Nach dem Tessin weisen die beiden Westschweizer Kantone Genf und Waadt die höchste Fallzahl an Infizierten auf. Im Vergleich zur Deutschschweiz sind diese um einiges höher. Über die Gründe wird spekuliert. In Genf war die allererste Person, die sich mit dem Coronavirus infiziert hatte, zu Besuch an der Mailänder Fashion Week. Weil viele Genferinnen und Genfer italienische Wurzeln haben, gingen die Behörden davon aus, dass das Virus über die Grenze aus Norditalien eingeschleppt wurde.
Die hohen Fallzahlen haben auch Auswirkungen auf die politischen Forderungen. Während in der Deutschschweiz vergangene Woche Rufe laut wurden, wonach die Wirtschaft wieder hochgefahren werden soll, blieb es in der Romandie ruhig.
Die Romands seien nicht komplett gegen ein Hochfahren der Wirtschaft, so Andreas Stüdli, Westschweizer-Korrespondent des SRF in einem Interview. «Man ist allgemein der Meinung, dass man es etwas später angehen soll. Eine sofortige Lockerung wäre in der Suisse Romande gar nicht gut angekommen.»
Zudem orientiert sich die Westschweiz stark am Nachbarsland Frankreich. Dort verfolgt Präsident Emmanuel Macron eine strengere Politik als dies beispielsweise in Deutschland oder Österreich der Fall ist.
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Die effektiven Fallzahlen mögen auch dazu führen, dass die Romands und die Deutschschweizer andere Einstellungen haben, wenn es um die Massnahmen des Bundes geht. Denn diesbezüglich ist man sich nicht einig. Das zeigte eine Umfrage des Schweizer Fernsehens in Zusammenarbeit mit der Forschungsstelle sotomo.
Für einen grossen Teil der Westschweizer Bevölkerung gehen die Massnahmen, die der Bund seit dem 16. März ergriffen hat, zu wenig weit. Rund 42 Prozent ist dieser Meinung. In der Deutschschweiz sind es lediglich 27 Prozent.
Ein ähnliches Bild zeigt sich, wenn man die Romands nach dem gewünschten Vorgehen nach dem 19. April fragt. 24 Prozent fordert eine Verschärfung der Massnahmen – rund 15 Prozent mehr als in der Deutschschweiz.
«Der Deutschschweizer, ein Menschenfeind» titelte heute die Berner Zeitung. Auch im Westschweizer Fernsehen hatte die Neuenburger Bildungsdirektorin Monika Maire-Hefti wenig schmeichelnde Worte für die Deutschschweizer übrig. «Ich wage zu behaupten, dass die Westschweizer sensibler sind, was das Zwischenmenschliche anbelangt, und die Deutschschweizer sensibler, was die Wirtschaft betrifft», so Maire-Hefti in einem Gespräch mit RTS-Tagesschau Moderator Darius Rochebin. Zum Statement Maire-Heftis schreibt die Berner Zeitung: «Die Deutschschweiz ist bereit, Menschen zu opfern, damit die Wirtschaft brummt. In der Konsequenz heisst das: Der Deutschschweizer ist ein Menschenfeind.»
Dass sich die Romandie vor zu schnellen Lockerungen fürchtet, zeigt auch ein Schreiben von National- und Ständeräten aus den Westschweizer Kantonen. Sie wandten sich an Simonetta Sommaruga und forderten die Bundespräsidentin dazu auf, die Gesundheit aller zu schützen und den Kantonen die Befugnis zu erteilen, Firmen schliessen zu können. (ohe)
Dies sieht man auch bei vielen Abstimmungen.
Die Romands definieren sich über ihr Dasein als Mensch, die Deutschschweizer über ihre Indoktrination als Homo Oeconomicus.
Wir können von Glück reden, dass wir nicht unter dem französischen Regime leiden müssen, das ist extrem aber typisch für einen Zentralstaat.