Andreas Utermann ist aktuell Verwaltungsratsmitglied bei der Bank Vontobel. Noch in diesem Frühjahr soll er Präsident des Gremiums werden. Zuvor arbeitete der 56-Jährige für die Allianz Global Investors, die zum Versicherungskonzern Allianz gehört, in London. Er kennt das Versicherungsgeschäft also aus erster Hand – und hat deshalb eine «marktbasierte Lösung für das Impfgegner-Problem» bereit.
In der «Financial Times» breitete er diese jüngst aus. Statt einer Impfpflicht schlägt er vor, die Ungeimpften stärker an den von ihnen ausgelösten Kosten zu beteiligen. Dies funktioniere bei privaten Versicherungen bereits heute: Neulenker zahlen höhere Prämien als erfahrene Autofahrer, Reiseversicherungen kosten mehr für Personen, die risikoreiche Aktivitäten planen.
«Eine Möglichkeit, freiwillig Ungeimpfte zur Impfung zu bringen, ist sie an den Kosten ihrer eigenen Covid-Erkrankung im Spital zu beteiligen», schreibt Utermann. «Nun werden einige einwenden, dass dies finanziell Schwache und ethnische Minderheiten stark treffen würde, während Reiche einen Freipass erhalten», nimmt er eine Kritik an der Idee vorweg. Er schlägt deshalb eine Regelung wie bei der Festsetzung von Geschwindigkeitsbussen vor. Die Beteiligung an den eigenen Spitalkosten soll anhand eines Prozentsatzes des jährlichen Einkommens berechnet werden.
Eine ähnliche Idee hatte Taskforce-Ökonom Marius Brülhart lanciert. Ungeimpfte könnten in seinem Modell eine Zusatzversicherung lösen, die die allfällige Zusatzkosten einer Covid-Behandlung abdeckt.
Martin Eling, Direktor des Instituts für Versicherungswirtschaft an der Universität St.Gallen, kann solchen Vorstössen viel abgewinnen. «Die Schweizer Pandemiepolitik hat stets die Eigenverantwortung stark betont. Es wäre angemessen, diese auch bei der Krankenversicherung spielen zu lassen», sagt er zu CH Media.
In der Grundversicherung existieren in der Schweiz mit Selbstbehalt und Franchise Mechanismen, um die Versicherten an den Kosten zu beteiligen. Und in den Zusatzversicherungen dürfen Anbieter Prämien nach Risiken anpassen.
Daraus folgert Eling, dass eine zeitlich begrenzte Lösung, bei der Ungeimpfte im Spital stärker zu Kasse gebeten würden, im Schweizer System gar kein so revolutionärer Eingriff wäre. «Neu wäre, dass der Impfstatus während der Pandemie in der Grundversicherung eine Rolle spielen würde.» Wenn man diesen «Corona-Selbstbehalt» jedoch an die finanziellen Verhältnisse anpassen würde, so Eling, könne dies für einige ein Anreiz sein, sich doch noch impfen zu lassen.
Die grösste Herausforderung sieht der Experte bei der konkreten Umsetzung: Der Bund oder die Versicherer müssten definieren, welche Personen sich tatsächlich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen könnten – und welche eigentlich könnten, aber nicht wollten.
In Singapur gilt seit dem 8. Dezember des letzten Jahres ein strenges Kostenregime: Wer sich nicht impfen lässt und auf der Intensivstation landet, muss seither über 18'000 US-Dollar an die Behandlungskosten zahlen. «Unsere Spitäler würden die Kosten lieber nicht verrechnen, aber wir müssen dieses wichtige Signal senden, um alle, die können, auf die Impfung aufmerksam zu machen», sagte der Gesundheitsminister des Landes, Ong Ye Kung. Für Personen mit wenig Geld gelten Ausnahmen: Für sie werden nur 1500 bis 3000 Dollar fällig – zudem existiert ein Fonds für Härtefälle.
Laut dem Krankenkassenverband Santésuisse verursachen Covid-Patienten hierzulande im Spital Kosten von durchschnittlich 25'000 bis 30'000 Franken. Auf der Intensivstation sind es dann gar 100'000 Franken oder mehr.
In der Schweiz dürften solche «marktbasierten» Lösungen Wunschdenken von Versicherungsexperten bleiben. Ein solches Modell stehe derzeit nicht zur Diskussion, heisst es beim Bundesamt für Gesundheit:
Und was sagt eigentlich die Bank dazu, dass sich der künftige Verwaltungsratspräsident bereits öffentlichkeitswirksam in heikle Themen einmischt? «Der Artikel bezieht sich auf die Situation und eine intensive Diskussion in Grossbritannien und spiegelt die persönliche Meinung von Andreas Utermann, der seit vielen Jahren in London lebt», sagt ein Sprecher.
Wenn man für die Eigenverantwortung ist, gehört als erstes die KK-Pflicht abgeschafft.
Es kann nicht sein, dass man gezwungen wird eine Versicherun abzuschliessen, welche nicht für den Schaden aufkommen muss. Als wäre das System mit Franchise und Selbstbehalt nicht bereits total kaputt..