wohl grösste europäische Messe für übersinnliche Wunder und spirituellen Plunder.
Die Psi-Tage gibt es nicht mehr, das wöchentliche Programm ist aber weiterhin voll befrachtet. Ein Blick ins aktuelle Geschehen zeigt die Stossrichtung der Veranstaltungen.
Stargast ist Brigitte Balzarini, die ehemalige Partnerin des verstorbenen Rockmusikers Steve Lee, des Sängers der Gruppe Gotthard, der bei einem Verkehrsunfall in den USA ums Leben kam. Diese Grenzerfahrung machte aus der Rockerbraut eine Elfe, die sich in die esoterische Welt flüchtete und ihre vermeintlichen übersinnlichen Kräfte entdeckte.
Nun gibt sie in Basel eine Lichtmeditation und hält eine mediale Sitzung vor Publikum ab. In der Ankündigung liest sich dies so: «Der Tod ihrer grossen Liebe (gemeint ist Steve Lee) hat in Brigitte eine Bewusstseinserweiterung bewirkt, die ihren bereits von Natur aus vorhandenen Zugang zur Geistigen Welt verstärkt hat. Sie nahm während einiger Zeit nach dem Tode ihres Lebenspartners viele Verstorbene gleichzeitig wahr und musste in einer Ausbildung lernen, diese Vorgänge zu kontrollieren.»
Das erinnert fatal an den Sturz von Uriella vom Pferd. Nach diesem Unfall hörte das «Sprachrohr Gottes» Stimmen und konnte angeblich mit Jesus kommunizieren, der ihr üble Endzeitszenarien ins Ohr flüsterte.
Die Bestätigung liefert der Psi-Verein in seinem Programm: «Gleich nach seinem sofortigen Tod hörte Brigitte seine Stimme (gemeint ist diejenige von Steve Lee), die ihr sagte, sie soll den Fahrer von der Strasse wegziehen, weil er sich verzweifelt vor ein vorbeifahrendes Auto werfen wolle.» Der Hintergrund: Der Fahrer des Trucks, der Steve Lee überfahren hatte, wollte offenbar Suizid begehen.
Seither ist Brigitte Balzarini in der Szene ein Star und «therapiert» spirituelle Sucher. Sie kann sich angeblich mit der Seelenessenz ihrer Klienten verbinden, «um mit Hilfe des höheren Selbst des Gegenübers alles Wichtige über dessen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu erfahren».
Wer es bei Brigitte Balzarini besonders okkult haben möchte, kann mit ihrer Hilfe mit den verstorbenen Ahnen kommunizieren, denn sie stellt auch Jenseitskontakte her. Ein besonderes Schmankerl aus dem Psi-Programm ist folgendes Zitat: «Brigitte führt die Teilnehmenden in einer Meditation in die Stille, um in jedem Einzelnen die Verbindung zum göttlichen Licht zu stärken. Die im Kreis aufgebaute Energie wird zum Abschluss an die Orte der Erde geschickt, die Heilung benötigen.»
In der Welt der Esoteriker ist also nichts unmöglich. Hauptsache, man glaubt daran.
Ein weiteres Highlight beim Verein Psi wird der Auftritt des spirituellen Meisters und Heilers Michael J. Tamura. Der 62-jährige Japaner wird in der Esoterikszene herumgereicht und tingelt um die ganze Welt.
Bei seinem Zwischenstopp in Basel wird der «hellsichtige Visionär» seine Weisheiten zum Besten geben und tiefgreifende Fragen stellen – und hoffentlich auch beantworten: «Wer warst Du vor Deiner Geburt? Wer wirst Du nach dem Tode sein?»
Tamura kennt noch weitere wunderliche Geheimnisse und fragt seine übersinnliche Fangemeinde weiter: «Wer bist du, wenn du schläfst? Weisst du, wohin du jede Nacht gehst, während du schläfst – und was machst du da?»
Nur wenige Menschen wüssten Bescheid über das Leben der Seele ausserhalb der körperlichen Existenz, behauptet der japanische Seher. So, wie die Seele während unseres Schlafes wach und präsent sei, seien wir auch nach dem Tod lebendig und bewusst. Exakt so, wie es schon vor unserer Geburt gewesen sei.
Dann nimmt Tamura die Skeptiker und «Ungläubigen» an seine Brust und macht sie für das Elend auf der Erde verantwortlich. Nur die wenigsten seien sich der grösseren, allumfassenden geistigen Dimension bewusst, erklärt Tamura. Zu ihnen gehören vermutlich nur spirituelle Sucher, die schon Kurse beim Meister belegt haben.
«Ist es also ein Wunder, dass unsere Welt in dem prekären Zustand ist, in dem sie sich befindet?», fragt der «Meister» rhetorisch. Mit anderen Worten: Wenn alle Menschen geistig und spirituell so fit wären wie er und seine Klienten, würde auf der Erde eitel Friede, Freude, Eierkuchen herrschen.
Die Erklärungen des japanischen Visionärs sind ein weiterer Beweis dafür, dass sich die Esoteriker als die auserwählte Elite betrachten. Doch auch dies ist nur ein Teil ihres Aberglaubens, dem sie erliegen. Einem Aberglauben, der angereichert ist mit viel übersinnlichem Geschwurbel.