Seit Montag sind wir wieder im Lockdown. Obwohl die täglichen Neuinfektionen schon seit rund zwei Wochen abnehmen. Aber die Angst vor den Corona-Mutationen ist gross.
Basel-Stadt mausert sich momentan beispielsweise zum Vorzeigekanton. Kantonsarzt Thomas Steffen sagte im Interview mit watson, dass er die aktuellen Massnahmen für «völlig in Ordnung» hält. Er will keine Angst schüren, glaubt aber, dass die Schweiz noch einen langen Weg vor sich hat.
Kurzfristig zeigen sich bekanntlich die Auswirkungen von Massnahmen jeweils erst rund zwei Wochen später. Die aktuellen Veränderungen haben also noch nichts mit dem verhängten Lockdown vor fünf Tagen zu tun.
Also alles doch übertrieben? Schauen wir auf den aktuellen Stand der Dinge.
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Beginnen wir mit den Virus-Varianten aus Grossbritannien (B.1.1.7) und Südafrika (B1.351), welche der Hauptgrund für die aktuell stärkeren Massnahmen sind. Diese Virus-Varianten verbreiten sich weiterhin in der Schweiz.
Die Mutationen zu finden, ist nicht immer möglich. In der Schweiz werden rund ein Drittel aller Fälle auf die Mutante geprüft. Daher ist die Dunkelziffer wohl gross. Trotzdem gilt festzuhalten: Die Entwicklung der Kurve ist nicht erfreulich:
cumulative #B117 and similar cases in Switzerland
— B117 Science Information (@b117science) January 21, 2021
dates
['12-23', '12-24', '12-29', '01-05', '01-06', '01-07', '01-08', '01-12', '01-15', '01-18', '01-19', '01-20', '01-21']
cases
[0, 2, 7, 28, 37, 46, 88, 127, 199, 297, 388, 479, 582] pic.twitter.com/QnOnZrzzza
Der aktuellste Stand sind die 582 Mutationen in der Schweiz und Liechtenstein. Die Gesamtzahl steigt also momentan steil nach oben. Doch wie sieht es mit den täglichen Fallzahlen aus?
Seit Mitte November registrierte die Schweiz täglich zwischen 4000 bis 6000 neue Fälle. Der Trend zeigte ab Ende Dezember leicht gegen unten und nahm dann um den 7. Januar deutlich ab. Der befürchtete Anstieg nach den Festtagen konnte verhindert werden. Seither geht die Abnahme weiter, allerdings langsamer. Zudem ist für die letzten Tage noch mit Nachmeldungen zu rechnen.
Um die verlangsamte Veränderung noch deutlicher aufzuzeigen, haben wir in der folgenden Grafik die täglichen Fallzahlen mit dem Wert von sieben Tagen zuvor verglichen. Am 9. Januar betrugen die Fallzahlen also 62% von denjenigen am 2. Januar. Am 16. Januar 79% von einer Woche zuvor. Auch in den letzten Tagen nahm die Zahl weiter ab – und Nachmeldungen sind für die letzten Tage noch zu erwarten:
Die Positivitätsrate nahm in den letzten Tagen kontinuierlich ab. Am 21. Januar standen wir bei 7,8 Prozent. So tief war dieser Wert seit dem 8. Oktober nicht mehr. Heute lag sie mit 8,1 Prozent knapp drüber. Zur Erinnerung: Die WHO gibt einen Wert von 5 Prozent oder tiefer vor. Liegt die Positivitätsrate höher, ist mit einer erhöhten Dunkelziffer zu rechnen. Aktuell bewegen wir uns also in die richtige Richtung.
Auffallend ist auch, dass die Positivitätsrate über die Ferienzeit ab dem 28. Detember bis am 6. Januar deutlich anstieg und sich jetzt wieder senkt. Dies deutet darauf hin, dass in jener Zeit mehr Fälle nicht entdeckt wurden als aktuell und darum womöglich auch die stärkere Abnahme der Fallzahlen innert sieben Tagen (siehe Punkt 2).
Der aktuellste Schweizer R-Wert vom 12. Januar liegt bei 0,79. Damit liegt er wieder unter der vom Bundesrat angestrebten Schwelle von 0,8. Ein R-Wert unter 0,8 bedeutet, dass sich die Fallzahlen alle zwei Wochen halbieren. Letztmals lag dieser Wert am 12. November unter der magischen Grenze (0,78).
Wie bei den Fallzahlen ist allerdings auch hier eine Verlangsamung der Abnahme in den letzten Tagen festzustellen. Schon am 2. Januar wurde der R-Wert nämlich auf 0,83 geschätzt. Nochmals sieben Tage zuvor (26.12.) stand er noch bei 0,97 und damit nur knapp unter dem kritischen Wert von 1,00.
In einzelnen Kantonen sieht die Lage nicht so rosig aus. So liegt der R-Wert in Obwalden (1,06) und Genf (1,07), derzeit über 1,00. Vor der letzten Aktualisierung lagen auch noch Uri und Schaffhausen drüber, diese zwei Kantone wurden jetzt aber nach unten korrigiert.
In den Kantonen St.Gallen (0,79), Zürich (0,78), Zug (0,76), Solothurn, Schwyz (beide 0,75), Basel-Stadt (0,73), Glarus, Tessin (beide 0,70), Thurgau (0,69) und Appenzell-Ausserrhoden (0,67) befindet sich der Wert unter 0,8. Auch hier verlangsamte sich die Abnahme in den letzten Tagen allerdings vielerorts.
Am 16. März ging die Schweiz bekanntlich in den ersten Lockdown. Vergleichen kann man die Situation damals aus verschiedenen Gründen (Anzahl Tests, keine Mutante, etc.) nicht mit heute. Aber zur Erinnerung noch einmal aufgezeigt, wie und wann sich der Lockdown auf die Fallzahlen auswirkte.
Die zwei Wochen, nach welchen mit Auswirkungen der aktuellen Massnahmen gerechnet werden kann, werden wir am 1. Februar erreichen. Bis dahin gilt: Es geht in die richtige Richtung, allerdings nahm das Tempo zuletzt ab. Hoffentlich nicht, weil eine erneute Wende bevorsteht.
Da wurde nichts "verhindert" (womit denn? durch die Massnahmen vom Dezember, welche gemäss wissenschaftlicher Task Force niemals ausreichen werden?). Der Anstieg fand einfach nicht statt. Die Prognosen waren falsch.
Sprich auf B.1.1.7, oder?
Dann ein Tweet, mit 582 Ansteckungen mit Mutationen.
Das hat man gestern schon mal mit einer Tickerschlagzeile versucht, aber immerhin im Tickertext klargestellt, dass nur ein Teil der Mutationen als B.1.1.7 und B1.351 identifiziert werden konnten und andere noch nicht zugeordnet werden konnten.
Der Tickertext ist natürlich schon getaucht.
Kann man nicht einfach Klartext schreiben?
So riecht es wirklich nach absichtlichem Irreführen.